Sexualität in Paarbeziehungen

Sexualität in Paarbeziehungen

von: Kirsten von Sydow, Andrea Seiferth

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2015

ISBN: 9783840916441

Sprache: Deutsch

250 Seiten, Download: 1786 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Sexualität in Paarbeziehungen



2 Sexuelle Entwicklungen in heterosexuellen Beziehungen (S. 5-6)

2.1 Der Entwicklungsverlauf über die gesamte Beziehungsdauer

Die Forschung konzentriert sich auf die Frage, wie oft Ehepaare durchschnittlich Geschlechtsverkehr haben. Über alles andere weiß man nur wenig.

2.1.1 Die Bedeutung von Zärtlichkeit und Sexualität

Sex ist für die meisten Menschen die meiste Zeit hindurch weniger bedeutsam als die Medien suggerieren: Nur ein Viertel der Deutschen (33 % der Männer, 20 % der Frauen) würde sich grundlegend daran stören, „wenn mein Partner keinen Sex mehr haben will“. Ernstere Probleme wären es, wenn der „Partner die Kinder schlecht behandelte“ (für 68 %), „sich nicht mehr um sein Äußeres kümmerte“ (für 50 %) oder die ganze Zeit vor dem Computer verbrächte (für 46 %; EMNID-Institut, 2011).

Sehr wichtig sind aus Sicht der deutschen Bevölkerung bei einem Partner oder einer Partnerin Attribute wie „Ehrlichkeit“, „Treue“, Wärme/Herzlichkeit“, „gute Mutter/guter Vater“ oder „Natürlichkeit“. Frauen nennen sexuelle Attraktivität erst auf Platz 10 (32 %), Männer auf Platz 6 (51 %; ohne Namen, 2012b). Auch als Motiv für das Scheitern von Beziehungen und Ehen spielt Sexuelles eine weniger wichtige Rolle. Bedeutsamer sind „die Partner haben sich auseinanderentwickelt“ (55 %), Alltagsroutine und Langeweile (45 %), finanzielle Konflikte (41 %) – erst dann folgt „ein Seitensprung“ (37 %), gefolgt von zu großer Karriereorientierung eines Partners (29 %), Konflikte über Kindererziehung (20 %), ein unbefriedigendes Sexualleben (19 %) und Streit über Hausarbeit (17 %; ohne Namen, 2008). Nach Einschätzung der 16- bis 69-jährigen Deutschen machen vor allem Gesundheit (76 %) und – für über 60 % – eine glückliche Partnerschaft/Ehe, eine Familie oder Menschen, die einen lieben, glücklich. Dagegen spielten „viel Geld haben“, beruflicher Erfolg oder „ein erfülltes Sexleben“ eine weitaus geringere Rolle (Merten, 2007, S. 102).

Da seriöse Studien zum Thema nicht vorliegen, wollen wir nur kurz methodisch fragwürdige Studien erwähnen, laut denen Frauen dem Sex manchmal TV-Romanzen (35 %), Schokolade (23 %), Schaumbäder (19 %) oder Sport (17 %) vorziehen (GEWIS-Umfrage für die Zeitschrift Für Sie; Umfrage: Frauen würden eher …, 2006). Für Männer oft reizvoller als Sex mit ihrer Partnerin seien Fußballspiele (62 %; zitiert nach Hamburger Morgenpost, 30. 05. 2008) oder neue Computerspiele (für 72 %).

Für die Mehrheit der Erwachsenen in Deutschland (60 %) sind Küsse, Zärtlichkeiten und Petting das wichtigste Element ihres Sexuallebens. Geschlechtsverkehr rangiert erst an zweiter Stelle (37 %; Kluge & Sonnenmoser, 2002). Die Bedeutung von Sexualität nimmt mit zunehmender Beziehungsdauer stärker ab als die von Zärtlichkeit: Während bei drei Viertel der glücklichen Paare Ende 20 Sex wichtig ist, und das auch für glückliche Paare in den Vierzigern gilt, spielt dieses Thema für glückliche Paare mit Mitte 60 nur noch eine geringe Rolle, während emotionale Sicherheit und Loyalität an Bedeutung gewonnen haben (Reedy et al., 1981). Zärtlichkeit war in den ersten Ehejahren für 63 % wichtig und ist bei 44 % auch in reiferen Jahren nach wie vor bedeutsam (Sydow, 1993).

2.1.2 Erotische Fantasien, erotisches (Des-)Interesse und Motive für sexuelle Aktivität

Die meisten Menschen sind lebenslang interessiert an Zärtlichkeit. Die Schweizer Bevölkerung ist zwischen 45 bis 69 Jahren jedenfalls fast durchweg interessiert an Zärtlichkeit (Streicheln, in den Arm nehmen, Küssen; 98 bis 100 %), nur in der Gruppe ab 70 Jahren ist das weibliche Interesse etwas geringer (bei rund 80 % vorhanden) als das männliche (rund 95 %; Bucher et al., 2001). Interessiert an Petting sind rund 90 % der Männer ab 45 Jahren und noch 75 % der 75- bis 91-jährigen Männer. Bei den Frauen sind 65 bis 94 % ab 45 Jahren interessiert an Petting, allerdings nur noch 35 % der Frauen ab 75 Jahren. Geschlechtsverkehr wünschen sich fast 100 % der unter 70-jährigen Männer und ca. 85 % der gleichaltrigen Frauen (Bucher et al., 2001).

Das sexuelle Interesse von Männern wie auch Frauen nimmt mit zunehmender Partnerschaftsdauer und zunehmendem Alter ab, wobei das männliche Interesse anfangs höher ist – insbesondere das Interesse an koitaler Aktivität – und das weibliche Interesse etwas stärker und früher abzunehmen scheint (Beutel, Stöbel-Richter & Brähler, 2008). Die Zustimmung zum Item „Sex interessiert mich nicht sehr“ steigt mit zunehmendem Alter an von 3 % bei 20- bis 29-jährigen Partnern auf 27 % bei den über 60-jährigen (Trudel, 2002). Diskrepantes sexuelles Interesse ist bei Paaren weit verbreitet.

Ein Indikator sexuellen Interesses sind sexuelle Fantasien. Diese werden von knapp drei Viertel aller Partner (69 % Frauen, 76 % Männer) berichtet (Trudel, 2002). Zu den verbreitesten sexuellen Fantasien gehören solche von anderen Partnern bzw. Partnerinnen bzw. einer Affäre mit einer anderen Person (34 %). Ein Viertel der befragten Frauen und Männer träumen von erotischen Abenteuern mit Prominenten wie z. B. Pamela Anderson oder George Clooney.

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