Helden des Himmels - Geschichten vom Kosmos und seinen Entdeckern

Helden des Himmels - Geschichten vom Kosmos und seinen Entdeckern

von: Christian Pinter

Verlag Kremayr & Scheriau, 2014

ISBN: 9783218009379

Sprache: Deutsch

224 Seiten, Download: 1117 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Helden des Himmels - Geschichten vom Kosmos und seinen Entdeckern



DER HIMMEL ALS BILDERBUCH


Fabelwesen der Sonnenbahn


Der liebeshungrige griechische Gott Zeus täuscht Alkmene in Gestalt ihres Gemahls. So schenkt sie ihm Herakles. Zeus legt den Säugling an die Brust seiner Gattin Hera. Die stößt ihn erbost zurück; dabei spritzt göttliche Milch übers Sternenzelt und gerinnt zum zarten Band der Milchstraße. Im Altgriechischen heißt die Milch »gala«. Deshalb nennen Astronomen unsere Milchstraße »Galaxis« und andere Milchstraßensysteme »Galaxien«.

Die Römer verehrten den starken Herakles später unter dem Namen »Hercules«. Er ist gleich mit drei der zwölf Tierkreissternbilder verknüpft. Das himmlische Dutzend, das genau genommen sogar aus 13 Konstellationen besteht, bildet eine Art Rennbahn. Darauf laufen die Wandelgestirne – Sonne, Mond und Planeten – um die Wette.

Um deren Lauf abzustecken, setzten Astronomen des Zweistromlands die helleren und schwächeren Sterne entlang der himmlischen Rennbahn sehr früh zu Bildern zusammen. Die Griechen übernahmen viele der mesopotamischen Motive und verwoben sie mit ihren eigenen Mythen. Die Tierkreisbilder legen anschaulich Zeugnis von der reichen Legendenwelt der Antike ab. Über das Konstrukt der Sterndeutung findet sich jeder Mensch in einer dieser Himmelsfiguren wieder – obwohl die von den Astrologen so strapazierten Sternzeichen längst nichts mehr mit den am Nachthimmel tatsächlich sichtbaren Sternbildern zu tun haben.

Krebs, Löwe, Stier


Im Schoß der Erde hauste die schönwangige Echidna, deren untere Körperhälfte einem schlangenhaften Untier glich. Der Riese Typhon liebte sie. Aus seinen Schultern ragten hundert Schlangenhäupter, die Flammen und Lava spieen. Die Wasserschlange Hydra war Kind des seltsamen Paares. Auch sie besaß hundert Köpfe. Schlug man einen ab, wuchs er doppelt nach. Die Göttin Hera zog die Hydra nahe der Stadt Lerna groß, wo sie bald über das Vieh herfiel. Herakles wollte sie töten. Um den verhassten Sohn ihres Gatten zu schwächen, entsandte Hera einen riesigen, unbarmherzigen Krebs. Dessen scharfe Scheren bohrten sich ins Bein des kämpfenden Helden. Er siegte trotzdem.

Der zertretene Krebs (lat.: Cancer) wurde als gleichnamiges Sternbild ans Firmament gesetzt. Vor 2000 Jahren erreichte die Sonne diese Konstellation zu Sommerbeginn. Bei Ovid glühen die Scheren des Himmelskrebses deshalb in der Sonnenhitze. Für Seneca ist es tatsächlich seine Glut, welche die Saaten reifen lässt.

Noch bevor Herakles die Hydra tötete, pflanzte sie sich fort. Ihr Enkel war ein schrecklicher Löwe, dessen hartes Fell unverwundbar machte. Hera zog ihn bei Nemea auf. Die Stadt lag nur wenige Gehstunden von Mykene entfernt, wo man um 1250 v. Chr. das berühmte Löwentor errichtete. Heras reißendes Tier geriet zur Landplage, bis es erwürgt wurde – natürlich von Herakles. Fortan diente ihm die Löwenhaut samt der dichten Mähne und dem leuchtenden Rachen als Umhang. Um den Mut seines Sohnes aller Welt vor Augen zu führen, hob Zeus das erlegte Raubtier als Sternbild Löwe (Leo) an den Himmel.

