Logistik - Grundlagen, Strategien, Anwendungen.
von: Timm Gudehus
Springer-Verlag, 2011
ISBN: 9783540893899
Sprache: Deutsch
1170 Seiten, Download: 22381 KB
Format: PDF, auch als Online-Lesen
2 Organisation, Disposition und Prozesssteuerung (S. 43-44)
Die Organisation der Leistungsbereiche, Betriebe undNetzwerke, die Disposition der Aufträge, Bestände und Ressourcen sowie die Steuerung der Prozesse bestimmen die Leistungsfähigkeit und die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen und der Logistiksysteme. Trotz der häufigenVerwendung haben die Begriffe Organisation, Planung, Disposition und Steuerung in Betriebswirtschaft und Technik, in Informatik, Logistik und Produktion sowie in Theorie und Praxis unterschiedliche Bedeutungen. Besonders verwirrend ist der unscharfe Begriff Management, der das Planen, Disponieren und Steuern umfasst, imAnspruch aber weit darüber hinaus geht [232, 279, 321]. Ebenso vielfältig und unklar sind die Bezeichnungen der Software und DV-Systeme für die Planung, Disposition und Steuerung [98, 234, 236]. Um die aus der Bedeutungsvielfalt resultierenden Missverständnisse zu vermeiden und die weiteren Ausführungen abzugrenzen, werden die zentralen Begriffe hier wie folgt definiert:
• Planung (planning) ist die Auswahl, Gestaltung, Organisation, Dimensionierung und Optimierung der Prozesse, Netzwerke und Ressourcen zur Erfüllung zukünftiger Leistungsanforderungen. Die Planung arbeitet in der Regel mit unscharfen Informationen, Durchschnittswerten und unsicheren Erwartungen. Eine Projektplanung wird für ein bestimmtes Projekt, die Unternehmensplanung rollierend in größeren Zeitabständen von einemMonat, einem Quartal oder einem Jahr und eine Strategieplanung für Zeiträume von 5 bis 10 Jahren durchgeführt.
• Disposition (scheduling) ist die mengenmäßige Einteilung der Aufträge mit aktuellen Leistungsanforderungen und die terminierte Zuweisung der resultierenden internen Aufträge zu den verfügbaren Ressourcen. Die Aufträge sind entweder verbindliche Kundenaufträge, Vorgaben einer vorausgegangenen Planung oder aus einer kurzfristigen Bedarfsprognose abgeleitet. Anders als die Planung benötigt die Disposition sichere oder relativ gesicherte Informationen. Sie findet unverzüglich nach Auftragseingang oder regelmäßig in kurzen Zeitabständen von wenigen Stunden bis zu mehreren Tagen statt. Die Disposition wird auch als Feinplanung, Kurzfristplanung, Auftragsplanung, Auftragsabwicklung oder Supply Chain Event Management bezeichnet. Diese Bezeichnungen sind jedoch irreführend, da eine klareAbgrenzung zurmittel- und langfristigen Planung einerseits und zur Steuerung andererseits fehlt.
• Steuerung (control) ist die Lenkung des operativen Betriebs und die Regelung der Ausführung der internen Aufträge, deren Menge, Inhalt und Termin fest vorgegebenen sind. Eine Prozesssteuerung lenkt und regelt die automatischen Funktionsabläufe von Anlagen, Transportmitteln und Maschinen, die Betriebssteuerung die Arbeitsabläufe in einem Organisations- oder Betriebsbereich, in dem Menschen tätig sind.
• Organisation ist das planmäßige Gestalten und der funktionsgemäße Ausbau von Systemen, in denen Menschen und Objekte in einem Strukturzusammenhang stehen [220]. Die Organisation ist ein Teil der Planung, deren weiteres Vorgehen Gegenstand des nachfolgenden Kapitels ist.
In diesem Kapitel werden die organisatorischen Handlungsmöglichkeiten behandelt:
Gestaltung der Prozesse und Strukturen
Anzahl und Funktion der Organisationsebenen
Zentralisieren oder Dezentralisieren
Aufbauorganisation und Ablauforganisation
Konfiguration von Hardware und Software
Standard-Software oder Individual-Software
Organisation der Disposition.
Hieraus leiten sich Empfehlungen für die Organisation der Unternehmenslogistik ab sowie die Grundsätze und Prinzipien der dynamischen Disposition.
2.1 Aufträge
Die Vorgänge und Prozesse in den Unternehmen und den Logistiksystemen werden von Aufträgen ausgelöst. Jeder Auftrag enthält Lieferanforderungen, Operationsanweisungen und Logistikanforderungen:
• Die Lieferanforderungen geben in Formvon Auftragspositionen an, welcheMenge von welchem Artikel, Produkt oder Leistungspaket zu liefern ist.
• DieOperationsanweisungen spezifizieren,was wie zu produzieren, zu liefern oder zu leisten ist. Sie sindVorgaben für die Fertigung, Bearbeitung undMontage oder Vorschriften für die Leistungserstellung.
• Die Logistikanforderungen geben vor, wann und wo die Liefermengen in welcher Form abzuholen, abzuliefern oder bereitzustellen sind.
Damit eine fehlerfreie und termingerechte Ausführung möglich ist, müssen die Lieferanforderungen und die Logistikanforderungen folgende Angaben enthalten:
• Auftragspositionen mit Angabe der Artikel- oder Produktbezeichnung;
• Positionsmenge, die angibt, welche Menge von einer Position zu liefern ist;
• Adressen der Lieferstelle und der Empfangsstelle;
• Zeitangaben über Abholtermin, Lieferzeit oder Zustelltermin.