Aktuelle Volkswirtschaftslehre 2014/2015

Aktuelle Volkswirtschaftslehre 2014/2015

von: Peter Eisenhut

Verlag Rüegger, 2014

ISBN: 9783725310234

Sprache: Deutsch

304 Seiten, Download: 15497 KB

 
Format:  EPUB

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Aktuelle Volkswirtschaftslehre 2014/2015



1 Womit beschäftigt sich die Volkswirtschaftslehre?

«Economics is making

best out of life»

(George Bernard Shaw)

1.1 Bedürfnisse, Güter und Produktionsfaktoren

Die Volkswirtschaftslehre beschäftigt sich zum Beispiel mit der Arbeitslosigkeit, der Kriminalität und der Strafe, der Inflation, den Zinssätzen, der Stimmbeteiligung bei Wahlen, den Mietpreisen, dem Heiratsverhalten junger Männer, den Staatsdefiziten, der Umweltverschmutzung und vielem mehr. Diese verschiedenartigen Beispiele machen es schwer, ein allgemeingültiges Kriterium dafür zu finden, womit sich die Volkswirtschaftslehre beschäftigt. Zumindest eines haben aber alle diese Beispiele gemeinsam: Volkswirtschaftslehre beschäftigt sich mit dem Problem der Knappheit. Knapp sein können dabei sehr viele unterschiedliche Dinge: Beschäftigungsmöglichkeiten, Einkommen, Güter, Geld, Zeit, Wohnungen, Liebe und Geborgenheit, Einnahmen, saubere Luft usw. Knappheit bringt das Verhältnis zwischen den verfügbaren Mitteln und den Bedürfnissen zum Ausdruck. Sie entsteht dadurch, dass wir von bestimmten Gütern mehr haben wollen, als uns davon zur Verfügung stehen. Deshalb versuchen wir durch Tausch jene Güter zu erhalten, die uns mehr wert sind als das, was wir dafür hergeben müssen.

Knappheit und Tausch spielen in der Volkswirtschaftslehre eine so grosse Rolle, dass man das gesamte Gebiet oft als die Lehre von «Entscheidungen bei Knappheit» oder als die Lehre vom Tausch bezeichnet.

Es ist also nicht nur der Gegenstand, sondern auch der Denkansatz, der die Volkswirtschaftslehre von anderen Sozialwissenschaften unterscheidet.

Bedürfnisse

Wir haben Knappheit als das Verhältnis zwischen den verfügbaren Mitteln und den Bedürfnissen definiert. Dabei fassen wir den Bedürfnisbegriff sehr weit und ziehen nicht nur die materiellen Bedürfnisse mit ein, sondern z. B. auch den Wunsch nach Macht, Ansehen, Sicherheit, Schönheit, Friede, Abwechslung und Selbstverwirklichung. Ökonomen gehen davon aus, dass die Bedürfnisse der Menschen unbegrenzt sind. Bedürfnisse können wir nach verschiedenen Merkmalen ordnen. So werden sie zum Beispiel von Maslow in Grundbedürfnisse, Sicherheitsbedürfnisse, soziale Bedürfnisse, Wertschätzungs­bedürfnisse und Selbstverwirklichungsbedürfnisse unterteilt. Der Mensch versucht, möglichst viele Wünsche aus den unterschiedlichen Ebenen gleichzeitig zu erfüllen.1

1 Statussymbole: Wenn ein Sportler nach dem Sieg Champagner verspritzt, statt zu trinken, wenn jemand einen Gelände­wagen für den Stadt­verkehr kauft oder einen van Gogh ersteigert, um ihn im Banktresor zu versenken, dann werden mit diesen Gütern andere Bedürfnisse (Statussymbole) befriedigt, als ihnen eigentlich zugedacht ist.

Abbildung 1.1 Die Bedürfnispyramide von Maslow

Güter

Im Gegensatz zu den Bedürfnissen sind die meisten Mittel zur Bedürfnisbefriedigung – die Güter – begrenzt. Falls sie von der Natur in so ausreichender Menge zur Verfügung gestellt werden, dass sie gratis sind, werden sie freie Güter genannt. Luft ist zum Beispiel in fast allen Situationen ein freies Gut. Im Normalfall aber sind zu wenig Güter vorhanden, um die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen; diese Güter nennen wir wirtschaftliche Güter. Weil sie eben knapp sind und begehrt werden, werden sie auch nachgefragt und erzielen einen Preis. Denken Sie eine Minute lang darüber nach, welche wirtschaftlichen Güter im Laufe eines Tages direkt Ihrer Bedürfnisbefriedigung dienen. Denken Sie dabei nicht nur an jene Güter, die Sie täglich kaufen (gegen Geld eintauschen) und verbrauchen (wie Trink- und Esswaren), sondern auch an jene, die Sie längere Zeit benutzen wie z. B. das Velo, das Handy, Bücher, Bilder, die Spielkonsole und Kleider. Diese Güter nennt man Konsumgüter.

Abbildung 1.2 Einteilung der Güter

Denken Sie – neben diesen Sachgütern – auch an die sogenannten Dienstleistungen wie z. B. an die Fahrt mit dem Zug, an die Unterrichtsstunden oder an die Studienberatung. Denken Sie nun auch noch an all jene Güter, die zur Herstellung Ihrer Konsumgüter erforderlich sind – man nennt diese Güter Investitionsgüter. An die Friteuse beispielsweise, in der Pommes frites zubereitet werden. An Landmaschinen, mit denen Felder gepflügt werden. An Lastwagen, die den Transport Ihrer Güter vom Produzenten zum Warenhaus übernehmen, und an die Gebäude, die zur Lagerung und für den Verkauf notwendig sind.

