Hobbyweinbau - Anbau, Pflege, Weinbereitung

Hobbyweinbau - Anbau, Pflege, Weinbereitung

von: Harald Bocker

Echino Media Verlag, 2015

ISBN: 9783937107325

Sprache: Deutsch

174 Seiten, Download: 10334 KB

 
Format:  EPUB

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Hobbyweinbau - Anbau, Pflege, Weinbereitung



1 Geschichte


1.1 Entwicklung des Weinbaus


Die Herkunft der Wein-Reben und die fühesten Anfänge des Weinanbaus liegen noch im Dunkeln. Dennoch lässt sich anhand von bis zu 70 Millionen Jahre alten fossilen Abdrücken von Rebblättern und Rebkernen, die aus dem Übergang der Kreidezeit zum Tertiär stammen, nachweisen, dass bereits zu so erdgeschichtlich frühen Zeiten Weinrebengewächse existierten. Sie standen demnach nicht nur in Gebieten des heutigen Europa und Westasiens, sondern auch in Alaska, Grönland und Island. Durch die nachfolgenden Eiszeiten wurden solche wildwachsenden Weinreben vollständig aus ihren tertiären Standorten verdrängt. Es verblieben nur Restflächen, die den heutigen Landgebieten Frankreichs, Italiens und Süddeutschlands zuzuordnen sind. Die gefundenen fossilen Reste stammen von der Wildrebe (Vitis vinifera ssp. sylvestris), die noch heute vereinzelt an geschützten Standorten in Auwäldern der oberrheinischen Tiefebene, in deutlich dichteren Beständen jedoch im Mittelmeer- und Schwarzmeergebiet anzutreffen ist. Die Wildrebe ist hauptsächlich an feuchten Standorten zu finden. Sie rankt dort an Bäumen empor und hat verhältnismäßig kleine, blaufarbige Beeren, die einen widerlichen, betont säuerlich-herben Geschmack besitzen. Diese Wildrebe ist nicht identisch mit dem bekannten, an Hauswänden emporrankenden sogenannten Wilden Wein der Gattungen Parthenocissus (Jungfernrebe, s. Abb. 1.1) und Ampelopsis (Doldenrebe).

Abb. 1.1: Parthenocissus-Rebe mit Haftlappen, die der Pflanze auch an glatten Wänden das Emporranken ohne Unterstützung ermöglicht.

Zu dieser frühen Zeitepoche stieß aus dem armenisch-südkaspischen Raum, ebenfalls ein eiszeitliches Rückzugsgebiet, die als Vitis vinifera ssp. caucasica bezeichnete weitere Wildrebenart in die umliegenden Gebiete vor. Diese als Kaukasus-Rebe bekannte Wildform bevorzugt im Gegensatz zu der bereits genannten Waldrebe trockene Standorte.

Gegenwärtig herrscht die Meinung vor, dass von diesen beiden Wildrebenarten und weiteren, überwiegend asiatischen Wildreben unsere heutigen, der Art Vitis vinifera ssp. sativa zugeordneten Edelrebensorten abstammen. Sie wurden im Verlaufe der Jahrhunderte durch Selektion, d. h. Auslese von Weinbeeren und Aussäen von deren Rebkernen, Bewurzeln von selektierten Reben oder durch Kreuzungen erhalten.

Aus vorgeschichtlichen Zeiten sind keine Angaben über einen gezielten Anbau von Weinreben bekannt geworden. Es ist daher anzunehmen, dass die damaligen als Jäger und Nomaden lebenden Menschen die Beeren der lianenartig wachsenden Wildreben gesammelt und verwertet haben. Ein geregelter Anbau von Weinreben wurde erst möglich, nachdem sich sesshafte Ackerbauvölker herausgebildet hatten.

Die frühzeitlichen Menschen bereiteten bereits berauschende Getränke durch spontanes Vergären von zuckerhaltigen Pflanzen- und Tierprodukten, wie süßen Früchten, Pflanzensprossen, Honig und Milch. Hierbei ist die Verwendung von Beeren der Wildreben nicht auszuschließen.

Der aus dem Gebiet um Damaskus stammende Fund einer Weinkelter aus dem 6. Jahrtausend v. Chr. gilt als das älteste Zeichen einer Aufbereitung von gelesenen Weintrauben sowie deren Abpressen und somit auch der Weinbereitung. Noch umfassender sind jedoch die Funde über die Rebkultur südlich des Kaukasus, wo bereits 3000 Jahre v. Chr. ausgedehnte Anlagen von ertragsfähigen Weinreben beschrieben werden. Zu gleicher Zeit sollen auch innerhalb des „Fruchtbaren Halbmondes“, hierunter sind die Gebiete von Mesopotamien, Syrien, Israel, Palästina und Ägypten zu verstehen, größere Ländereien mit Wildreben bewachsen gewesen sein. Von diesen Gebieten aus hat sich die Rebkultur über Persien und Griechenland sowie Italien, die Iberische Halbinsel und Frankreich schließlich bis nach Deutschland ausgedehnt. Dieses Vorrücken des Rebanbaus wird auch durch die sprachliche Wandlung des Weinbegriffes von der armenischen Bezeichnung „voino“ in andere Zweige der indogermanischen Sprachfamilie, wie „oenos – vinum – vin – Wein“ verdeutlicht. Ein zweiter Wanderzug der Weinreben-Kultur ging ebenfalls von Griechenland aus. Die Griechen pflanzten Weinreben im Gebiet um das Schwarze Meer. Von dort gelangte der Weinanbau über die Balkanländer durch Ungarn und Österreich ebenfalls bis nach Deutschland.

