Der Krieg - Geschichte und Gegenwart

Der Krieg - Geschichte und Gegenwart

von: Andreas Herberg-Rothe

Campus Verlag, 2003

ISBN: 9783593414133

Sprache: Deutsch

155 Seiten, Download: 705 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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Der Krieg - Geschichte und Gegenwart



2 Moderne, Krieg und Gewalt (S. 44-45)

Moderne, Krieg und Gewalt – eine »unendliche Geschichte «, deren Ausgang noch nicht feststeht. Zwei Sichtweisen bestimmen die Diskussion: Entweder wird angenommen, dass Moderne einerseits und Krieg beziehungsweise Gewalt andererseits gegensätzlich sind, oder aber, dass erst die sich als »friedliebend« begreifende Moderne ein in der Geschichte der Menschheit beispielloses Gewaltpotential entwickelt und die Büchse der Pandora geöffnet hat.

Zur vorletzten Jahrhundertwende stellte der Daily Mirror voller Enthusiasmus die Perspektive einer friedlichen Weltgesellschaft in Aussicht und begründete die Unmöglichkeit eines Krieges zwischen England und dem Deutschen Reich mit der wirtschaftlichen Verflechtung beider Staaten. Weite Teile der damaligen Öffentlichkeit gingen von der optimistischen Annahme aus, dass in modernen Gesellschaften desto weniger Platz für gewaltförmige Orientierungen und militärische Strukturen bleibe, je mehr sich liberaler Bürgersinn und kapitalistische Industrialisierung verbreiteten. Auch für die zeitgenössischen Gründungsväter der Soziologie war die Theorie vom friedfertigen Charakter der Industriegesellschaft konstitutiv (Joas 2000, 192–194). Der Erste und der ZweiteWeltkrieg zerstörten diese Hoffnungen auf ein friedliches 20. Jahrhundert aufs brutalste.

Nach dem Epochenjahr 1989 wurden erneut ähnliche Erwartungen formuliert, vor allem in Francis Fukuyamas einflussreichem Essay über ein Ende der (gewaltsamen) Geschichte (Fukuyama 1992).Der Siegeszug vonDemokratie und Marktwirtschaft schien unaufhaltsam geworden zu sein und mit ihm das 21. Jahrhundert ein weitgehend friedliches, weil ökonomisch bestimmtes zu werden. Auch diesmal wurden die Erwartungen enttäuscht, nicht nur durch die permanenten Massaker und Völkermorde in Afrika, sondern auch durch die Rückkehr des Krieges nach Europa, vor allem im ehemaligen Jugoslawien, und durch die Anschläge vom11.September 2001 in den USA. Es genügt freilich nicht, diese Erwartungen mit dem Gestus des historisch Belehrten als reine Spekulation abzutun – das dahinterstehende Problem ist grundlegender.

Das Selbstverständnis der Moderne als historisches Projekt seit dem 17./18. Jahrhundert ist gekennzeichnet durch den Übergang von der gewaltsamen Austragung innergesellschaftlicher Konflikte zu gewaltfreien Prozeduren der Konfliktregelung (Joas 2000). Aus diesemSelbstverständnis folgt notwendigerweise, dass das Projekt der Moderne auf einen umfassenden Frieden angelegt ist. Für Jan Philipp Reemtsma ist dies jedoch der illusorische Versuch der europäischenModerne, sich einzureden, sie befinde sich auf »auf dem Weg aus einer Welt der Gewalt in eine Zukunft derGewaltarmutwenn nicht -freiheit«. Vielmehr habe sich aus dem »Jahrhundert der Humanität und der Brüderschaft aller Menschen« mit Auschwitz ein Jahrhundert des »Völkermords und der Massenschlächtereien« entwickelt (Reemtsma 1999, 11).

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