Breakdown - Welt am Abgrund - Thriller

Breakdown - Welt am Abgrund - Thriller

von: Till Berger

Goldmann, 2015

ISBN: 9783641146177

Sprache: Deutsch

448 Seiten, Download: 837 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Breakdown - Welt am Abgrund - Thriller



Prolog

Simi Valley, Los Angeles, USA

Der Milliardär musste vollkommen den Verstand verloren haben.

Leonard Danquist wurde von zwei starken Händen auf die Rückbank des Grand Cherokee gedrückt. Er versuchte krampfhaft, sich seinem Entführer entgegenzustemmen, aber seine Hände waren mit einem dünnen Kabelbinder gefesselt. Wehrlos sackte er auf den Ledersitz. Die Tür neben ihm wurde zugeschlagen, und ein letzter Hauch der kalifornischen Sommerluft streifte seinen Arm.

Trotz der Klimaanlage liefen Danquist dicke Schweißtropfen über die Stirn. Hinter sich hörte er die Schritte des Fremden auf dem Kiesboden des stillgelegten Stahlwerks knirschen. Verängstigt wandte er sich dem Geräusch zu, aber der Sack, den ihm der Mann über den Kopf gezogen hatte, machte ihn so gut wie blind. Seine Sicht war auf Hunderte kleine Lichtpunkte beschränkt, die schwach durch den grob gefaserten Stoff drangen.

Danquist hatte das Gefühl zu ersticken. Stoßweise atmete er durch den Mund, wodurch seine Brille beschlug. Er hätte niemals hierherkommen dürfen. Das Stahlwerk befand sich am nördlichen Rand von Simi Valley, einem kleinen Vorort von Los Angeles. Das Gelände war menschenleer, die nächste Hauptstraße mindestens eine Meile entfernt.

Er hatte von Beginn an ein schlechtes Gefühl bei dieser Sache gehabt und hätte dem Treffen unter keinen Umständen zugesagt, wenn Bloom ihn nicht ausdrücklich darum gebeten hätte.

Der Milliardär hatte von einer »einzigartigen Gelegenheit« gesprochen. Eine Art Projekt, das den Zielen ihrer Stiftung zum Durchbruch verhelfen könnte. Ein Vorhaben, wie er betonte. Mehr hatte er jedoch nicht verraten wollen. Danquist konnte sich aber beim besten Willen nicht vorstellen, dass Bloom sich wirklich bewusst war, worauf er sich dabei eingelassen hatte. Er kannte ihn inzwischen seit vier Jahren, und es war praktisch ausgeschlossen, dass er mit solchen Leuten Geschäfte machte. Es musste sich ganz eindeutig um einen Irrtum handeln.

Die Vordertür des Wagens wurde geöffnet, und sein Entführer stieg ein.

»Hören Sie«, setzte Danquist mit zitternder Stimme an, »das Ganze ist ein Missverständnis! Ich bin nicht der Mann, den Sie suchen. Was auch immer Sie vorhaben, ich habe nichts damit zu tun!«

Der Mann schloss die Tür und startete den Motor. Das Radio sprang an, und der Jeep wurde durch ein im Presto gespieltes Violinkonzert erfüllt. Perplex stellte Danquist fest, dass es sich dabei um den dritten Satz von Vivaldis L’estate aus den Vier Jahreszeiten handelte. Die dramatischen Streicherklänge, die das Bild eines aufziehenden Sommergewitters heraufbeschworen, hätten kaum besser zu seiner Situation passen können.

Der Wagen setzte sich in Bewegung und fuhr in einem Bogen den Weg zurück, den Danquist gekommen war. Er sah nach links, wo der gelbe Toyota seiner Frau stehen musste, den er nur fünf Minuten zuvor neben einem alten Backsteingebäude abgestellt hatte. Er glaubte, durch die Fasern des Sacks etwas Helles zu entdecken, aber es war mehr eine vage Ahnung als ein wirkliches Erkennen. Der helle Fleck zog schemenhaft und unerreichbar an ihm vorbei. Der Toyota erschien ihm auf einmal wie aus einer anderen Welt.

»Ihr Name ist Leonard Danquist«, sagte der Mann schließlich. Seine Stimme war tief und rau. »Sie sind der Geschäftsführer der Global Warming League und wohnen mit Ihrer Familie in einem Haus in Santa Ana. Ihre Frau ist Lehrerin an der Madison Elementary School in Lakewood. Sie haben eine dreijährige Tochter und einen fünfjährigen Sohn, den Sie eine Stunde vor diesem Treffen in den Kindergarten gebracht haben.«

»Woher wissen Sie das?«, fragte Danquist entsetzt. »Haben Sie mich beobachtet?«

»Das spielt keine Rolle«, drang die Stimme seines Entführers durch das Violinkonzert.

Danquist wurde von einer panischen Angst erfasst. »Bitte, Sie können mit mir machen, was Sie wollen, aber tun Sie meiner Familie nichts!«

»Um Ihre Familie müssen Sie sich keine Sorgen machen. Für uns sind nur Sie von Interesse.«

Danquists Hände verkrampften sich. Der Kabelbinder schnitt ihm in die Haut, aber das war ihm inzwischen egal. »Ich weiß nicht, was das für ein Projekt ist, das Sie mit Bloom vorhaben, und ich will es auch gar nicht wissen. Lassen Sie mich einfach gehen, und ich werde vergessen, dass wir uns je begegnet sind. Bitte …«

»Entspannen Sie sich«, unterbrach ihn der Fremde. »Wir werden in etwa zwanzig Minuten am Ziel sein.«

»Wohin bringen Sie mich?«

Die einzige Antwort, die Danquist auf seine Frage erhielt, waren Vivaldis leichte Streicherklänge, als das Konzert in L’autunno, den Herbst, überging.

