Ausdauertraining - Grundlagen  Methoden  Trainingssteuerung

Ausdauertraining - Grundlagen Methoden Trainingssteuerung

von: Andrea Eisenhut, Fritz Zintl

BLV, ein Imprint von GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH, 2014

ISBN: 9783835461314

Sprache: Deutsch

248 Seiten, Download: 12255 KB

 
Format:  EPUB

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Ausdauertraining - Grundlagen Methoden Trainingssteuerung



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Charakterisierung der konditionellen
Fähigkeit Ausdauer

Der Begriff Ausdauer wird heute in der einschlägigen Literatur (Trainingswissenschaft, Sportpädagogik, Sportmedizin) sehr weit gefasst. Zudem ist das Spektrum dessen, was zur Ausdauer gezählt wird, sehr groß. Ein Extremum stellt z.B. die Ultra-Langzeitausdauer eines Mehrfachtriathlons dar. Dem steht als anderes Ex -tremum die Kurzzeitausdauer eines 400-m-Läufers gegenüber.

Teilweise enthalten die verschiedenen Definitionen der Ausdauer einen Hinweis auf die Belastungsintensität in Verbindung mit einer »langen« Dauer, teilweise wird allein auf die Belastungsdauer als ein wesentliches Kriterium verwiesen. Gemeinsam ist den meisten Definitionen der Begriff »Widerstand gegen Ermüdung bzw. Ermüdungswiderstandsfähigkeit «.

Definition der Ausdauer

Berücksichtigt man die einleitend aufgeführten Aspekte, so lässt sich feststellen, dass Ausdauer von Leistung, Ermüdung und Wiederherstellung abhängt. Somit wird die Ausdauer von energetischen, koordinativen, biomechanischen und psychologischen Faktoren beeinflusst.

Das Bemühen, diese verschiedenen Gesichtspunkte zusammenzufassen, führt zu einem komplexen Begriff von Ausdauer mit folgender Definition:

Ausdauer = die Fähigkeit,

1.  physisch lange einer Belastung zu widerstehen, deren Intensität und Dauer letztendlich zu einer unüberwindbaren Ermüdung (= Leistungseinbuße) führt,

2.  trotz eintretender Ermüdung die Belastung bis zur individuellen Beanspruchungsgrenze fortzusetzen (psychische Komponente),

3.  sich in Phasen verminderter Beanspruchung (z.B. Pausen im Training und Wettkampf) bzw. nach Beendigung der Belastung rasch zu regenerieren.

Knapp ausgedrückt:

Ausdauer

=

Ermüdungswiderstandsfähigkeit + Ermüdungstoleranz
+ rasche Wiederherstellungsfähigkeit

Eine weiter reichende Präzisierung der Definition kann nur unter Berücksichtigung der verschiedenen Erscheinungsformen der Ausdauer erfolgen. Diese werden im Kapitel 3 behandelt.

Formen der Ermüdung

Ermüdung, definiert als vorübergehende (reversible) Minderung der Leistungsfähigkeit, steht in entscheidendem Zusammenhang mit der Ausdauer, da letztendlich das Aufrechterhalten eines gewissen Krafteinsatzes bzw. einer gewissen Schnelligkeit (repräsentiert in der Belastungsintensität) durch das Auftreten von Ermüdungserscheinungen begrenzt ist.

Beim sportlichen Leistungsvollzug kann Ermüdung in unterschiedlicher Gestalt auftreten. Die Ermüdung eines Marathonläufers ist eine andere als die eines Sprinters oder Sportschützen. Prinzipiell kann man unterscheiden:

•  Physische (körperliche) Ermüdung als reversible Funktionsminderung auf muskulärer Ebene. Die daraus resultierende Abnahme der Leistungsfähigkeit kann teilweise durch einen vermehrten Einsatz kompensiert werden.

•  Psychische Ermüdung, auch zentrale Ermüdung genannt. Die Minderung der Leistungsfähigkeit tritt hier infolge einer gestörten zentralnervösen Steuerung auf. Eine zentrale Stellung nimmt dabei die Formatio reticularis, ein Bereich des Gehirns, ein, der die übrigen motorischen Systeme des zentralen Nervensystems hemmt. Diese Hemmprozesse wirken sich u.a. in der Beeinträchtigung der Informationsaufnahme (Sinneswahrnehmung) sowie in einer langsameren Informationsweiterleitung und Informationsverarbeitung aus. Bemerkbar macht sich dies in einer sichtbaren Verschlechterung der Bewegungskoordination.

Wenn im Rahmen von Ausdauertraining natürlich in erster Linie die physische Ermüdung gesehen wird, sollte der Aspekt der psychischen Ermüdung nicht außer Acht gelassen werden. Beispielsweise sei hier an die Bewegungsmonotonie erinnert. Gerade im Leistungssport ist es nicht selten, dass die psychische Ermüdung vor der physischen (= muskulären) Ermüdung zur Abnahme der Leistung führt. Allerdings treten die Formen der Ermüdung nicht isoliert, sondern meist in Kombination auf, da die Ursachen für die Ermüdung unterschiedliche Wirkungsrichtungen haben.

