Die Natur im Spiegel der Wissenschaft: Sieben naturwissenschaftliche Essays

Die Natur im Spiegel der Wissenschaft: Sieben naturwissenschaftliche Essays

von: Karl Wulff

Diplomica Verlag GmbH, 2014

ISBN: 9783842846579

Sprache: Deutsch

119 Seiten, Download: 924 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Die Natur im Spiegel der Wissenschaft: Sieben naturwissenschaftliche Essays



Textprobe: Wahrung und Fortführung des griechischen Erbes in den arabischen Reichen: Durch die Übersetzung der Werke griechischer Autoren ins Arabische wurde im arabischen Imperium die rationale Philosophie begründet. Von besonderer Wichtigkeit waren dabei die Schriften des Aristoteles. Die arabisch-persischen Philosophen fühlten sich als die Erben des Aristoteles, obgleich sie in Wirklichkeit - ohne es zu merken - Neuplatoniker waren. Ihre ethischen, politischen und theologischen Lehren bezogen sie zumeist aus dem Mittelplatonismus. Zwei besonders wirksame Bücher der islamischen Epoche waren einmal 'Die Theologie des Aristoteles', eine Paraphrase der Kapitel IV bis VI der Enneaden des Neuplatonikers Plotin (204-270), und 'Das Buch des Aristoteles zur Darlegung der reinen Gutheit', das in der späteren lateinischen Version als Liber de causis bekannt wurde. Es basierte auf einer neuplatonischen Schrift des Proklos (410-485) mit dem Titel Elemente der Theologie. Es ist eine Zusammenfassung der Metaphysik des Aristoteles aus neuplatonischer Sicht, die mit neuplatonischen Gedanken abgerundet ist. Beide Werke entstanden offenbar auf Arabisch, da keine griechischen Zwischentexte bekannt sind. Die Überlieferung des reinen, von Neuplatonischem bereinigten Aristoteles verdanken wir dem andalusischen Gelehrten Ibn Rushd (lat. Averroes, 1126-1198), der mit seiner Aristoteles-Übersetzung und seinen Kommentaren für die Philosophie des europäischen Mittelalters prägend war. Die Gelehrten des arabischen Weltreichs waren in der Regel Universalgelehrte: Philosophen, Ärzte, Naturforscher und oft dazu noch Rechtsgelehrte. Al-Kindi, mit dem die rationale Philosophie im arabischen Imperium begann, war der einzige Araber unter den Philosophen. Einer der klarsten und kritischsten Denker seiner Zeit war der Perser ar-Razi (lat. Rhazes, 864-925 oder 932). Er entwickelte - im Gegensatz zu aristotelischem Ideengut - ein Konzept von absolutem Raum und absoluter Zeit, das dem der modernen Physik bereits sehr nahe kommt. Er war auch ein bedeutender Arzt. Seine medizinischen Werke, Liber Almansori und Liber continens, wurden später in Europa vielbenutzte Lehrbücher. Als Alchimist muß er ein fast modernes Chemielabor betrieben haben. Sein alchimistisches Hauptwerk mit dem Titel Geheimnis der Geheimnisse liest sich fast wie ein modernes Labor-Handbuch. Al-Farabi war türkischer Abstammung aus Transoxanien. Er war der erste bedeutende Neuplatoniker arabischer Sprache. Seine geistigen 'Schüler' sind der persische Philosoph Ibn Sina (lat.: Avicenna, ca. 980-1037), der Andalusier Ibn Rushd, der jüdische Philosoph Maimonides und die europäischen Scholastiker. Auch Ibn Sina war ein bedeutender Arzt. Sein Hauptwerk, das Kompendium der Medizin, war durch seine überragende Klarheit und Systematik, gepaart mit größtmöglicher Vollständigkeit, über Jahrhunderte das erfolgreichste Lehrbuch der Medizin, sowohl in der islamischen Welt als auch in Europa. Schwerpunkte wissenschaftlicher Tätigkeit in den arabischen Reichen lagen in der Astronomie, der Mathematik und in der Alchemie. In der Astronomie entwickelten die arabisch-schreibenden Gelehrten bereits von den Griechen erfundene Meßinstrumente, wie Astrolabium, Jakobstab, Armillarsphäre und Quadranten weiter. Bedeutende Observatorien wurden gebaut. Das ptolemaiische