Ameisen - Biologie und Verhalten

Ameisen - Biologie und Verhalten

von: Walter Kirchner

C.H.Beck, 2001

ISBN: 9783406447525

Sprache: Deutsch

128 Seiten, Download: 10697 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Ameisen - Biologie und Verhalten



IX. Ameisenvölker unter sich (S. 98-99)

1. Krieg und Frieden – auch bei Ameisen

Ameisenvölker derselben Art siedeln in geeigneten Lebensräumen oft in großer Zahl und nicht selten in unmittelbarer Nachbarschaft. Aber auch einander fremde Arten wohnen manchmal dicht beieinander; so lassen sich auf Trockenrasen in Muschelkalkgebieten gelegentlich vier oder fünf verschiedene Ameisenarten auf einer Fläche von nur 1 qm finden.

Dies alles lässt die Ameisen auf den ersten Blick als eine sehr friedliche Tiergruppe erscheinen. Dass dieser Eindruck keineswegs immer die Realität trifft, habe ich sehr eindrucksvoll bei einem Urlaub auf der Insel Korsika erlebt: Im Garten des von mir gemieteten Ferienhauses fand ich überall nur die stark belaufenen Straßen einer einzigen, äußerst vitalen Ameisenart, der Argentinischen Ameise (Linepithema humile). Andere Arten suchte ich vergebens – aus gutem Grund: Die ursprünglich in Südamerika beheimatete Argentinische Ameise hat sich nach ihrer Einschleppung in das Mittelmeergebiet als äußerst durchsetzungsfähige Art erwiesen; sie rottet in den Bereichen, in denen sie sich ansiedelt, alle anderen Ameisenarten weitgehend aus. Der Garten meines Ferienhauses lieferte dafür einen sehr anschaulichen Beweis! Friedliche Koexistenz und schonungslose Vernichtung aller Konkurrenten – das sind die Extreme auf einer breiten Skala der Möglichkeiten des Zusammenlebens von Ameisenvölkern. Es gibt Ameisenforscher, welche die Aggressivität der Ameisen als deutlich höher einschätzen als die des kriegsfreudigen Menschen. Auslöser der meisten Konflikte ist der Wettbewerb um lebensnotwendige Umweltressourcen, insbesondere um Nahrungsquellen und geeignete Nistplätze.

1.1 Innerartliche und zwischenartliche Konflikte

Der Konkurrenzdruck ist zwischen Völkern derselben Art besonders groß, da diese identische Lebensbedürfnisse haben. Tatsächlich finden in diesem Bereich erbitterte Auseinandersetzungen statt – allerdings nicht bei allen Arten. Zu den friedlichen Ausnahmen gehört u. a. die Kahlrückige Waldameise, in deren Nestverbänden die Völker unter sich meist gut verträglich sind – wohl nicht zuletzt wegen der bei dieser Art üblichen Tochternestbildung. Ob es zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Völkern derselben Art kommt, hängt sehr von der Lebensweise einer Art und von der Beschaffenheit des besiedelten Lebensraumes ab. Wo es ausreichend Nahrung und viele günstige Nistplätze gibt, erübrigt es sich, um diese zu kämpfen.

Zwischen Völkern verschiedener Arten kann es ebenfalls heftige Kämpfe geben; die schon erwähnte Argentinische Ameise oder die Feuerameise sind Beispiele für besonders unverträgliche Arten. Nicht selten beobachtet man allerdings auch friedliche Koexistenz zwischen verschiedenen Arten – insbesondere dann, wenn sich zwei nahe beieinander siedelnde Arten stark in der Körpergröße, in der Nistweise und in der Nutzung der vorhandenen Nahrungsquellen unterscheiden. Dies mindert die Konkurrenz und damit die Notwendigkeit, sich kriegerisch durchsetzen zu müssen. All dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich Ameisenvölker immer wieder „mit Waffengewalt“ gegen Konkurrenten behaupten müssen.

1.2 Die Waffen der Ameisen

Wie beim Menschen ist auch bei Ameisen eine erfolgreiche Kriegführung an gewisse Voraussetzungen gebunden: an eine ausreichende Zahl von Kämpfern ebenso wie an den Besitz wirksamer Waffen. Ameisen verfügen im Wesentlichen über drei Waffensysteme: der Gegner kann mit den Oberkiefern, mit dem Wehrstachel (soweit vorhanden) und mit speziellen Drüsensekreten bekämpft werden.

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