Als mögliche Ermüdungsursachen sollten – im Hinblick auf die Zielsetzungen des Ausdauertrainings – festgehalten werden:

•  Verarmung der Energiereserven (z.B. Kreatinphosphat, Glykogen),

•  Anhäufung von Stoffwechselzwischen- und -endsubstanzen (z.B. Laktat, Harnstoff),

•  Hemmung der Enzymaktivität durch Übersäuerung oder Konzentrationsänderungen der Enzyme,

•  Elektrolytverschiebung (z.B. Kalium und Kalzium an der Zellmembran),

•  Verarmung von Hormonen bei ständig starker Beanspruchung (z.B. Adrenalin und Noradrenalin als Transmittersubstanzen, Dopamin im Zentralnervensystem),

•  Veränderung an Zellorganellen (z.B. Mitochondrien) und am Zellkern,

•  Hemmprozesse im Zentralnervensystem wegen monotoner Belastungen (Überforderung durch Unterforderung),

•  Regulationsänderungen im zellulären Bereich auf der Ebene einzelner Organ -systeme und bezüglich der integrierenden Steuerzentrale.

subjektive Zeichen der Ermüdung

objektiv erfassbare Zeichen der Ermüdung

 –  Augenflimmern

 –  Ohrensausen

 –  Atemnot

 –  Übelkeit

 –  Abgeschlagenheit

 –  Apathie gegen äußere Reize

 –  Muskelschmerz

 –  verminderte sportliche Leistung

 –  Nachlassen der Muskelkraft, verlängerte Refraktärzeit, Ansteigen der Reizschwelle, verminderte Reflexantworten, Muskelzittern, Koordinationsstörungen

 –  Elektrolytverschiebungen, Laktatanstieg, pH-Änderungen, Glykogenverarmung, Hormon-spiegeländerung u.a.

 –  Veränderung der Hirnstromaktivität (EEG)

 –  Leistungsminderung bei Arbeitsversuchen, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsminderung, Verschlechterung der Wahrnehmungsfähigkeit

Tabelle 5 Symptome der Ermüdung (abgeändert nach FINDEISEN et al. 1980, 242)

Aufgrund dieser Ermüdungsursachen zeigen sich subjektive und objektive Ermüdungssymptome (Tab. 5, S. 32), die für die Einschätzung bzw. Beurteilung des Ermü dungsgrades herangezogen werden. Zudem ist zu beobachten, dass trotz auftretender Ermüdung die Ermüdungsprozesse über einen gewissen Zeitraum mehr oder weniger kompensiert werden können. Folgende Faktoren beeinflussen die Höhe der Ermüdungsresistenz:

•  Ausgangslage (Trainingszustand, Alter, Gesundheitszustand, Geschlecht etc.),

•  die vorausgegangene Belastung (Dauer, Intensität, Trainingsform),

•  Einstellung des Athleten zur Belastung (Motivation, Interesse),

•  psychische Belastbarkeit.

Da der Trainingszustand und die Motivation eine starken Einfluss auf das End -ergebnis haben, ist ihnen eine übergeordnete Bedeutung bei der Feststellung des Abfalls der körperlichen Leistungsfähigkeit beizumessen.

Aufgaben der Ausdauer

Im sportlichen Geschehen hat Ausdauer verschiedene Aufgaben zu erfüllen. Die Eigen art der Sportart ist darin maßgeblich bestimmend. Von Bedeutung ist vor allem, ob zyklische oder azyklische Bewegungsabläufe, kontinuierliche oder intervallartige Belastungen, hohe oder niedrige Krafteinsätze bzw. Bewegungsgeschwindigkeiten vorliegen und ob hohe oder geringe Konzentration erforderlich ist. Unter diesem Blickwinkel wird wiederum deutlich, dass es eigentlich einen einheitlichen Ausdauerbegriff nicht geben kann, da die Spezifik der Belastung eben mehrere Ausprägungsformen (= Ausdauertypen) schafft.

Im Überblick lassen sich folgende Funktionen der Ausdauer herausstellen:

•  möglichst langes Aufrechterhalten einer optimalen Belastungsintensität über die vorgegebene Belastungsdauer (z.B. in vielen zyklischen Ausdauersportarten),

•  Geringhalten unumgänglicher Intensitätsverluste bei längeren Belastungen (z.B. bei Stundenläufen, Marathonläufen),

•  Erhöhung der Belastungsverträglichkeit bei umfangreichem Belastungspensum im Training und in Wettkämpfen, bei einer unbestimmten Vielzahl von Einzelhandlungen (z.B. Mehrkampf, Spielturnier, Kampfsportarten),

•  Beschleunigung der Wiederherstellung nach Belastung (in Training und Wettkampf),

•  Stabilisierung der sportlichen Technik und Konzentrationsfähigkeit bei technisch komplizierten...

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