Der Urknall - Anfang und Zukunft des Universums

Der Urknall - Anfang und Zukunft des Universums

von: Hans-Joachim Blome, Harald Zaun

Verlag C.H.Beck, 2015

ISBN: 9783406684173

Sprache: Deutsch

128 Seiten, Download: 4089 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: geeignet für alle DRM-fähigen eReader geeignet für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Der Urknall - Anfang und Zukunft des Universums



III. Materie


All things are made of atoms and the stars are made of atoms of the same kind as those on earth. (Richard Feynman)

1. Struktur und Verteilung der kosmischen Materie


Die Quantentheorie beschreibt die Materie durch Teilchen (z.B. Elektronen, Protonen, Neutronen, Quarks etc.), die getragen sind von den den ganzen Weltraum durchsetzenden Materiefeldern und den zwischen diesen Teilchen vorhandenen Wechselwirkungen durch Felder bzw. den zugehörigen Feldquanten. Danach ergibt sich für die heute vorhandene kosmische Substanz folgende Einteilung:

• Atome – neutral oder ionisiert – bilden die gewöhnliche Materie.

• Photonen, die Feldquanten der elektromagnetischen Strahlung, sind sehr zahlreich; sie spielen aber für die Expansionsdynamik heute keine Rolle.

• Neutrinos gehören zu einem dritten Typus – resultierend aus Sternen, insbesondere aus dem Urknall. Sie gehören wie die Elektronen zur Familie der Leptonen.

In der derzeitigen Kosmologie bezeichnen wir als exotische Materie solche Teilchen, die gegen elektromagnetische Wechselwirkung unempfindlich sind: Daher kann exotische Materie auch nicht leuchten. Die gewöhnliche – baryonische – Materie umfasst alle chemischen Elemente; ihre Bausteine sind Elektronen, Protonen und Neutronen (wobei Protonen und Neutronen aus Quarks aufgebaut sind). Heute wissen wir, dass der leuchtende Teil der Materie nur einen Bruchteil der gesamten kosmischen Materie ausmacht. Die Vorstellung, dass «leuchtende» Materie, worauf letztlich auch alles irdische (und außerirdische) Leben basiert, im Kosmos ein höchst seltenes Phänomen ist, fällt angesichts der farbenprächtigen Bilder, die wir von Galaxien, Sternhaufen und anderen astronomischen Himmelskörpern kennen, verständlicherweise schwer. Aber in dem beobachtbaren Bereich des unbegrenzten Universums bestimmt samtene Schwärze eindeutig das Bild. Nur vereinzelt «leuchtet» kosmische Materie in Form von Staub- und Gaswolken, nur selten macht sie in Gestalt von Galaxien, Sternhaufen, Sternen und Planeten auf sich aufmerksam. Dabei sind Galaxien als größte Ansammlungen von Materie im Universum keineswegs homogen verteilt. Mal driften sie in Gruppen, mal in Galaxienhaufen durchs All, die sich miteinander zu Superhaufen anordnen. Hierbei formieren sich Galaxienhaufen und scheinbar galaxienfreie Leerräume interessanterweise zu Strukturen, die auf einer Skala von mehr als 100 Millionen Lichtjahren[26] eine blasenartige Struktur aufweisen. So gehört unsere Milchstraße der Lokalen Gruppe an, zu der neben den Magellanischen Wolken und dem Andromedanebel noch ca. 35 weitere Galaxien, vor allem Zwerggalaxien, zählen. Die Lokale Gruppe selbst wiederum ist ein Teil des Virgo-Superhaufens, der den Virgo-Haufen und weitere Galaxiengruppen umfasst.[27] Die Verteilung der Materie im Universum – von Planeten und Sternen über Galaxien und Galaxienhaufen bis zu den Superhaufen – ist also hierarchisch strukturiert. Damit überhaupt Galaxien heranreifen können, müssen Dichtefluktuationen in der prägalaktischen Materie vorherrschen, die größer sind als diejenigen, die sich in der kosmischen Hintergrundstrahlung als Spur finden lassen. Möglicherweise haben die Teilchen der exotischen Materie («non-baryonic dark matter») entscheidend zu dem Strukturierungsprozess aus einem nahezu homogenen Anfangszustand beigetragen. Dieser Entwicklungsprozess und die Stabilität der kosmischen Objekte beruhen auf einem präzisen Ineinandergreifen der quantentheoretischen Gesetzmäßigkeiten, den durch die Expansion des Weltraums gesetzten Rahmenbedingungen, der Form der Naturgesetze und den zahlenmäßig festgelegten Naturkonstanten.