System wurde durch neuere und exaktere Messungen auf eine solidere Basis gestellt. In der Mathematik entwickelte Thabit ibn Qurra die Trigonometrie als eigenständigen Zweig der Mathematik, mit deren Hilfe astronomische Berechnungen vereinfacht wurden. Praktische und für die tägliche Religionsausübung im Islam wichtige Fragen konnten mit der Astronomie gelöst werden: Die Festlegung der Gebetsrichtung nach Mekka in der örtlichen Moschee, die Datierung der Feiertage und die Festlegung der täglichen Gebetszeiten. Dafür hatte jede Moschee ihren Astronomen, den Muwaqqit, von denen einige bedeutende Wissenschaftler waren. Die Kritik am ptolemaiischen System häufte sich im Laufe der Zeit, allerdings ohne daß eine echte Alternative gefunden wurde. Im 9. Jh. erschien das erste Lehrbuch der Arithmetik unter Verwendung indischer Zahlen. Vom verballhornten lateinischen Namen seines Autors, al-Khwarizmi, leitet sich unser Begriff 'Algorithmus' her; aus dem Titel eines weiteren Werkes des gleichen Autors unser Begriff 'Algebra'. Die Alchimisten der arabischen Ära vereinigten alchimistisches Wissen des spätantiken Alexandria mit aus China übernommenen Kenntnissen. Damit lieferten sie die Basis für die Weiterentwicklung der Alchemie in Europa. Hier kommt, neben dem Gabir-Corpus, dem Universalgelehrten ar-Razi eine besondere Bedeutung zu. Namen, wie Alkohol, Anilin, Alkali, Natron, Amalgam, Borax, Zucker, Sirup, Naphtha, Benzin und Benzol, um nur einige zu nennen, sind arabischen Ursprungs. Sie dokumentieren mehr als lange Ausführungen, welche Bedeutung die arabische Alchemie für Europa hatte. Als Arzt untersuchte ar-Razi bereits systematisch die Wirksamkeit von Heilverfahren, in der Art wie heute eine Klinische Studie durchgeführt wird, indem er ein Patientenkollektiv teilte, die eine Hälfte behandelte und die andere nicht. Ein bedeutender Wissenschaftler war auch Ibn al-Haytham (lat. Alhazen, 965-1040), der meist im ägyptischen Fatimidenreich wirkte. Er war der erste Gelehrte, der den Begriff 'Experiment' (arab. i'tibar) als Methode zum Erkenntnisgewinn einführte. Er ist der Vater der Strahlenoptik. Er betrachtete Licht als aus Strahlen zusammengesetzt, unterschied zwischen primären und sekundären Lichtquellen. Er schloß, daß Farbigkeit an Licht gebunden ist. Bücher waren in islamischer Zeit immer noch Manuskripte. Wichtig war aus islamischer Sicht nicht nur der Inhalt eines überlieferten Manuskripts sondern auch die lückenlos dokumentierte Überlieferungskette. Die 'Veröffentlichung' eines Buches wurde dadurch vollzogen, daß der Autor das Buch einem Kreis von Zuhörern diktierte, einer von diesen das Ganze noch einmal aus seinem Script vorlas, der Autor noch Verbesserungen vornahm und dann alle Exemplare seiner Schüler signierte. Ähnlich wurden später Werke eines verstorbenen Verfassers unter Aufsicht eines Fachgelehrten vervielfältigt. Vor diesem Hintergrund lehnten Muslime seit jeher den Buchdruck ab. Auch galt der Buchdruck bei ihnen fälschlicherweise als eine Erfindung der europäischen 'Ungläubigen'. Das hatte zur Folge, daß z.B. der erste in arabischer Schrift gedruckte Koran 1530 in Venedig erschien und nicht im Orient. Buch- und Zeitungsdruck setzte sich im Nahen Osten erst im Laufe des 19. Jh. durch. Trotz dieser mühevollen Buchvervielfältigung hatte die arabisch/islamische Kultur des Mittelalters ein hochentwickeltes Buch- und Bibliothekswesen. Die Palastbibliotheken der Kalifen hatten legendäre Ausmaße mit Buchbeständen von einer halben Million Büchern. Daneben gab es umfangreiche Bibliotheken reicher Privatleute und vor allem ein System von öffentlichen Bibliotheken, die den Moscheen und Madrasen angegliedert waren.

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