Mords-Salzkammergut - Kriminalgeschichten aus der größten Alpen-Seeregion Österreichs

Mords-Salzkammergut - Kriminalgeschichten aus der größten Alpen-Seeregion Österreichs

von: Jeff Maxian, Jeff Maxian, Erich Weidinger

Gmeiner-Verlag, 2016

ISBN: 9783839249383

Sprache: Deutsch

218 Seiten, Download: 1923 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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Mords-Salzkammergut - Kriminalgeschichten aus der größten Alpen-Seeregion Österreichs



Urlaub in Strobl


Oskar Feifar


Ein schöner Sommer ist das gewesen damals. Und ein total heißer noch dazu. Da hat es sich für den Bezirksinspektor Strobel, seines Zeichens Postenkommandant des Gendarmeriepostens in Tratschen, und seine herzallerliebste Frau Doktor natürlich gar nicht schlecht getroffen, dass sie ihren ersten gemeinsamen Urlaub hatten. Im Vorfeld hatte es freilich ein paar Diskussionen darüber gegeben, wo sie denn diesen quasi historischen Anlass begehen sollten, aber schließlich einigten sie sich darauf, nach Strobl am Wolfgangsee zu fahren. Wohin sollte der Strobel denn auch sonst fahren, wenn nicht nach Strobl? Aber wie auch immer.

Der Strobel ist mit seiner Angebeteten jedenfalls nach Strobl gefahren. Die ersten beiden Tage hat das auch prächtig funktioniert, weil beide zuerst lediglich Erholung im Sinn hatten. Zumindest was die Tage betraf. Von daher genügte es ihnen, zum See zu gehen und sich mit einem Buch in die Sonne zu legen.

Sie hatten sich im Zentrum des Ortes, beim Kirchenwirt einquartiert. Das bedeutete nicht nur ein gemütliches Zimmer, sondern auch ein Restaurant, in dem sie abends essen konnten, bevor sie sich ins Private zurückzogen, von dem ich dir hier aber nichts erzählen werde. Das geht ja schließlich keinen etwas an, was die Turteltäubchen so getrieben haben, sobald das Licht aus war.

Der Montag und der Dienstag blieben also ziemlich ereignislos. Im positiven Sinne natürlich. Am Mittwoch bemerkte der Strobel schon beim Frühstück, dass seine Herzallerliebste ein kleines bisschen unruhig war. Das äußerte sich derart, dass sie ihn, noch bevor er seine erste Marmeladensemmel verspeisen konnte, schon zweimal gefragt hatte, ob er einen Vorschlag habe, was sie mit dem Tag anfangen sollen.

Von je her eher ein gemütlicher Mensch, hatte er einen solchen aber nicht parat und verspürte auch wenig Lust, sich, bevor er mit Frühstücken fertig war, Gedanken über diese Frage zu machen. Die Frau Doktor wäre aber nicht sie selbst gewesen, hätte sie nicht insistiert, wie der Lateiner sagt. Auf gut Deutsch heißt das, sie ist ihm mit der Frage auf die Nerven gegangen. Jetzt denkst du vielleicht, dass das auf die Nerven gehen am dritten Tag des ersten gemeinsamen Urlaubs eine starke Leistung war. Aber da kann ich dich beruhigen. Es lag nicht direkt an ihr und der Frage, sondern mehr am Hunger, den der Strobel nach den nächtlichen Aktivitäten verspürte. Ergo wollte er, getreu dem Motto: »Ohne Mampf kein Kampf«, zuerst essen.

Er war aber auch erfahren genug, um schon bald zu erkennen, dass er mit seiner Verzögerungstaktik keinen Blumentopf gewinnen würde, und vollführte einen nahezu grenzgenialen Strategiewechsel, indem er einen Vorschlag aus seinem nicht vorhandenen Ärmel schüttelte. Eine Bootsfahrt nämlich. Gut, ich muss zugeben, dass er nicht ganz von selbst draufgekommen ist, sondern es mehr der Werbetafel des Bootsverleihs geschuldet war, aber immerhin. Wenigstens sieht man daran, dass Werbung nicht immer umsonst sein muss.