Als der Jeep wieder anhielt, konnte Danquist nicht sagen, wie lange und in welche Richtung sie gefahren waren. Der Sack über seinem Kopf und die laute Musik hatten ihm jede Orientierung genommen. Sie konnten inzwischen überall sein. Im Zentrum von Long Beach oder mitten im Angeles National Forest.

Die Musik verstummte, und der Mann stieg aus. Einen Augenblick später wurde neben Danquist die Tür aufgerissen. Er wurde grob am Oberarm gepackt und aus dem Wagen gezogen.

Es war etwas kühler als beim Stahlwerk, und es roch leicht nach Tannennadeln und Torf. Es konnte gut sein, dass sie tatsächlich in den National Forest gefahren waren.

»Kommen Sie!«, sagte der Mann und führte ihn vom Auto weg.

Der Boden war weich und gab unter Danquists Schuhen etwas nach. Nach einigen Metern trat er auf Beton, und sie blieben stehen. Er hörte, wie ein Schloss geöffnet wurde und eine Tür quietschend aufging.

Danquist versuchte mit aller Kraft, die aufkeimende Panik zu unterdrücken. »Was haben Sie mit mir vor?«

Der Mann erwiderte nichts. Er schob ihn durch die Tür, und Danquist hörte alte Holzdielen unter seinen Füßen knarren. Mit festem Griff wurde er vorwärtsgedrängt und eine Treppe hinuntergeführt. Ein feuchter und modriger Geruch drang in seine Nase. Die abgestandene Luft ließ ihn unvermittelt an ein Grab denken. Danquist fragte sich, ob das vielleicht das Letzte war, was er jemals riechen würde. Der Gedanke ließ ihn am ganzen Körper zittern.

»Bleiben Sie stehen!«, befahl der Mann.

Ein Schalter wurde umgekippt, und weiße Lichtstrahlen drangen durch die Fasern des Sacks. Mit einem Ruck wurde er weggezogen. Durch die plötzliche Helligkeit geblendet musste Danquist blinzeln.

Sein Entführer stand direkt vor ihm und starrte ihn eindringlich aus dunklen Augen an. In dem weißen Neonlicht wirkten seine Züge noch härter und militärischer als zuvor auf dem Parkplatz des Stahlwerks. Unter anderen Umständen hätte Danquist ihn wahrscheinlich für einen altgedienten Offizier gehalten. Der schlichte dunkelgraue Anzug, den er trug, konnte nicht verbergen, dass sich darunter ein muskulöser Körperbau befand. Und die verblasste Narbe, die sich von seiner Stirn über den kahlen Kopf hinweg zog, ließ vermuten, dass er durchaus auch dazu bereit war, seine Interessen mit Gewalt durchzusetzen.

Selbst wenn Danquist nicht gefesselt gewesen wäre, hätte er keine Chance gehabt, dem Mann zu entkommen. Er selbst war eher schmächtig und dazu noch ziemlich außer Form. Seine sportlichen Aktivitäten beschränkten sich auf einen gelegentlichen Spaziergang am Huntington Beach, und er hatte in seinem ganzen Leben noch nie eine handfeste Auseinandersetzung gehabt. Er musste sich eingestehen, dass er seinem Entführer vollkommen ausgeliefert war.

»Ich werde jetzt Ihre Fesseln lösen«, sagte dieser und zog ein Messer aus der Tasche. »Wenn Sie versuchen zu fliehen, werde ich sie wieder festmachen. Haben Sie das verstanden?«

Danquist nickte und beobachtete, wie der Kahlköpfige den engen Plastikriemen durchschnitt. Als sich das Band löste, betastete er instinktiv die schmerzenden Handgelenke.

»Es tut mir leid, dass das nötig war«, erklärte der Mann. »Aber Bloom hatte mir schon gesagt, dass Sie unter den gegebenen Bedingungen vermutlich nicht freiwillig ins Auto steigen würden.«

Danquist löste den Blick von seinem Entführer und sah sich um. Sie befanden sich in einem Kellerraum mit nackten grauen Wänden. Es gab nur einen einzelnen Holzstuhl und einen Tisch, auf dem sich eine Art medizinischer Apparat und ein Laptop befanden. Mehrere Kabel führten von dem Gerät zu einer Gruppe von Elektroden, die sorgfältig nebeneinander aufgereiht und mit kleinen Zetteln beschriftet auf dem Tisch lagen.

»Setzen Sie sich«, sagte der Mann.

Danquist blieb wie angewurzelt stehen. Es gelang ihm nicht, seinen Blick von den Elektroden zu lösen. »Was ist das?«

Der Fremde packte ihn am Arm und drängte ihn zum Stuhl. »Ein Polygraf. Er wird einige Ihrer physiologischen Parameter messen, während wir uns ein bisschen unterhalten.« Danquists Peiniger verstärkte seinen Griff und drückte ihn auf den Stuhl.

»Ein Polygraf?«, fragte Danquist mit zitternder Stimme und sah zu der massigen Gestalt auf.

»Ein Lügendetektor. Ich werde Ihnen gleich einige Fragen stellen. Das Gerät wird mir dabei helfen, Ihre Antworten zu beurteilen.«

»Was für Fragen?«

Der Mann griff nach den Elektroden. Mit der Sorgfältigkeit eines Arztes, der sein Operationsbesteck ordnet, legte er die Kabel eines nach dem anderen über die flache Hand. »Fragen, die Ihre Zukunft bestimmen werden, Herr Danquist.«

Danquist räusperte sich, seine Kehle war völlig...

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