Verführt - Verwirrt - Für dumm verkauft - Wie wir Tag für Tag manipuliert werden und was wir dagegen tun können
von: Frank Ochmann
Gütersloher Verlagshaus, 2011
ISBN: 9783641058548
Sprache: Deutsch
240 Seiten, Download: 377 KB
Format: EPUB, auch als Online-Lesen
Mehr zum Inhalt
Verführt - Verwirrt - Für dumm verkauft - Wie wir Tag für Tag manipuliert werden und was wir dagegen tun können
"3. TEIL WIE WIR (S. 143-144)
Das Showgeschäft hat fast alle Bereiche unseres Lebens erfasst. Politik, Wirtschaft, Banken, Sport, selbst die Kirchen haben die Spielregeln übernommen … Die Profis sterben aus, und die Arschlöcher vermehren sich wie die Kaninchen.
HANS R. BEIERLEIN
Wenn es das Ziel der vergangenen drei Kapitel war, mit etwas Abstand die Methoden in den Blick zu nehmen, mit denen wir für fremde Absichten und Ziele vereinnahmt werden können, dann sollte dabei vor allem eines klar geworden sein: Uns zu täuschen und zu verführen ist
UNS WAPPNEN KÖNNEN
auch deshalb so leicht, weil es für uns prinzipiell so schwer ist, Wahrheit und Wirklichkeit zu bestimmen. Nicht einmal von uns selbst können wir ja ein Bild gewinnen, das unabhängig davon ist, wie die anderen uns sehen. Und diese ständige Rückkopplung, die immer auch die Gefahr der betrügerischen Beeinflussung in sich birgt, gilt ohne Ausnahme für unser gesamtes Weltbild. Wir haben zwar eigene Eindrücke und natürlich auch eigene Erinnerungen.
Doch welcher Wert denen tatsächlich zusteht, entscheiden nicht wir selbst . Wie »wahr« und »wirklich« das ist, was wir dafür halten, bemisst sich erst im Vergleich mit den Urteilen der anderen. Habe ich zum Beispiel mit einigen weiteren Zeugen einen Verkehrsunfall beobachtet, werde ich zunächst allein und für mich zu einer Abfolge der Geschehnisse kommen, die ich für eine korrekte Beschreibung dessen halte, was sich vor meinen Augen zugetragen hat.
Ob meine Schilderung allerdings als getreues Abbild der Realität gelten kann, entscheide nicht ich. Meine Eindrücke müssen sich dem Vergleich stellen, und erst in der Übereinstimmung wird daraus so etwas wie »Wahrheit«. Stehe ich also mit meiner Auffassung, der Unfallwagen sei blau gewesen, vielleicht fünf anderen gegenüber, die ihn für grün halten, wie lange werde ich dann wohl noch bei meiner eigenen Auffassung bleiben können? Vor allem die Abhängigkeit von den Gruppen, in denen ich lebe und mich bewege, ist es, durch die ich manipulierbar werde. Gemeinschaften, aus denen ich meine Rewards beziehe, von deren Mitglieder ich mir Anerkennung erhoffe und einen steigenden Status, können enormen Einfluss darauf nehmen, was ich denke und fühle.
Und je konformer es in meinem Kopf zugeht, desto mehr wird sich auch mein äußeres Verhalten anpassen. Vor allem solche Prozesse sind es, bei denen aus sozialen Bindungen kognitive Fesseln werden. Die allerdings spüre ich erst, wenn ich dagegen angehe. Solange ich denke wie alle und vermutlich auch fühle wie sie, nehme ich nicht wahr, was mich gefangen hält. Darum ist der einfachste Weg der mit der Masse. Was aber, wenn die Masse in die Irre läuft? Dass es uns so schwer fällt, ja unmöglich ist, eine eigene Meinung unabhängig von der anderer zu finden, bedeutet ja nicht, es gäbe überhaupt keine Realität jenseits des Gruppenkonsenses.
Über den Abstand der Erde von der Sonne etwa kann nicht in einem Referendum entschieden werden, ohne dass zuvor der kollektive Wahnsinn ausgebrochen wäre. Und an den gewohnten etwa 150 Millionen Kilometern würde sich auch nichts ändern, wenn der Papst sie per Dekret auf die Hälfte heruntersetzen würde. Solche Fakten unterliegen weder der demokratischen Kontrolle noch der einer Autorität. Doch nicht immer sind die Verhältnisse so eindeutig. Schon beim heißen Thema des Klimawandels ist die Lage viel un- übersichtlicher. Das liegt vor allem an der jetzt ins Spiel kommenden Komplexität. Geht es nur um einen einzigen und dazu ziemlich stabilen Parameter, wie es der Radius der Erdbahn um die Sonne ist, reicht im Idealfall schon eine einzige Messung, um ihren Wert verlässlich zu bestimmen."