Dark Elements 2 - Eiskalte Sehnsucht

Dark Elements 2 - Eiskalte Sehnsucht

von: Jennifer L. Armentrout

Dragonfly, 2016

ISBN: 9783959679831

Sprache: Deutsch

432 Seiten, Download: 750 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Dark Elements 2 - Eiskalte Sehnsucht



1. KAPITEL


Zehn Sekunden nachdem Mrs Cleo ins Klassenzimmer geschlendert war, den Projektor ein- und das Licht ausgeschaltet hatte, hatte Bambi offenbar keine Lust mehr, noch länger um meine Taille gewickelt zu sein.

Das äußerst aktive dämonische Schlangentattoo, das über meinen Bauch glitt, war grundsätzlich nicht davon begeistert, längere Zeit bewegungslos an einer Stelle zu verharren – besonders nicht während eines öden Vortrags über die Nahrungskette. Ich rührte mich nicht und widerstand dem Drang, wie eine Hyäne zu kichern, während das Tattoo zwischen meinen Brüsten hindurchglitt und dann den diamantförmigen Kopf auf meine Schulter legte.

Weitere fünf Sekunden vergingen, in denen mich Stacey fragend ansah. Ich zwang mich zu lächeln, wusste aber, dass Bambi noch nicht liegen bleiben würde. Ihre Zunge zuckte hervor und strich über meinen Hals.

Ich hielt mir die Hand vor den Mund, um nicht laut zu lachen, und rutschte auf meinem Platz hin und her.

„Layla? Hast du irgendwas eingeworfen?“, fragte Stacey leise, während sie sich die dichten Strähnen ihres Ponys aus den dunklen Augen strich. „Oder hängt meine linke Brust raus und winkt der Welt zu? Als meine beste Freundin wärst du verpflichtet, mir so was zu sagen.“

Obwohl ich wusste, dass ihre linke Brust nicht raushing, oder es zumindest hoffte, denn der V-Ausschnitt ihres Sweaters war ziemlich tief, senkte ich den Blick und nahm die Hand vom Mund. „Mit deiner Brust ist alles in Ordnung. Ich bin nur … unruhig.“

Sie zog die Nase kraus, dann konzentrierte sie sich wieder auf Mrs Cleo. Ich atmete tief ein und betete, dass Bambi sich für den Rest der Unterrichtsstunde nicht mehr bewegen möge. Mit der Schlange auf meiner Haut kam ich mir vor, als hätte ich irgendwelche komischen Ticks. Wenn ich alle fünf Sekunden herumzappelte, würde mich das nicht gerade beliebter machen. Zum Glück war es inzwischen schon deutlich kühler geworden, und Thanksgiving stand vor der Tür. So konnte ich Bambi unter Rollkragenpullovern und langen Ärmeln verstecken.

Zumindest klappte das, solange die Schlange nicht auf die Idee kam, sich auf meinem Gesicht zu zeigen. Das machte sie besonders gern, wenn Zayne in meiner Nähe war. Er war ein absolut hinreißender Wächter – eines von jenen Geschöpfen, die wie Menschen aussehen konnten, wenn sie es wollten, deren wahre Gestalt allerdings dem entsprach, was Menschen als Gargoyles bezeichneten. Die Aufgabe der Wächter bestand darin, die Menschheit vor allem zu beschützen, was ihnen nachts Angst einjagte … und tagsüber genauso. Ich war mit Zayne aufgewachsen und jahrelang total verliebt in ihn gewesen.

Bambi bewegte sich, ihr Schwanz kitzelte mich seitlich am Bauch.

Ich konnte mir nicht erklären, wie Roth es ausgehalten hatte, wenn Bambi über seine Haut gekrochen war.

Mir stockte der Atem, als sich ein heftiger, unerbittlicher Stich in meine Brust bohrte. Instinktiv griff ich nach dem Ring mit dem zerbrochenen Stein, den ich an einer Kette um den Hals trug – dem Stein, in dem sich bis vor Kurzem noch das Blut meiner Mutter befunden hatte, Liliths Blut. Das kalte Metall unter meinen Fingern fühlte sich beruhigend an. Das hatte allerdings nichts mit der familiären Verbindung zu tun, zumal ich kein Interesse an einer Beziehung zu meiner Mutter hatte, sondern damit, dass der Ring neben Bambi mein einziges Erinnerungsstück an Astaroth war, den Kronprinzen der Hölle, der das Undämonischste gemacht hatte, was man sich nur vorstellen konnte.

Ich habe mich in dem Moment verloren, in dem ich dich gefunden habe.

Roth hatte sich geopfert, indem er Paimon in einer Teufelsfalle, die jeden ihrer Gefangenen in die Hölle schickte, festgehalten hatte. Paimon hatte eine besonders unangenehme Dämonenrasse auf die Menschheit loslassen wollen. Eigentlich wäre es an Zayne gewesen, Paimon an der Flucht zu hindern, doch Roth … Roth hatte Zaynes Platz eingenommen.

Und jetzt war Roth in den Feuergruben der Hölle gefangen.

Ich lehnte mich vor und stützte die Ellbogen auf die kühle Tischplatte, ohne ein Wort von dem mitzubekommen, was Mrs Cleo vor sich hin brabbelte. Meine Kehle war wie zugeschnürt, als ich den leeren Stuhl in der Reihe vor mir betrachtete, auf dem Roth gesessen hatte. Ich schloss die Augen.

Zwei Wochen. Dreihundertsechsunddreißig plus/minus ein paar Stunden waren seit jenem Abend in der alten Turnhalle vergangen, und nicht für eine Sekunde war es erträglicher geworden. Es schmerzte immer noch, als wäre es erst eine Stunde her, und ich war nicht sicher, ob sich in einem Monat oder einem Jahr etwas daran ändern würde.