Um 150 n. Chr. taufte der Alexandriner Claudius Ptolemäus die himmlischen Lichtpunkte nach ihrer Lage in der jeweiligen Konstellation. Sein Werk wurde zunächst ins Arabische und später von dort ins Lateinische übersetzt. Auch deshalb tragen viele Sterne heute arabische Eigennamen. Jene des Löwen heißen etwa Duhr (Rücken), Subra (Mähne), Aldhafera (Haarsträhne), Denebola (Schwanz) oder Kabeleced (Herz). Letzterer Stern wird aber meist Regulus (lat.: kleiner König) genannt. Wie Astronomen mittlerweile herausfanden, rotiert er extrem schnell um seine Achse. Es fehlte nicht viel und die Fliehkraft risse den Löwenstern auseinander.

Die griechische Zwei-Euro-Münze erinnert an die Geschichte der phönizischen Königstochter Europa. Einst kletterte sie arglos auf den Rücken eines anmutigen Stiers. Der trabte mit ihr zum Ufer, schwamm durchs Mittelmeer und setzte sie an Kretas Küste ab. Dort erst gab sich Zeus zu erkennen und zeugte den mächtigen König Minos. Später tauchte nochmals ein strahlend weißer Stier auf Kreta auf, der mit Wahnsinn gestraft war. Herakles überwältigte ihn – und geriet so einmal mehr zum Inbegriff für Macht und Stärke.

Im Sternbild Stier (Taurus) erblickten die alten Griechen einen der beiden kretischen Stiere. Der leicht orangefarbige Stern Aldebaran bildet sein blutunterlaufenes Auge. Daran schließt die lockere Sterngruppe der Hyaden an. Am Stiernacken schimmern die kleineren Plejaden. In der Antike sah man in den Sternen beider Haufen Schwestern. Damit lag man gar nicht so falsch. Tatsächlich werden Sterne im All meist nicht einzeln, sondern in ganzen Familienverbänden geboren. Jeweils einige Dutzend oder gar Hunderte von jungen Sonnen bilden einen sogenannten »Offenen Sternhaufen«. Am Himmel formen die beiden Sternhaufen das Goldene Tor: Die Sonne schreitet jedes Jahr um den 25. Mai zwischen Hyaden und Plejaden hindurch.

Fische, Steinbock, Wassermann


Einmal stieg der schon erwähnte Riese Typhon aus der Erdentiefe und jagte den Göttern Angst ein. Sie nahmen allerlei Truggestalten an und flohen an die Gestade des Nils. Zeus verwandelte sich in den gehörnten Anführer einer Schafherde, Artemis in eine Katze, der schnelle Hermes (röm.: Merkur) in einen geflügelten Ibis, Hera in eine schneeweiße Kuh, Aphrodite (röm.: Venus) in einen Fisch. Der griechische Mythos versuchte zu erklären, warum die Ägypter ihre Götter mischgestaltig sahen. Ammon besaß dort tatsächlich gewundene Hörner, Bastet ein Katzenhaupt, Thot einen Ibiskopf. Die Kuh war Symboltier der ägyptischen Hathor, während die altägyptische Hatmehit einen Fischkopf trug.

Womöglich tauchte die flüchtende griechische Liebesgöttin Aphrodite aber auch unverwandelt in die Fluten – gemeinsam mit ihrem Sohn Eros. Zwei Fische trugen die beiden davon. Zum Dank erhielten diese einen Platz am Firmament.

Um das Sternbild Fische (Pisces) rankt sich noch eine andere Legende. Unter den einäugigen Kyklopen, so erzählt Homer, war Polyphem der riesigste. Als er sich in die milchweiße Galateia verliebte, stutzte er sich den Bart mit der Sichel und kämmte sein borstiges Haar mit dem Rechen. Die Meeresnymphe ignorierte sein Werben und zog den hübschen Akis vor. Polyphem erschlug den Mitbewerber. Vielleicht entkam Akis jedoch und sprang mit der schönen Galateia ins Meer. Dort verwandelten sich die Liebenden in Fische – und tauchten gemeinsam ab.

