Duale Reihe Pharmakologie und Toxikologie
von:
Georg Thieme Verlag KG, 2016
ISBN: 9783132016729
Sprache: Deutsch
840 Seiten, Download: 21199 KB
Format: EPUB
© Schlierner – Fotolia.com
2 Pharmakodynamik
2.1 Definition
Definition
Die Pharmakodynamik beschreibt den Aspekt der Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln bzw. Pharmaka und Mensch oder Tier, der sich mit den Pharmakonwirkungen beschäftigt. Sie untersucht Art und Ort der Pharmakonwirkungen und widmet sich den Wirkungsmechanismen.
2.2 Mechanismen der Pharmakonwirkung
Meist entsteht die Wirkung durch Bindung des Pharmakons an zelluläre Proteine (v. a. Rezeptoren).
Die meisten Pharmakonwirkungen werden durch Bindung des Pharmakons an zelluläre Proteine vermittelt. Diese lassen sich in Rezeptoren und rezeptorähnliche Proteine (z. B. Enzyme, Transporter) unterteilen. Nur wenige Pharmaka wirken ohne Mithilfe eines körpereigenen Proteins.
2.2.1 Rezeptorvermittelte Wirkungen
Rezeptoren vermitteln Wirkungen körpereigener Signalstoffe. Sie haben zwei Funktionen:
-
Bindung des Signalstoffs
-
Initiation eines Signals, das zelluläre Funktionen anregt oder hemmt.
Agonisten aktivieren Rezeptoren, Antagonisten unterdrücken ihre Funktion. Es gibt membranständige und intrazelluläre Rezeptoren ( ▶ Abb. 2.1).
Rezeptoren gehören zu einer Familie zellulärer Proteine, deren Aufgabe es ist, Wirkungen körpereigener Signalstoffe (z. B. Transmitter, Hormone, Wachstumsfaktoren) zu vermitteln. Sie haben zwei Funktionen:
-
Sie binden den Signalstoff.
-
Sie initiieren über rezeptorspezifische Transduktionswege ein Signal, das zelluläre Funktionen anregt oder hemmt.
Über viele solche Rezeptoren wirken auch Pharmaka. Man unterscheidet dabei Agonisten, die Rezeptoren aktivieren, von Antagonisten, die Rezeptoren nicht aktivieren und/oder in ihrer Funktion unterdrücken. Die verschiedenen Gruppen von Rezeptoren sind schematisch in ▶ Abb. 2.1 dargestellt. Man kennt membranständige und intrazelluläre Rezeptoren.
Schematische Darstellung der verschiedenen Rezeptorarten
Abb. 2.1 1: G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, 2: Ionenkanal-Rezeptoren, 3: Enzymrezeptoren (am Beispiel des Rezeptors für das atriale natriuretische Peptid = ANP), 4: Rezeptoren mit assoziierter Tyrosinkinase-Aktivität, 5: intrazelluläre Rezeptoren. R: Rezeptor; α, β und γ: Untereinheiten des heterotrimeren G-Proteins; Pr: Protein; -Y: Tyrosinrest; -Y-P: phosphorylierter Tyrosinrest.
2.2.1.1 Membranständige Rezeptoren
Verschiedene Typen sind in ▶ Abb. 2.1 (Nr. 1 – 4) dargestellt.
Man unterscheidet G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, Ionenkanal-Rezeptoren, Enzymrezeptoren und Rezeptoren mit assoziierter Tyrosinkinase (Nr. 1 – 4 in ▶ Abb. 2.1).
G-Protein-gekoppelte Rezeptoren
Synonym
Metabotrope Rezeptoren.
Diese Rezeptoren (Nr. 1 in ▶ Abb. 2.1) werden aufgrund ihrer Struktur auch als heptahelikale Rezeptoren bezeichnet. Der Signaltransduktionsweg verläuft in vier Phasen:
-
Der Agonist löst durch Bindung an den Rezeptor eine Konformationsänderung aus ( ▶ Abb. 2.2).
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Dies aktiviert das intrazellulär assoziierte G-Protein.
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Dieses zerfällt in zwei Proteinuntereinheiten (Gβγ und Gα in ▶ Abb. 2.2), welche die Konzentration intrazellulärer Botenstoffe steigern oder senken können.
-
Das Signal endet durch Hydrolyse von GTP, das G-Protein wird wieder inaktiv.
Diese Rezeptoren sind Membranproteine mit sieben transmembranären α-Helices sowie extrazellulärem N- und intrazellulärem C-Terminus (Nr. 1 in ▶ Abb. 2.1). Sie werden auch als heptahelikale Rezeptoren bezeichnet. Sie vermitteln Wirkungen von vielen Transmittern und Hormonen. Der Signaltransduktionsweg dieser Rezeptoren verläuft in vier Phasen:
-
Der Agonist (z. B. Transmitter) bindet an seine extrazelluläre Bindungsstelle am Rezeptor und ruft eine Konformationsänderung des Rezeptorproteins hervor ( ▶ Abb. 2.2).
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Die Konformationsänderung des Rezeptors triggert die Aktivierung des mit dem Rezeptor intrazellulär assoziierten heterotrimeren G-Proteins, indem das an dieses Protein gebundene GDP durch GTP ersetzt wird (G-Protein = Guaninnukleotid-bindendes Protein).
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Das aktivierte G-Protein zerfällt in seine GTP-bindende α-Untereinheit und den βγ-Komplex, die beide jeweils unabhängig voneinander verschiedene membranständige Effektorproteine (Enzyme oder Ionenkanäle) aktivieren oder hemmen können ( ▶ Abb. 2.2). Die Folge ist ein Konzentrationsanstieg oder -abfall intrazellulärer Botenstoffe (Second Messenger).
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Das durch Bindung des Agonisten an den Rezeptor initiierte Signal wird nach Hydrolyse von GTP zu GDP beendet (die α-Untereinheit hat GTPase-Aktivität). Dadurch kehrt das G-Protein in seinen inaktiven Zustand (trimerer Proteinkomplex mit gebundenem GDP) zurück.
Merke
Die Komplexität des Transduktionsmechanismus von G-Protein-gekoppelten Rezeptoren erklärt, warum es sich um relativ „langsame“ Rezeptoren handelt. Trotzdem kommen die durch solche Rezeptoren vermittelten Wirkungen innerhalb von Sekunden zustande.
Schema der G-Protein-vermittelten Signaltransduktion
Abb. 2.2
(nach Behrends et al., Duale Reihe Physiologie, Thieme, 2012)
Wichtige G-Protein-gekoppelte Rezeptoren s. ▶ Tab. 2.1.
Es gibt eine Vielzahl von G-Protein-gekoppelten Rezeptoren. Hier sollen exemplarisch einige erwähnt werden, und zwar geordnet nach der Art der assoziierten G-Protein-Familie ( ▶ Tab. 2.1).
Tab. 2.1 Familien von G-Proteinen und die von ihnen angesteuerten Effektorproteine G-Protein | Aktivierung z. B. durch Bindung von | aktivierte G-Protein-Untereinheit | Auswirkung auf Effektorproteine und Second Messenger |
Gs |
| α | Aktivierung... |