Die 10 wichtigsten Zukunftsthemen im Marketing

Die 10 wichtigsten Zukunftsthemen im Marketing

von: Marcus Stumpf

Haufe Verlag, 2016

ISBN: 9783648079744

Sprache: Deutsch

262 Seiten, Download: 6139 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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Die 10 wichtigsten Zukunftsthemen im Marketing



Die Zukunft des Marketing: eine Einführung


Christian Schuldt

 

Das Zeitalter des Experience Marketing


„German Marketing Angst” – so lautet der Befund von Harald Ehren, langjähriger Chefredakteur der Kommunikationsagentur fischerAppelt, für den Gemütszustand der hiesigen Marketingbranche. Dahinter stecke ein spezifisch „teutonischer Wesenszug”, der sich auch im skeptischen Umgang mit der Digitalisierung zeige: die Furcht vor Kontrollverlust.

Vielleicht ist es diese German Marketing Angst, die viele am Glauben festhalten lässt, das Internet sei lediglich ein weiterer Touchpoint für die Verbreitung von Werbebotschaften. Dass dem nicht so ist, beschreibt Anne M. Schüller bereits sehr eindrücklich in ihrem Beitrag „Touchpoint Management – Begeisterung entlang der Customer Journey”, wenn sie von einem der „größten Change-Prozesse aller Zeiten” spricht, der die Kommunikationshoheit zu den Konsumenten wandern lässt.

Denn in Wirklichkeit schafft das Internet komplett neue Marketing-Spielregeln. Das traditionelle Werbe-Schema – eine Kampagne wird kreiert, Spots werden geschaltet, Plakate werden geklebt – ist Geschichte. Die Werbe-Monologe von einst weichen einem transparenten Miteinander aus Meinungen, Beurteilungen und Diskussionen. Der vernetzte Konsument ist mächtiger denn je, die Lebensdauer falscher Werbeversprechen sinkt drastisch, der Kontrollverlust grassiert. Und es deutet nichts darauf hin, dass sich das in Zukunft ändern würde. Im Gegenteil.

Diese neue ökonomische Realität erfordert ein radikales Umdenken. Vernetzte Konsumenten erwarten transparente Informationen und ein ehrliches Eingehen auf ihre Bedürfnisse, in Echtzeit. Marketing findet zusehends auf Augenhöhe statt. Mehr noch: Das Internet macht den Kunden tatsächlich zum König. Und die neue Königsdisziplin des Marketing besteht darin, die Kundenbedürfnisse so mundgerecht wie möglich zu bedienen. Willkommen im Zeitalter des Experience Marketing!

Der vernetzte Konsument


Das heutige Einkaufsverhalten sieht zunehmend so aus: Zunächst wird eine Vorauswahl getroffen – beeinflusst durch Ratschläge von Freunden in sozialen Netzwerken, Rating-Portale, Marken-Communitys oder über Showrooming am Point of Sale. Anschließend wird online oder per App gekauft. Im „Mobile First”-Zeitalter wird der Konsum immer spontaner und findet dort statt, wo man sich gerade über ein Unternehmen oder eine Marke informiert.

Die Pluralität von Vertriebskanälen sowie die Vermittlung von Marketingbotschaften über mehrere Informations- bzw. Kommunikationskanäle beschreiben Sebastian Rittinger und Manfred Bruhn zusammen mit Anja Zimmermann in ihren Beiträgen „Multi Channel Retailing – mehrgleisiger Vertrieb des Handels” bzw. „Integrierte Kommunikation 2.0 und Crossmedia”. Hier wird deutlich, dass der klassische lineare Kaufprozess immer mehr zur Ausnahme und eine hybride Kaufmatrix, die Kommunikation und Transaktion miteinander vereint, zur neuen Norm wird. Der „Connected Consumer” unterscheidet nicht mehr zwischen Erleben und Shoppen; er macht sich kaum noch Gedanken über seine Wege zur Marke oder zum Produkt. Stattdessen erlebt er die Marke als Ergebnis einer umfassenden Kommunikations- und Produkterfahrung – und kauft dort ein, wo er mit ihr in Kontakt tritt.

Zum entscheidenden Maßstab für erfolgreiches Marketing wird damit das Thema „Customer Experience”. Und das bedeutet auch immer mehr Digital Customer Experience. Eine zentrale Voraussetzung für Marketingerfolge ist daher eine intuitive technologische Usability, die digitales Stöbern elegant mit dem Anbieten von Kaufoptionen verbindet. Das wiederum kann nur funktionieren, wenn es gelingt, Kunden emotional zu begeistern. Hier zeigt sich die – von Peter Kenning in seinem Beitrag zum „Neuromarketing” formulierte – große Bedeutung von Emotionen. Im Zentrum dieses Experience Marketing stehen deshalb nicht mehr die Produkte, sondern die Erlebnisse der Konsumenten.

Dabei taucht der Konsument aber nicht mehr im Kollektiv, sondern zukünftig nur noch als Singularität auf. Das Denken in Zielgruppen ist passé, und die traditionelle massenmediale Verbreitung von Werbung wird abgelöst von einer Individualkommunikation für die Massen. Denn vernetzte Konsumenten sind nicht mehr demografisch, sondern nur noch psychografisch definierbar: über ihre individuellen Bedürfnisse, Interessen und Nutzungspräferenzen. Das Marketing von morgen zielt nicht mehr auf klassische Marktanteile. Es zielt auf die Synapsenanteile vernetzter Konsumenten.