2. Bewegung der Materie – Flucht der Galaxien


Für die Kosmologie sind die Galaxien die Bausteine des Universums. Ein solcher Baustein ist unsere Galaxis, die am Rand des Virgo-Haufens liegt und von diesem angezogen wird. Daraus resultiert eine lokale Bewegung, die nur noch von der großräumigen Flucht der Galaxien überlagert wird. Auf großer Skala dominiert die erstmals von Hubble beobachtete Expansion. Das heute sichtbare Universum – eine uns umgebende Kugel mit ca. 10 Milliarden Lichtjahren Durchmesser – erscheint, wenn wir es mit hinreichend grober Auflösung betrachten, annähernd homogen. Diese Aussage ist im Kosmologischen Prinzip enthalten: Das Universum ist homogen und isotrop; es ist auch keine Richtung ausgezeichnet; aus der Isotropie in jedem Punkt folgt die Homogenität. Das Kosmologische Prinzip, insbesondere die darin geforderte Isotropie, impliziert, dass die Relativbewegung zweier (hinreichend ausgedehnter) Komponenten des Universums entlang ihrer Verbindungslinie erfolgen muss. Das lässt nur zwei großräumige Bewegungsmuster zu: Entweder entfernen sich alle Objekte von einem Beobachter, oder sie nähern sich ihm jeweils entlang der Sichtlinie. Dieses Muster zeichnet auf den ersten Blick einen Beobachter vor allen anderen aus, tut es aber genau dann nicht, wenn die Relativgeschwindigkeit v zweier Objekte proportional zu ihrem Abstand d ist, das heißt: v = H · d. Dies ist das berühmte Hubble-Gesetz. Hier ist die Hubble-Konstante H von Abstand und Richtung unabhängig, nicht aber von der Zeit. Im Hubble-Gesetz sind v, H und d zu ein und derselben Zeit einzusetzen, was in der Relativitätstheorie die Frage aufwirft, in welchem Bezugssystem diese Aussage gilt. Tatsächlich zeichnet aber das Kosmologische Prinzip eine «kosmische Zeit» aus, die von allen Uhren angezeigt wird, die selbst dem erwähnten Bewegungsmuster folgen.

Die isotrope Fluchtbewegung der Galaxien manifestiert sich am deutlichsten in der so genannten Rotverschiebung, bei der das von fernen Galaxien zu uns kommende Licht infolge der Raumausdehnung auseinander gezogen wird. Bis heute ist der genaue Wert der Expansionsrate – die so genannte Hubble-Konstante – unbekannt. Bekannt ist nur, dass diese systematische Bewegung von der Eigenbewegung der Galaxien infolge der auf kleinen Skalen vorhandenen Inhomogenitäten in der Materieverteilung überlagert wird. In Haufen von Galaxien kann diese Geschwindigkeit bis zu 1000 km/s betragen. Beobachtungen des Hubble-Weltraumteleskops ergeben eine Expansionsrate von 72 ± 8 km/s. Umgerechnet bedeutet dies, dass zwei Galaxien, die eine Million Lichtjahre voneinander entfernt sind, sich ungefähr mit einer Geschwindigkeit von 25 Kilometer pro Sekunde voneinander fortbewegen.

3. Atomare und subatomare Struktur der kosmischen Materie


Um die Stabilität von makroskopischen Himmelskörpern wie etwa Weißen Zwergsternen oder Neutronensternen zu verstehen, ist das Studium der elementaren atomistischen Struktur der Materie unerlässlich. Das Gleiche gilt auch für die frühe Phase der kosmischen Entwicklung. Das heutige Bild vom Aufbau der Materie unterscheidet Leptonen und Quarks. Während die «unteilbaren» Elektronen, die den Atomkern umkreisen und die Atomhülle zugleich prägen, den Leptonen zugerechnet werden, besteht der Atomkern selbst aus Protonen und Neutronen (Nukleonen), die ihrerseits aus kleineren Teilchen bestehen: den Quarks. Jedes Nukleon besteht aus jeweils drei Quarks. Dabei hat jedes Elementarteilchen eine ihm zugeordnete Masse sowie eine elektrische, eine schwache und eine starke Ladung; die vier Teilchen der ersten Familien sind Bestandteile der stabilen Materie.[28] Zwischen den Elementarteilchen bestehen Wechselwirkungen, die durch Feldquanten übertragen werden. Heute sind 12 verschiedene Elementarteilchen bekannt: 6 Quarks und 6 Leptonen, die sich in je drei «Familien» oder auch «Generationen» aufteilen. Von den Feldquanten der die Wechselwirkung vermittelnden Kraftfelder sind nur das Photon und das Graviton masselos, entsprechend der unendlichen Reichweite des Gravitationsfeldes und des elektromagnetischen Feldes. Die die kurzreichweitige starke und schwache Wechselwirkung vermittelnden Gluonen, W- und Z-Bosonen haben eine von null verschiedene Masse. Die Massen von Quarks, Leptonen und Feldquanten entstehen vermutlich durch Wechselwirkung mit skalaren Higgs-Feldern.[29]

4. Materie statt Antimaterie


Zwar dominiert im heutigen Kosmos die Materie über die Antimaterie, aber diese Gegebenheit ist nicht einfach zu verstehen, da bei der Erzeugung von Teilchen aus dem Vakuum unter der Einwirkung äußerer Kräfte stets Teilchen und Antiteilchen paarweise entstehen. Die Elementarteilchen und Antielementarteilchen haben beide die gleiche Masse und die gleiche mittlere Lebensdauer sowie den gleichen Spin, unterscheiden sich aber in ihren ladungsartigen Quantenzahlen. So hat ein Antielektron (= Positron) die entgegengesetzte elektrische Ladung zu einem Elektron. Angesichts der Tatsache, dass Teilchen und Antiteilchen bei Kontakt zerstrahlen und daher im frühen Universum Materie und Antimaterie in gleichen Mengen erzeugt wurden, ist es erstaunlich, dass sie sich bei Zusammenstößen nicht vollständig vernichtet haben, dass demzufolge das heutige Universum nicht ausschließlich mit Strahlung erfüllt ist.

Just dieser Überschuss an Materie und das Fehlen von Antimaterie lässt sich grundsätzlich durch zwei Möglichkeiten erklären: durch eine Symmetrieverletzung beim Zerfall von Elementarteilchen oder durch eine...

Kategorien

Service

Info/Kontakt