Die Frau Doktor nahm den Vorschlag jedenfalls begeistert auf, und sie beschlossen, gleich nach dem Frühstück für den ganzen Tag ein Boot zu mieten. Wobei die Dame mit einem Fingerzeig auf seinen Bauchansatz für ein Ruderboot plädierte. Ganz so, als hätte sie die Gedanken ihres Liebsten gelesen, der lieber mit einem elektrisch betriebenen Kahn in See gestochen wäre.

Etwas mehr als eine Stunde später standen die beiden dann auf dem Bootssteg. Ausgerüstet mit allem, was für einen Tag auf dem See benötigt wurde. Bücher, Sonnencreme, Sonnenschirm und eine Kühltasche mit Getränken und ein paar belegten Broten. Hungern wollten sie nämlich auf keinen Fall. Die Frau Doktor war so frei, neben ihrer Handtasche auch noch zwei Handtücher zu tragen.

Zu ihrer Verwunderung schien niemand da zu sein, der ihnen ein Boot hätte vermieten können. Das Kassenhäuschen stand sperrangelweit offen, und der Strobel erkannte noch zwei weitere Paare, die offenbar auf der vergeblichen Suche nach dem Bootsverleiher waren. Seine Uhr verkündete eindeutig, dass sie nicht zu früh gekommen waren. Weil aber die Kraft bekanntlich in der Ruhe liegt, dirigierte er die Frau Doktor zu einer freien Bank, und sie setzten sich, um das herrliche Panorama auf sich wirken zu lassen, während sie warteten.

Einige Zeit später hatten die anderen Paare genug von der Warterei und gingen weg. Auf dem Gesicht der Frau Doktor machten sich traurige Dackelfalten breit, als sie feststellte, sich doch so sehr auf die Bootsfahrt gefreut zu haben. Ganz furchtbar enttäuscht sei sie jetzt, fügte sie hinzu. Damit hat sie beim Strobel natürlich die richtigen Saiten angeschlagen, und er startete den Versuch, die Situation zu retten. Er ging also zu den Getränke- und Souvenirläden rundum und fragte dort, ob jemand wisse, wo der Verleiher abgeblieben sei.

Zwei Verkäuferinnen bestätigten ihm zwar, den Mann heute schon gesehen zu haben, konnten aber nicht sagen, wo er war. Die übrigen Befragten wussten von nichts. Als der Strobel zur Bank zurückgehen wollte, kam eine der beiden Verkäuferinnen nochmals auf ihn zu und gab ihm den Tipp, sich eines der Boote auszusuchen und das Geld dafür einfach in die Kasse zu legen.

»Ich mache das auch öfter so …«, versicherte sie mit treuherzigem Augenaufschlag und machte sich wieder davon. Mit dieser Idee im Kopf ging er zurück zur Bank. Die Frau Doktor, im Brotberuf Richterin, nahm diesen Vorschlag naturgemäß nicht diskussionslos an, sondern klärte gedanklich zuerst einmal die rechtlichen Aspekte der Sache. Weil, wie sie meinte, es doch furchtbar peinlich wäre, wenn eine Richterin und ein Gendarm bei etwas Rechtswidrigem erwischt würden.

Der Strobel war mit seinem eigenen Rechtsgutachten schon fertig und setzte die Idee in die Tat um. Ergo warf er einen Blick auf die Preisliste, hielt kurz den Atem an und kramte dann mit etwas spitzen Fingern den nötigen Geldbetrag aus seinem Portemonnaie, den er in die Kasse legte. Anschließend ging er zu einem der Elektroboote, um es in Betrieb zu nehmen.