Diese frühzeitliche Entwicklung der Rebkultur hat mehrere, noch bis heute erhaltene Spuren hinterlassen. Alte Weinkeller und in Fels gehauene Kelterwannen zeugen im heutigen Israel von der dortigen, inzwischen dreitausendjährigen Weinkultur. Die im Zeitraum von 2350 bis 1350 v. Chr. Im Zweistromland Mesopotanien lebenden Summerer und Akkader betrieben in den heute größtenteils zu den Staaten Syrien und Irak gehörenden Gebieten einen ausgedehnten Rebenanbau (SELZ, 2005). Dieser wird in einer aus der Zeit um 2000 v. Chr. stammenden Keilschrift angegeben.

Das Seefahrervolk der Phönizier unterhielt schon vor 2000 v. Chr. einen schwunghaften Weinhandel und brachte gleichzeitig Weinpflanzen aus den vorderasiatischen Gebieten in das Land der Griechen und später in die an das Mittelmeer angrenzenden Länder, insbesondere Marokko und Spanien. In Griechenland entwickelte sich die Weinkultur zu hoher Blüte, wie beispielsweise aus den berühmten Dichtungen „Ilias“ und „Odyssee“ von HOMER (8. Jh. v. Chr.) und den bewundernswerten hellenischen Kunstwerken zu erkennen ist.

Abb. 1.2: Malerei aus dem Grab der Nacht, 15. Jh. v. Chr. Tal der Könige, Theben. Weinlese und Treten der Trauben in einem aufgemauerten Trog zur Mostgewinnung.

In mehreren Gebieten des Römischen Imperiums entwickelten sich der Weinbau und der Umgang mit dem Wein zu hoher Blüte, was sich in vielfältiger Weise im Kulturleben widerspiegelte. In ihren Werken verherrlichten bekannte römische Dichter wie VERGIL, OVID und HORAZ die Reben und den Wein. In den Jahrhunderten um die Zeitenwende erschienene landwirtschaftliche Fachbücher verschiedener römischer Autoren gestatten erstaunlich detaillierte Einblicke in den damaligen Wissensstand über die Technik des Anbaus von Weinreben, die Weinbereitung sowie den Umgang und Handel mit Wein. Diese belehrenden Schriften bestimmten bis in das 18. Jahrhundert das fachliche Wissen in den Weinbau treibenden Ländern. Teile solcher Lehrbücher von COLUMELL A (1. Jh. v. Chr.) und PALLADIUS (3. Jh. v. Chr.) sind als interessante Anregungen für die heutige Weinbaupraxis in deutscher Übersetzung erschienen.

Diese weinbaulichen und kellertechnischen Kenntnisse nutzten auch die vom römischen Kaiser PROBUS im Jahre 261 n. Chr. im Tale der Mosel als Weinbauern angesiedelten Kriegsveteranen. Von diesem ersten Weinbaugebiet auf deutschem Boden sowie von den unter römischer Besatzung stehenden süddeutschen Gebieten breitete sich mit der Christianisierung der Weinbau in Richtung Osten auf weitere deutsche Gebiete aus. Eine wesentliche Rolle spielten hierbei die sich gründenden Klöster. Die Klöster benötigten für rituelle Zwecke naturreinen Wein, vinum de vite. Dessen Bereitung muss auch heute noch nach kontrollierbaren Regeln erfolgen. Die damaligen ungünstigen Transportverhältnisse verhinderten es häufig, einen solchen Wein aus den westlicheren Weinbau-Ländern zu beziehen. Daher waren die Klöster gezwungen, in unmittelbarer Nähe selbst Reben anzupflanzen und die geernteten Trauben zu Wein zu verarbeiten. Solche alten Klosterweinberge sind heute noch vielerorts anzutreffen. Unter den Mönchsorden haben sich hierbei die aus Frankreich nach Deutschland gekommenen Zisterzienser besondere Verdienste erworben.

Abb. 1.3: Lese am Spalier. Aus: Petrus de Crescentiis, Opus ruralium commodorum libri XII, Speyer 1493.

In der Zeit der Karolinger und in den folgenden Jahrhunderten verbreitete sich der Weinbau in Deutschland unter führender Beteiligung des Adels und später zunehmend auch der Bürger. Hierzu wurden auch für den Rebanbau klimatisch ungünstige Gebiete, wie Schleswig-Holstein, Mecklenburg, Pommern und Schlesien genutzt. Der Deutsche Ritterorden führte sogar die Reben in West- und Ostpreußen ein. Der Wein war damals das vorherrschende Getränk. Der aus solchen nördlichen Gebieten stammende Wein wurde zur besseren geschmacklichen Beschaffenheit mit bestimmten Würzkräutern und Honig versetzt. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts hatte der Weinbau in den deutschen Gebieten eine Ausdehnung von etwa 350.000 ha. Der damalige jährliche Weinverbrauch je Einwohner wurde auf etwa 150 l geschätzt.

Abb. 1.4: Vier Arten des Rebanbaus - am Baum rankend, am Pfahl, am Laubengang und als vinea camerata. Aus: Vergil, Georgica II, Straßburg 1502.

Durch die Säkularisation von Klöstern als eine Folge der Reformation, die Wirren des Dreißigjährigen Krieges und späterer Kriege, die Umstellung in der...

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