Change Management - Den Unternehmenswandel gestalten

Change Management - Den Unternehmenswandel gestalten

von: Klaus Doppler, Christoph Lauterburg

Campus Verlag, 2000

ISBN: 9783593353241

Sprache: Deutsch

467 Seiten, Download: 4859 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Change Management - Den Unternehmenswandel gestalten



Kaltstart (S. 76-77)

Dieser Satz stammt von Goethe: »Willst Dich an der Welt erfreuen, mußt der Welt Du Sinn verleihen.« Menschen treffen vielfältige Arrangements, greifen zu allen möglichen psychologischen Kunstgriffen, investieren bei Bedarf auch viel Energie, um ihrem Leben einen Sinn zu geben. Nicht nur dem Leben insgesamt, sondern den einzelnen konkreten Tätigkeiten und Funktionen, die sie auszuüben, den Rollen, die sie einzunehmen haben und denen sie gerecht werden wollen.

In viele solche zart gesponnenen, äußerst komplexen Netzwerke persönlicher Sinngestaltung greift ein, wer Veränderungen einleitet. Je einschneidender und radikaler sich die Veränderung auf Arbeits- und Lebensumstände auszuwirken droht, als desto brutaler wird der Eingriff erlebt. In einem Kaltstart werden Menschen mit Dingen konfrontiert, deren Sinn sie nicht einsehen. Man ist »zufrieden« mit der bestehenden Situation oder hat sich zumindest mit ihr arrangiert. Man sieht keinen Anlaß und noch viel weniger eine echte Chance, das Bestehende zu verändern. Solange nicht klar ist, nicht klargemacht wird und deshalb auch nicht klar sein kann, was das Ganze eigentlich soll, wer Nutznießer der Veränderung ist, welcher Sinn und welche Attraktivität sich daraus für den einzelnen ergeben kann, solange sind Angst und Abwehr die ganz natürliche Reaktion. Widerstand gegen die geplante Veränderung entwickelt sich als natürlicher Mechanismus zum Schutz des bedrohten Sinnzusammenhanges. Wer in einer solchen Situation Veränderungsmaßnahmen einleiten will, hat es schwer. Er verhält sich wie ein Vertreter, der an fremden Türen klingelt, um Produkte anzubieten, die eigentlich keiner haben will. Er verhält sich wie ein Bauer, der auf gefrorener Erde Samen aussät; wie ein Sender, der seine Botschaft sendet, obwohl kein Empfänger eingeschaltet ist; wie ein Angler, der, weil er selbst gerne Apfelsinen ißt, solche als Köder für die Fische benutzt – den Grundsatz mißachtend: »Der Köder muß dem Fisch und nicht dem Angler schmecken!«

Was macht ein solches Vorgehen aus Sicht des Handelnden »sinnvoll«? Was macht es attraktiv, ohne Einfühlsamkeit, ohne Rücksicht auf die Befindlichkeit der am Geschehen beteiligten Menschen, die Dinge vorwärtszutreiben? Dummheit? Unverfrorenheit? Brutalität? So scheint es auf den ersten Blick. Doch bei genauerem Hinsehen differenziert sich das Bild. Typische Managerprobleme werden erkennbar: der Zeitdruck, den man durch mangelnde Planung selbst geschaffen hat; die Orientierung am kurzfristigen Ergebnis statt am langfristigen Erfolg; das Bedürfnis nach direktorialer Selbstdarstellung; die Unfähigkeit, auf andere einzugehen;die Befürchtung, eigene Vorstellungen korrigieren zu müssen, wenn man sich auf eine Diskussion einlassen würde; aber auch die Urangst vieler Manager, das Gesetz des Handelns könnte einem aus der Hand gleiten, wenn man nicht ununterbrochen Druck machen würde. Die tief verborgene Unsicherheit des Managers läßt grüßen: Angst als Triebfeder des Handelns.

Vom Umgang mit Maschinen wissen wir, wie sehr ein Kaltstart das System strapaziert. Dies gilt um so mehr bei Menschen, die besonders komplizierte Lebewesen sind und die ein Langzeitgedächtnis haben – ganz speziell, was mangelnde persönliche Wertschätzung anbetrifft. Denn exakt auf diesen Nenner wird es gebracht, wenn man sich nicht die Zeit nimmt, Veränderungsvorhaben mit den Betroffenen gemeinsam zu bereden.

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