Der Traum von der jungen Figur - Ess-Störungen in der Lebensmitte

Der Traum von der jungen Figur - Ess-Störungen in der Lebensmitte

von: Kathrin Seyfahrt

Kösel-Verlag, 2003

ISBN: 9783466306374

Sprache: Deutsch

161 Seiten, Download: 1200 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Der Traum von der jungen Figur - Ess-Störungen in der Lebensmitte



»Es ist gut, wenn man den Wunsch über Bord wirft, das Leben seiner Umgebung leben zu wollen.«

Liv Ullman


WIE GLÜCKLICH MACHT DÜNNSEIN? (S. 22-23)

Nahrungsmittel sind in unseren Breitengraden im Überfluss vorhanden. Regale in den Supermärkten quellen förmlich über. Gleichzeitig konfrontieren uns die Medien ständig mit Leitbildern von Schlankheit und Schönheit. Wir bekommen Ratschläge auf allen Kanälen über vernünftige Ernährung (was auch immer sich dahinter verbergen mag) und wie wir abnehmen und somit auch glücklich sein können.

Petra, 53 Jahre: »Dünn sein um jeden Preis«

»Ich hatte damals eine Arbeitskollegin, sie war gertenschlank und hatte für meine Begriffe eine Superfigur, um die ich sie sehr beneidet habe. Ich war nicht gerade dick, fand mich aber zu pummelig. Einmal im Jahr – meistens im Frühling – machte ich eine Brigitte-Diät, bei der ich auch regelmäßig zwei bis drei Kilo abspeckte. Leider waren die Pfunde spätestens mit Ende des Sommers wieder oben, denn bei Eiskaffee oder Erdbeerkuchen mit Sahne konnte ich selten widerstehen. Ungefähr ab meinem 40. Lebensjahr setzte ich Rettungsringe an Bauch, Hüften und Po an, die ich auch durch meine alljährliche Frühjahrskur nicht mehr wegbrachte.

Seit drei Jahren bin ich im Wechsel und meine Figur hat sich noch mal, wie ich finde, sehr unvorteilhaft verändert. Im letzten Sommer passten mir kaum noch meine Vorjahrsklamotten. Ich hätte heulen können. Ich beschloss die nächste Diät zu machen. Um schneller ein paar Pfunde purzeln zu sehen, kaufte ich mir in der Apotheke für teures Geld so genannte Formula-Diäten: dreimal täglich ein Beutel Pulver, aufgelöst in Wasser mit Geschmacksrichtung Schoko oder Vanille.

Ich bildete mir ein, dass es schmeckt. In Wahrheit schmeckte es wie Mörtel von den Wänden gekratzt. Sehnsüchtig blätterte ich die Rezeptseiten in Illustrierten durch. Ich träumte von dem Moment, auch wieder einen Teller Nudeln oder eine Pizza essen zu dürfen. Nach drei Wochen Pulverkost hatte ich ganze drei Pfund verloren. Ich war völlig frustriert und todunglücklich. Das verstärkte sich auch noch, als ich eines Tages zufällig meine damalige Arbeitskollegin auf der Straße traf. Sie war älter geworden, ja, aber sie wirkte immer noch jugendlich und: Sie war noch immer so gertenschlank wie damals. Ich wollte wissen, wie sie das schafft.

Ob sie denn nie etwas essen würde. Natürlich würde sie essen, sehr viel sogar, aber es gäbe doch eine praktische Methode: Finger in den Hals. Ich schluckte bei der Vorstellung und mich überkam ein leichtes Ekelgefühl. Behielt meine Kollegin auf diese Weise ihr tolles Aussehen, ihre schlanke Figur? War das das Geheimnis?

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