Jetzt ist Bootsverleiher zwar kein Lehrberuf, aber mit dem Material muss man sich trotzdem auskennen. Das war zweifelsohne ein Manko beim Strobel. Obwohl er auch so hätte wissen müssen, dass Boote, die auf dem Wasser liegen, zum Schaukeln neigen. Überhaupt dann, wenn man sie ungleichmäßig belastet. Genau das hat der Strobel gemacht, als er vom Steg in das Elektroboot stieg. Na ja, eigentlich plumpste er mehr hinein. Auf einem Bein noch dazu, weil das andere es vorzog, noch ein wenig länger auf dem ca. 40 Zentimeter höher liegenden Steg zu verweilen. Das schadete dem Wohlbefinden vom Strobel und auch der Naht seiner etwas zu eng sitzenden Hosen.

Und weil das Boot jetzt echt wild schaukelte, musste der einbeinige Strobel ganz furchtbar mit beiden Armen rudern, um das Gleichgewicht halten zu können. Das Ganze begleitet von Lauten wie:

»Ahhh …, aaahhh …, oahh …, Scheiß …«

Platsch, und weg war er, der Strobel. Zu seinem Pech ist er aber nicht auf der freien Seite ins Wasser gefallen, sondern zwischen Steg und Boot durchgepurzelt, nachdem es ihm gelungen war, sein zweites Bein an Deck zu holen, und sein Körper – wahrscheinlich aus Freude über die Wiedervereinigung – eine Pirouette rückwärts vollführt hatte, die ihm endgültig das Gleichgewicht raubte und ihn mit einem kleinen Umweg über die Bordwand, der ihn ein paar Zentimeter Rückenhaut kostete, ins Wasser beförderte. Völlig unbemerkt von der Frau Doktor, die lesend auf der Bank saß.

Glücklicherweise schlug er erst unter Wasser mit dem Kopf gegen einen Pfeiler des Stegs. Da hätte er sich sonst böse verletzen können. So aber tat es nur weh. Das spürte der Strobel aber nicht gleich, weil sein Hirn ein bisschen mit Panik beschäftigt war. Er selbst wusste natürlich, dass die Wassertiefe kein Grund zur Besorgnis war, weil er an dieser Stelle problemlos stehen konnte. Sein Hirn aber nicht. Das dumme Ding glaubte, ertrinken zu müssen. Deswegen befahl es seinen Armen immer weiter zu rudern, während der Rest seines Körpers damit beschäftigt war sich vertikal auszurichten, um seinen frisch vermählten Beinen Bodenberührung zu verschaffen.

Vor seinem geistigen Auge sah sich der Strobel, mit weit aufgerissenen Augen, unter dem Bootssteg, tot auf dem Grund des Sees hocken. Das leuchtende Gelb seines Shirts hob sich deutlich vom dunklen Holz des Stegs ab. Ein makaberes Bild, das sofort wieder verschwand, als seine Füße endlich den Grund fanden. Da kam nämlich gleich Ordnung in das Durcheinander seiner Gliedmaßen, und er richtete sich, immer noch unbemerkt von der Frau Doktor, prustend zu voller Größe auf.

Und da stand er nun, zwischen Boot und Steg eingeklemmt und konnte sich kaum rühren. Über ihm streckten immer mehr Menschen, die den Vorfall beobachtet hatten, ihre Köpfe in seine Richtung. Das wiederum rief unzählige Schaulustige auf den Plan, die wissen wollten, was es zu sehen gab. Mit anderen Worten, der Steg füllte sich in Minutenschnelle mit einem ganzen Haufen Unglücksgeier. Mit Ausnahme der Frau Doktor. Die blickte zwar kurz auf, war aber nicht sensationshungrig genug, um sich beim Lesen stören zu lassen.

Der Strobel versuchte indes, aus dem Wasser zu klettern, fand dafür aber nicht genügend Platz vor, weil die Gaffer gar nicht daran dachten, zurückzuweichen. Einer der Männer auf dem Steg erkannte die Situation und streckte dem Strobel seine helfende Hand entgegen. Aber noch bevor dieser sie ergreifen konnte, wurde der Helfer von einer resolut aussehenden, etwas schwergewichtigen Dame nach hinten gedrängt, die offenbar unbedingt ein paar Fotos...

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