Bevor der Stress uns scheidet - Resilienz in der Partnerschaft

Was jeder Partnerschaft zusetzt (S. 31-32)

Wie bei der Pflanze wissen wir auch bei der Liebe nicht, ob sie ein zufälliges Produkt der Evolution ist und warum sie blüht und wächst. Die Botanik lehrt uns jedoch sehr viel darüber, wie wir die Pflanze am Leben erhalten können, was es braucht, damit sie gedeihen kann, und was wir tun müssen, damit sie ihre Pracht auch längerfristig entfalten kann. Analog verhält es sich mit der Liebe. Auch wenn die Wissenschaft bis heute nicht weiß, wie die Liebe entsteht und wohin sie wieder geht, wissen wir einiges darüber, warum die Liebe zugrunde geht und wie man sie pflegen kann. Die folgenden Gründe spielen beim Zerfall der Liebe eine wichtige Rolle und sie werden unter Stress verstärkt:

• Je länger ein Paar zusammen ist, desto mehr wird die Beziehung alltäglich. Die zu Beginn vorherrschende Faszination und Attraktivität geht verloren (Verstärkererosion durch Habituation).
• Viele Paare gehen mit überhöhten oder unrealistischen Erwartungen in die Partnerschaft und versprechen sich von ihr die Erfüllung aller Wünsche und Bedürfnisse.
• In der Enttäuschung dieser Erwartungen beginnen sie, den Partner abzuwerten und sein Verhalten negativ zu interpretieren.
• Viele verlieren den Willen, in die Beziehung zu investieren, und konzentrieren sich stärker auf sich selbst, die eigenen Bedürfnisse, die zu kurz kommen, die eigenen Wünsche, die nicht erfüllt wurden, und die eigenen Ziele, die es im Leben zu erreichen gilt.
• Im Alltagsstress kommt die Pflege der Liebe zu kurz, man nimmt sich zu wenig Zeit für die Beziehung und lässt es geschehen, dass stressbedingte Negativität (Streit, Unachtsamkeit, Vernachlässigung, Gleichgültigkeit) Einzug hält und die Beziehung zu unterhöhlen beginnt.
• Viele kämpfen zu wenig um die Liebe, werfen sie weg, wie man heute vieles wegwirft, was nicht mehr den Bedürfnissen entspricht oder seinen ursprünglichen Glanz verloren hat.

Gehen wir im Folgenden den einzelnen Punkten noch etwas genauer nach.

Verlorene Würze

Neuartiges ist in aller Regel aufregend, stimulierend und faszinierend. Altbewährtes hat dagegen oft den Beigeschmack des Abgestandenen, Bekannten und Langweiligen. Dies ist mit allem so – quasi ein universelles Gesetz. So verhält es sich mit Informationen, Orten, Gegenständen, aber eben auch Menschen. Und das gilt für Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Man spielt nicht immer mit den gleichen Spielsachen, liest nicht immer dasselbe Buch, geht nicht immer ins gleiche Restaurant. Man sehnt sich nach Abwechslung, Neuerung und Entdeckungen.

Die Ehe ist eine der seltenen Konstellationen, wo erwartet wird, dass man immer mit demselben Menschen Spaß haben sollte – und dies ein Leben lang.

Je häufiger man etwas hat oder tut, desto mehr verliert es seinen Reiz. Nehmen wir als Beispiel das Lieblingsessen einer Person.