Produktionsfaktoren

Güter sind – in aller Regel – das Ergebnis eines Produktionsprozesses und dienen der Bedürfnisbefriedigung. Welche Mittel benötigt man für diesen Produktionsprozess? Bleiben wir beim Beispiel der Pommes frites. Für die Friteuse, in der sie zubereitet werden, müssen bestimmte Rohstoffe irgendwo aus der Erde gewonnen werden. Diese werden in Giessereien und anderen Fabriken mit teuren Maschinen weiterverarbeitet, anschliessend in Kaufhäuser transportiert und dort mehr oder weniger geschickt angepriesen. Ganz Ähnliches gilt natürlich auch für die Kartoffeln, den Hauptbestandteil der Pommes frites. Für sie braucht es einen Acker, es braucht die Arbeitskraft des Bauern, Landmaschinen, Werkzeuge und vieles mehr. Die gleichen Überlegungen gelten zudem für die Herstellung der Teller, für das Besteck und für die Serviette, mit der Sie die Ketchup-Reste entfernen. Stellen Sie sich auch die Energie vor, die verbraucht wird, um Ihnen die in einer Friteuse zubereiteten Pommes frites auf einem Teller, mit Besteck, Serviette und Ketchup servieren zu können. Natürlich wünschen Sie auch freundliches Servierpersonal und einen gut ausgebildeten Koch, damit die Pommes frites Ihren Ansprüchen entsprechen1.

Alle diese Mittel, die in der Produktion von Gütern eingesetzt werden, um ein Gut zu erzeugen, nennt man Produktionsfaktoren. Um ein Gut zu produzieren, braucht es Arbeit, natürliche Ressourcen, Kapital und Wissen2. Unter dem Produktionsfaktor Arbeit verstehen wir jede produktive Tätigkeit des Menschen. Natürliche Ressourcen benötigt man z. B. in der Form von Boden und Rohmaterial und Realkapital in der Form von Maschinen, Anlagen und Gebäuden. Als vierten Produktionsfaktor kann man das Wissen betrachten, welchem in Form des Humankapitals (Wissen, Können, Fähigkeiten und Fertigkeiten) und des technischen Fortschritts eine grosse Bedeutung zukommt. Damit etwas produziert werden kann, braucht es immer eine Kombination dieser vier Produktionsfaktoren. Mit ihrer Hilfe bäckt man den nationalen «Wohlstandskuchen». Die Qualität und die Quantität der Produktionsfaktoren ist für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes sehr bedeutungsvoll. Doch damit werden wir uns im Kapitel «Wachstum» näher beschäftigen.

1Sie werden die Pommes frites wohl kaum ohne Schnitzel und Salat geniessen. Wie wäre es mit ein bisschen Gemüse? Eine Cola gefällig? Ist es nicht erstaunlich, wie billig das alles zu haben ist, wenn Sie sich die gesamten dafür notwendigen Mittel vorstellen?

2 «The Pencil» Das wohl bekannteste Beispiel für die Komplexität eines Produktionsvorgangs stammt vom Starökonom Milton Friedmann (siehe YouTube).

Abbildung 1.3 Die Produktionsfaktoren

1.2 Arbeitsteilung, Tausch und Geld

Stellen Sie sich vor, Sie würden alle Güter, die Sie täglich konsumieren, selber produzieren. Verweilen Sie ein wenig bei dieser Vorstellung. Wie viele und welche Güter könnten Sie – ganz auf sich selbst gestellt – herstellen? Anders gefragt: Wie viele der von Ihnen täglich konsumierten Güter produzieren Sie selbst? Eines, zwei, vielleicht sogar zehn? Hoffentlich erstaunt Sie das Resultat dieser Gedanken, jedenfalls ist Ihnen bewusst geworden, dass wir ein Teil eines dichten Netzes sind, in welchem sich die einzelnen Individuen die Arbeit sehr weitgehend aufgeteilt und sich auf gewisse Tätigkeiten spezialisiert haben. Warum eigentlich?

Die Vorteile der Arbeitsteilung und der Spezialisierung sind offensichtlich: Jede Person und jedes Unternehmen spezialisieren sich auf die Erbringung jener Leistungen, für die sie wegen besonderer Fähigkeiten oder Veranlagungen geeignet sind. So bringen sie für sich und für die Gesellschaft den grössten Beitrag zum Wohlstand. Arbeitsteilung erhöht die Produktivität. Diese Vorteile macht man sich in der Berufsteilung zunutze: Besonders Kräftige werden Förster, Bauarbeiter, Fitnesstrainer oder Boxer, kreativ Begabte Künstler und besonders Unentwegte Volkswirtschafter; deshalb gibt es auch nicht «nur» Ärzte, sondern Hals- und ­Ohren-, Magen /Darm-, Augenärzte und andere Spezialisten. Nicht nur jeder Mensch, sondern auch jede Unternehmung und selbstverständlich auch die Natur nützen diese Vorteile der Spezialisierung: Blätter nehmen Licht auf, Stängel transportieren Wasser; Backenzähne kauen, Schneidezähne beissen, im Magen wird verdaut und so weiter. In den letzten Jahren hat sich die Arbeitsteilung vor allem internationalisiert. In der globalisierten Welt findet eine weltweite Arbeitsteilung und Spezialisierung statt.

Arbeitsteilung und Spezialisierung entschärfen das...

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