Diagnostik im Vorschulalter

Diagnostik im Vorschulalter

von: Günter Esser, Marcus Hasselhorn, Wolfgang Schneider

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2015

ISBN: 9783840926426

Sprache: Deutsch

194 Seiten, Download: 1901 KB

 
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Diagnostik im Vorschulalter



Kapitel 2 Gütemerkmale von 21 Sprachstandsverfahren im Elementarbereich (S. 19-20)

Uwe Neugebauer und Michael Becker-Mrotzek

Zusammenfassung

Der Beitrag berichtet aus einer Untersuchung der Qualität von 21 Sprachstandsverfahren im Elementarbereich anhand von 32 Merkmalen, von denen hier sieben vorgestellt werden: die prognostische Validität, die Objektivität und Reliabilität, die Normierung, Auswahlfehler, die Spezifität der Diagnostik sowie der Umgang mit Mehrsprachigkeit.

In allen sieben Merkmalen unterscheiden sich die Verfahren erheblich. Die prognostische Validität ist für 16 Verfahren unbekannt, bei drei Verfahren ausreichend nachgewiesen und nur für ein Verfahren über den längsschnittlichen Vergleich mit den Leistungen in der dritten Klasse bestimmt worden. Ähnliches gilt für die Objektivität. Während für 20 Verfahren Manuale vorliegen, ist die tatsächlich damit erreichte Objektivität in 10 Fällen nicht ermittelt worden. Wenn sie ermittelt wurde, ergeben sich zumeist, aber nicht immer, ausreichende Kennwerte. Hierbei zeigt sich u.?a., dass Beobachtungen eine deutlich niedrigere Objektivität als Testaufgaben aufweisen. Die Messgenauigkeit wurde für 15 der 21 Verfahren mitgeteilt, allerdings wurde bei 13 Verfahren die interne Konsistenz ermittelt, während die Bestimmung über eine Messwiederholung als geeigneterer Ansatz nur in zwei Fällen erfolgte. Im Mittelwert beträgt die mit Cronbachs Alpha ermittelte Messgenauigkeit .77, während sie als Retest-Reliabilität mit .62 deutlich niedriger liegt. Bei der Normierung setzen sich diese methodischen Qualitätsunterschiede weiter fort: Bei neun Verfahren sind die Normierungsstichproben im Umfang „unbekannt“ oder deutlich zu klein, zusätzlich fehlen für neun Verfahren klare Angaben, wie die Normierungsstichprobe erhoben wurde, was eine Einschätzung ihrer Repräsentativität erschwert.

2.1 Einleitung

Für den Altersbereich zwischen drei und sechs Jahren existiert eine Vielzahl von Beobachtungs- und Testverfahren zur Einschätzung der Sprachentwicklung. Bisherige Überblicksdarstellungen sind von nur begrenzter Aussagekraft, weil entweder Bewertungen vorgenommen werden, ohne die Grundlage zu explizieren (vgl. z. B. Fried, 2004, S.?23: „Die errechneten Reliabilitätskennwerte sind zufriedenstellend“), oder unter einer fokussierten Fragestellung nur eine Auswahl von Testverfahren exemplarisch vorgestellt wird (Hasselhorn, Schneider & Marx, 2000), ohne eine komparative Übersicht und Bewertung ihrer Qualität zu ermöglichen.

Systematische Bewertungsraster für Sprachstandsverfahren im Elementarbereich sind im deutschsprachigen Raum z.?B. durch Kany und Schöler (2010), Redder et al. (2011), Kurzwernhart (2009) oder auch Kiese-Himmel und Rosenfeld (2012) entwickelt und eingesetzt worden, im US-amerikanischen Raum liegen Ansätze z. B. durch Plante und Vance (1995) wie auch Law et al. (2000a, 2000b) vor. Während Kany und Schöler (2010) die Verfahren hinsichtlich ihrer Eignung für Kinder mit Spracherwerbsstörungen oder mehrsprachige Kinder betrachten, umfasst das Bewertungsraster von Kiese-Himmel und Rosenfeld (2012) insgesamt 15 Kategorien zur Bewertung der Qualität eines Verfahrens. Es enthält allerdings keine Angaben, ab wann ein Merkmal als erfüllt bewertet wird. Die 15 berücksichtigten Kategorien waren u.?a. Angaben zur Objektivität, zu den unterschiedlichen Formen der Reliabilität, Validität, zur Durchführungsdauer sowie den berücksichtigten sprachlichen Dimensionen.

Es besteht ein Desiderat in Bezug auf die Frage, wie man beurteilen kann, ob ein Verfahren den Sprachstand eines Kindes angemessen erfasst. Es muss u.?a. die relevanten sprachlichen Aspekte merkmalssatt, messgenau und objektiv ermitteln. Es muss aber auch ökonomisch für den Kita-Alltag nutzbar sein und es darf die Konzentrationsspanne der Kinder nicht überfordern. Und wie wird überhaupt begründet, welche Kinder einen Förderbedarf aufweisen? In diesem Artikel werden die Ausprägungsgrade solcher Qualitätsmerkmale bei Sprachstandsverfahren vorgestellt.

2.1.1 Auswahl der Verfahren

Für die Analyse wurden 21 Verfahren betrachtet und die Bewertungen, nicht aber die hier referierten Daten, publiziert (Neugebauer & Becker-Mrotzek, 2014). Das Auswahlkriterium bestand darin, dass es im Jahr 2013 in dem jeweiligen Bundesland für die Entscheidung des Förderbedarfes genutzt wurde. Da etwa in Bayern je nach Zielgruppe unterschiedliche Verfahren eingesetzt werden, führte diese Abfrage zu 20 Verfahren. Zusätzlich kann in Baden-Württemberg optional LiSe-DaZ (Schulz & Tracy, 2012, vgl. Quellennachweis 33) verwendet werden, weshalb dieses zusätzlich einbezogen wurde. Bei den Verfahren handelt es sich nicht nur um rein sprachbezogene Verfahren, sondern auch um allgemeine Entwicklungs„ tests“ (z.?B. DESK 3-6 und SISMIK).

Die Angaben zu jedem Verfahren wurden mit einem einheitlichen Beschreibungsbogen für jedes Verfahren systematisch zusammengetragen und dann den Testentwicklern und den Verantwortlichen in den Bundesländern zur Korrektur, Ergänzung und Kommentierung vorgelegt. Nahezu immer wurde diese Möglichkeit in Anspruch genommen.

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