Der Wald- und Hirtengott Pan mischte sich gern unerkannt in die Herden, um dort Schrecken zu verbreiten – daher das Wort »Panik«. Als der vielhäuptige Typhon den Olymp stürmte, ergriff ihn jedoch selbst panische Angst. Sowieso schon bockshörnig und bocksfüßig, tarnte sich Pan als Ziege. Weil er gleichzeitig ins Wasser sprang, verwandelte sich sein Unterleib in einen muskulösen Fischschwanz: Alte Himmelskarten zeigen das Sternbild Steinbock (Capricornus) tatsächlich noch als Ziegenfisch. Das eigentümliche Mischwesen stammt ursprünglich aus Mesopotamien. Es ähnelt dem Symbol des sumerischen Süßwassergottes Enki, den die Babylonier Ea nannten.

Eine andere babylonische Legende erzählt: Einst vermehrten sich die Menschen viel zu rasch und störten die Götter mit ihrem Lärm. Diese fassten den Beschluss, die Störenfriede ohne Ausnahme mit einer großen Flut zu ertränken. Der weise Enki durchkreuzte jedoch den Plan seiner Götterkollegen. Er riet einem Sterblichen zum Bau eines mehrstöckigen Schiffes. Damit rettete wenigstens dieser Mann seine Familie, Tiere und Habe. Er wurde zum Stammvater eines neuen Menschengeschlechts. Es war weniger fruchtbar – und entsprechend leiser.

Aus dem alten Griechenland kennt man einen vergleichbaren Mythos. Als auf Erden das Eiserne Zeitalter angebrochen war, wühlten Menschen in den »Eingeweiden der Erde«. Bodenschätze wie Eisen und Gold wurden Anlass für Zwietracht, Raub und Krieg. Überall regierten Habgier, Heimtücke und Gewalt. Zeus beschloss, die frevelnde Menschheit auszulöschen. Die Flussgötter öffneten die Schleusen der Quellen; entfesselte Ströme wälzten sich zum Meer. Bald wohnten Delfine in den Wäldern, während Meeresnymphen die versunkenen Städte bewunderten. Nur zwei Menschen retteten sich auf einem kleinen Floß: Deukalion, der das Recht mehr liebte als jeder andere, und seine gottesfürchtige Gemahlin Pyrrha. Nachdem Zeus den Rückzug der Fluten befohlen hatte, folgte das Paar einem Orakelspruch und warf die »Gebeine« der Mutter Erde – Steine – hinter sich. Aus diesen entsprang ein neuer Menschenschlag, hart und ausdauernd. Er legt davon Zeugnis ab, woraus wir entstanden sind, resümiert Ovid. Im Herbststernbild Wassermann (Aquarius) ist der griechische Stammvater Deukalion verewigt. In den Händen hält er einen schweren Krug, aus dem sich ein Strom Wasser ergießt.

Jungfrau, Waage, Skorpion


Typhons frecher Himmelssturm musste scheitern. Der Riese wurde überwältigt. Die Götter warfen Sizilien auf ihn. Manchmal versucht er noch, die Massen abzuwälzen. Dann beben Berge und Städte. Speit Typhon Feuer, brennt der Ätna. Selbst der Unterweltgott Hades fürchtet, die Erde würde aufreißen; Sonnenstrahlen könnten dann zu den blutleeren Schatten der Toten vordringen. Deshalb fährt Hades mit seinem schwarzen Gespann prüfend um die Insel.

In der Unterwelt wirkt Aphrodites Zauber nicht. Das kränkt die Liebesgöttin. Sie sorgt dafür, dass Hades in Leidenschaft zur Zeus-Tochter Persephone verfällt. Er entführt die Jungfrau, reißt sie hinab in sein Schattenreich und macht sie, so Vergil, zur »Herrin der Tiefe«. Der...

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