Mit am schlimmsten waren die vielen Lügen. Stacey und Sam hatten mich zuerst mit Hunderten von Fragen bestürmt, als Roth nach jener Nacht nicht zurückgekehrt war, in der wir den Kleinen Salomon (das uralte Buch mit Antworten auf all unsere Fragen über meine Mutter) ausfindig gemacht hatten und dann von Abbot ertappt worden waren (dem Anführer des Wächterclans in D. C., der mich als kleines Mädchen adoptiert hatte). Die beiden hatten schließlich aufgehört zu fragen, und es war noch immer eins von vielen Geheimnissen, die ich ihnen nicht anvertrauen konnte.

Trotz unserer Freundschaft wusste keiner von ihnen, was ich wirklich war, nämlich halb Wächterin und halb Dämonin. Und ihnen war auch nicht klar, dass Roth nicht bloß fehlte, weil er womöglich die Schule gewechselt hatte. Trotzdem war es einfacher, sich das vorzustellen, mir einzureden, dass er einfach gegangen war und nicht in der Hölle schmorte.

Das Brennen bewegte sich in meiner Brust, so wie ein leises Brodeln in den Adern, das man nicht vergessen kann. Es war das Verlangen, eine Seele zu nehmen, ein Fluch, den meine Mutter an mich weitergegeben hatte, und es war in den vergangenen zwei Wochen kein bisschen schwächer geworden. Wenn überhaupt, hatte es zugenommen. Die Fähigkeit, jedem Wesen mit nur einer Berührung die Seele zu entziehen, war der Grund, wieso ich nie etwas mit einem Jungen angefangen hatte.

Außer mit Roth.

Weil er ein Dämon gewesen war, hatte sich das lästige Problem mit der Seele gar nicht erst gestellt. Schließlich besaß Roth so etwas gar nicht. Und im Gegensatz zu Abbot und fast dem gesamten Clan einschließlich Zayne hatte sich Roth nie daran gestört, dass ich ein Mischling war. Er … er hatte mich so akzeptiert, wie ich war.

Mit den Handballen rieb ich mir die Augen und biss mir in die Wange, um die Tränen zurückzuhalten. Als Petr, der Wächter, der sich als mein Halbbruder entpuppt hatte, mich angegriffen hatte, war meine Halskette gerissen. Seitdem ich sie repariert und komplett gesäubert in Roths Apartment gefunden hatte, klammerte ich mich an die Hoffnung, dass Roth doch nicht in den Feuergruben war. Dass ihm irgendwie die Flucht gelungen war. Mit jedem Tag, der ereignislos verstrich, flackerte diese Hoffnung immer stärker, so wie eine Kerze im Zentrum eines Hurrikans.

Mehr als von allem anderen auf der Welt war ich überzeugt: Wenn Roth einen Weg zurück zu mir finden könnte, dann wäre ihm das inzwischen gelungen. Was also nur bedeuten konnte …

Als ich einen brutalen Stich in der Brust spürte, schlug ich die Augen auf und stieß langsam den Atem aus, den ich angehalten hatte. Wegen der Tränen, die mir in die Augen gestiegen waren, war alles um mich herum leicht verschwommen. Ich zwinkerte ein paarmal und ließ mich zurück gegen den Stuhl sinken. Was immer das an die Wand projizierte Bild zeigen sollte, ich hatte keine Ahnung. Irgendwas über den Kreis des Lebens? Nein, darum ging es im König der Löwen. Ich würde mit Sang und Klang durchfallen. Zumindest wollte ich versuchen, mir ein paar Notizen zu machen, griff nach meinem Stift und …

In diesem Moment kratzten die metallenen Stuhlbeine in einer der vorderen Reihen über den Fußboden. Als hätte ihm jemand ein Feuerzeug unter den Hintern gehalten, sprang ein Junge von seinem Platz auf. Ein schwaches gelbliches Leuchten umgab ihn – seine Aura. Ich war die Einzige, die sie sehen konnte, und bemerkte, dass sie unablässig flackerte und immer wieder kurz erlosch. Es war für mich nichts Neues, die Aura eines Menschen zu sehen, die eine Art Spiegelung der Seele war. Es gab sie in allen Farben, und bei manchen Leuten wies sie sogar zwei oder mehr Farbtöne auf. Doch so ein Zucken und Flackern hatte ich noch nie beobachtet. Als ich mich umsah, fiel mir auf, dass die Mischung aus Auren ganz schwach flimmerte.

Was war nur los?

Wie erstarrt hielt Mrs Cleo ihre Hand über den Projektor und sah den Jungen an. „Dean McDaniel, darf ich erfahren, was das …“

Dean wirbelte herum zu den zwei Jungs, die hinter ihm saßen. Beide lehnten sich auf ihren Stühlen nach hinten, hatten die Arme vor der Brust verschränkt und grinsten gleichermaßen spöttisch. Dean hatte die Lippen zu einem schmalen Strich zusammengepresst, sein Gesicht war rot angelaufen. Mir stand der Mund offen, als er sich mit einer Hand auf dem Tisch abstützte und die andere zur Faust geballt dem einen Jungen ins Gesicht rammte. Das fleischige Klatschgeräusch hallte im Klassenzimmer wider, von allen Seiten folgte ungläubiges Keuchen.

Heiliger Müsliriegel!

Ich setzte mich kerzengerade hin, Stacey schlug mit beiden Händen auf die Tischplatte. „Heilige Scheiße am Sonntagmittag“, flüsterte sie, während sie mit ansah, wie der Junge, auf den Dean eingeschlagen hatte, nach links von seinem Stuhl kippte und wie ein Sack Kartoffeln auf dem Boden landete.

Ich kannte Dean nicht besonders gut. Genau genommen hatte ich...

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