Denn immer mehr gilt: Was sich gut verkauft, ist „beyond product” – viel entscheidender als das Produkt selbst sind die Erfahrungen und Erlebnisse, die damit verbunden werden können. Der Konsum wird gleichsam „sozialisiert”. Relevant für die Kaufentscheidung wird zunehmend der Konsum der anderen – derjenigen, zu denen man eine Beziehung, ein emotionales Verhältnis aufgebaut hat. Vor allem die nachwachsenden Generationen suchen nach Social Experiences, die Informationen vermenschlichen. Deshalb beruht auch die Zukunft des Marketing auf einem uralten Beziehungsprinzip: Authentizität.

Das Comeback der Authentizität


Fragt man „Digital Natives” nach ihren Erwartungen, die sie an Marken haben, lautet der gemeinsame Nenner: sinnvolle Services, echte Nutzwerte – und Offenheit, Ehrlichkeit, Transparenz. Künftig werden deshalb nicht die Marken mit den buntesten und lautesten Kampagnen erfolgreich sein, sondern diejenigen, die ehrlich und empathisch kommunizieren, reale Kundenbedürfnisse erkennen – und darauf mit smarten Services antworten. Die klassische Kommunikation rund um Produkt-Features greift nicht mehr.

So entsteht gleichsam eine neue Anthropologie des Marketing, die auf soziale und emotionale Intelligenz setzt. Die neuen Marketing-Kernkompetenzen sind das Zuhörenkönnen, das Erspüren von Befindlichkeiten und die Fähigkeit, authentisch zu kommunizieren.

Wie das praktisch funktionieren kann, lässt sich in einer Sonderwelt der Digital Natives beobachten: auf YouTube. Die Videoplattform, die Michael Bernecker in seinem Beitrag „Social Media Marketing” zu den bedeutendsten Social-Media-Plattformen bzw. -Kanälen zählt, hat sich zu einem Biotop der neuen netzökonomischen Kommunikationsmuster entwickelt. Eine zentrale Rolle spielen dabei die YouTube-Stars. Erfolgreiche YouTuber wie LeFloid, Gronkh oder Dagi Bee, die heute ähnlich verehrt und gehypt werden wie einst Boy- und Girlgroups, machen vor, wonach Unternehmen und Agenturen im Kundenkontakt streben sollten: nach einem engen, egalitären Verhältnis zum Publikum – die Basis für hochwertige Kontakte und den Aufbau komplexer Communitys.

Das Erfolgsgeheimnis der YouTube-Stars: Sie sind quasi selbst ein Teil ihrer Community. YouTuber kommunizieren zu 100 Prozent auf Augenhöhe, greifen Kommentare auf, beantworten Fragen, gestalten Inhalte gemeinsam mit ihren Fans – „Social Media” in Reinkultur. Der glaubwürdige, offene Kontakt und das Gefühl der individuellen Ansprache setzen enorme Resonanzpotenziale frei. Und ganz nebenbei entfaltet das „Einer von uns”-Gefühl die alte „Stars wie du und ich”-Paradoxie: YouTuber sind zugleich vergötterte Idole und beste Freunde. Ein gutes Beispiel dafür ist Sami Slimani. Von seinen Fans, den „Saminators”, wird der YouTuber als „Hero” und „Lifesaver” gefeiert: „Er geht richtig auf unsere Kommentare ein, möchte von uns wissen, was er als Nächstes tun soll”, schwärmt eine 14-Jährige. „Wenn er in den Urlaub fährt, dann ist es so, als würde er uns mitnehmen.”

Mitgenommen werden die Fans von den YouTube-Stars auch auf Shoppingtouren: Im Genre der „Haul”-Videos (engl. für „Beutezug”) filmen YouTuber frisch „erbeutete” Kleidung, Kosmetikartikel oder Accessoires – und die Fans kaufen die vorgestellten Artikel fleißig nach.

Das funktioniert sogar, wenn es sich um offensichtliches Product Placement handelt. Die Fans akzeptieren die Vermarktung von Inhalten, sofern die YouTuber offen und ehrlich damit umgehen. So kann etwa LeFloid schwärmen vom „wahnsinnig feinen Gespür” der Community dafür, „ob du hinter etwas wirklich stehst oder ob du dich verkauft hast” – und zugleich als Testimonial in einer Kampagne der Techniker Krankenkasse auftreten. Das Influencer Marketing funktioniert, solange die Beziehung zwischen Fan und Star transparent und ehrlich bleibt.

Ähnlich offen gehen auch die meisten Profi-Blogger damit um, dass sie mit ihren Blogs Geld verdienen. Entscheidend ist auch hier die authentische Begeisterung: Die Sponsor-Marke muss zur Person passen. Agenturen wie Monochrome sind darauf spezialisiert, Unternehmen und Blogger zu matchen. Noch einen Schritt weiter gehen Services wie „Seen it” (https://seenit.io/). Auf der britischen Kollaborationsplattform können Nutzer selbstgedrehte Werbespots über ausgewählte Produkte präsentieren – und werden dafür bei Gefallen vom Unternehmen entlohnt.

So verschwimmen die Differenzen zwischen Blogging, Journalismus und PR zusehends. Es entstehen neue hybride Konstrukte – und damit auch neue Möglichkeiten für Unternehmen, ihre Produkte mit jener magischen Substanz aufzuladen, die zur neuen Marketing-Maxime wird: Authentizität.

Vom Storytelling zum Storyscaping


Wenn es künftig immer weniger um Produkte oder Markenattribute geht als um soziale Verbindungen und glaubwürdige Kommunikation –...

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