1848 - 1918 - 2018 - 8 Wendepunkte der Weltgeschichte

1848 - 1918 - 2018 - 8 Wendepunkte der Weltgeschichte

von: Hannes Androsch, Heinz Fischer, Bernhard Ecker

Christian Brandstätter Verlag, 2017

ISBN: 9783710602344

Sprache: Deutsch

224 Seiten, Download: 7512 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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1848 - 1918 - 2018 - 8 Wendepunkte der Weltgeschichte



Der 100. Geburtstag einer Institution, erst recht eines Staates – im vorliegenden Fall der 100. Geburtstag der Republik Österreich –, ist zweifellos ein Ereignis, das in angemessener Weise gefeiert und gewürdigt werden soll. Insbesondere dann, wenn sich der betreffende Staat nach anfänglichen Irrungen und Wirrungen – zu denen auch Selbstzweifel, Diktatur und sogar Existenzverlust zählten – letztlich zu einem stabilen, demokratischen und anerkannten Mitglied der internationalen Gemeinschaft entwickelt hat.

Aber es geht nicht nur um Feiern und Würdigen: Es geht auch um eine kritische Analyse der 100-jährigen Geschichte, um Selbstreflexion, um das Erkennen von Ursachen und Wirkungen, um die Beschreibung historischer Wendepunkte und um eine Einordnung in internationale Zusammenhänge; es geht mit einem Wort um das Durchleuchten und Beleuchten jenes verschlungenen Weges, der uns von der Geburtsstunde der zunächst vielfach ungeliebten Republik („der Staat, den keiner wollte“) in jene Zeit führt, wo Österreich rund um seinen 100. Geburtstag den Vorsitz in der Europäischen Union innehaben wird.

Als die wichtigsten dieser Stationen und Wendepunkte in der Geschichte seit 1918 werden meistens die Jahre 1920 (Annahme der Österreichischen Bundesverfassung, aber auch Ende der Zusammenarbeit der beiden großen Parteien in einer Regierungskoalition), 1933/34 (Verfassungsbruch, Ausschaltung des Parlaments, Bürgerkrieg), 1938 (der sogenannte „Anschluss“ an Hitler-Deutschland), 1945 (das Ende des Krieges und der nationalsozialistischen Diktatur), 1955 (Abschluss des Staatsvertrages und Abzug der Besatzungssoldaten), 1970 (Beginn einer Reformperiode mit der 13-jährigen Kanzlerschaft von Bruno Kreisky), 1989 (Fall der Berliner Mauer und Zusammenbruch der kommunistischen Diktaturen in Europa) und 1995 (Österreichs Beitritt zur Europäischen Union) genannt.

Tatsächlich sind das die wichtigsten Stationen in der Geschichte der Republik Österreich. Und das Jahr 2018 wird genügend Gelegenheiten bieten, sich mit diesen einzelnen Stationen unserer Geschichte ausführlich zu befassen.

Das vorliegende Buch will einen etwas anderen Beitrag zur Beleuchtung der Entwicklung unseres Landes – auf naturgemäß beschränktem Raum – leisten.

Hannes Androsch und ich (beide im Jahr 1938 geboren) sowie Bernhard Ecker sind der Meinung, dass interessante Ergebnisse zutage gefördert werden können, wenn man relevante Entwicklungen in Politik und Gesellschaft im Abstand von Jahrzehnten untersucht und damit einige der sogenannten „achter Jahre“ näher ins Auge fasst, nämlich die Jahre 1918, 1938, 1968, 1978, 2008 und 2018. Und da das Jahr 1918 nicht aus heiterem Himmel „passiert“ ist, sondern eine lange Vorgeschichte hatte, wird auch ein Blick auf die Jahre 1848 und 1908 geworfen.

Denn auch wenn es vor 1918 kein geschlossenes Siedlungs-, Staats- und Kulturgebiet unter dem Namen Österreich gegeben hat, so ist doch heute völlig unbestritten, dass die Geburtsstunde der Republik Österreich im Jahre 1918 nicht die Stunde null für Österreich schlechthin war.

Das „Ostarrichi“ in der Urkunde aus dem Jahre 996 mag mit der Republik Österreich des Jahres 1918 herzlich wenig gemeinsam haben. Auch trifft es zu, dass die Repräsentanten der jungen, unter dem Namen „Deutschösterreich“ gegründeten Republik es bei den Friedensverhandlungen von Saint-Germain und auch schon vorher ablehnten, als Nachfolgestaat der österreichisch-ungarischen Vielvölkermonarchie betrachtet und behandelt zu werden. Das ändert aber nichts daran, dass die Republik Österreich (mit der Bundeshauptstadt Wien) ihre staatlichen, kulturellen, politischen und emotionalen Wurzeln in der Habsburgermonarchie hat.

Wenn man ein bisschen provokant sein will, könnte man auch sagen: Viktor Adler, Ignaz Seipel, Karl Renner oder Leopold Figl und Bruno Kreisky sind ohne Maria Theresia, Joseph II. und Franz Joseph in ihrem Denken und Handeln nicht vorstellbar, wobei der Hinweis auf diesen Zusammenhang nichts damit zu tun hat, wie man die jeweiligen Persönlichkeiten und die Ergebnisse ihrer Tätigkeit einschätzt und bewertet.

In diesem Sinne nimmt das vorliegende Buch also seinen Ausgang vom Jahr 1848. Denn dieses bezeichnet die Wende von der Ära Metternich zu den Vorstufen zur konstitutionellen Monarchie unter Kaiser Franz Joseph, die es immerhin bis zu einem Reichsrat mit allgemeinem Wahlrecht für Männer brachte und in deren letzten Jahrzehnten sich jene politischen Parteien entfalteten, die auch heute – zum 100. Geburtstag der Republik – noch wichtige politische Faktoren sind.

Ein langjähriger Redakteur der im Jahr 1848 gegründeten Tageszeitung Die Presse, Hans Werner Scheidl, beschäftigt sich daher mit diesen Entwicklungen vor genau 170 Jahren. Seinen interessanten Ausführungen kann ich noch hinzufügen, was ich selbst erst vor wenigen Monaten beim 175. Geburtstag der Wiener Philharmoniker erfahren habe: Bei der Gründung der Wiener Philharmoniker spielte neben Otto Nicolai und August Schmidt auch der Komponist und Musikkritiker Alfred Julius Becher eine zentrale Rolle, der sich sechs Jahre später an der Revolution des Jahres 1848 beteiligte und wegen seiner aktiven Rolle verhaftet, zum Tode verurteilt und unmittelbar darauf standrechtlich erschossen wurde.

60 Jahre später – und genau zehn Jahre vor dem Ende der Monarchie – ist 1908 die bosnische Annexionskrise gleichfalls ein geschichtsmächtiges Thema, mit dem sich Bettina Poller befasst. Sie ist Referentin im Österreichischen Rat für Forschung und Technologieentwicklung und veröffentlicht zu politischen und historischen Themen.

Wie sehr die Krisen in diesem Raum das Wort „geschichtsmächtig“ verdienen, zeigt – ein Jahrhundert später – ein Blick auf die aktuelle Situation auf dem westlichen Balkan: Was sich heute in Bosnien ereignet (oder nicht ereignet), hat auch massive Auswirkungen auf Serbien, Kroatien und den ganzen westlichen Balkan; die Region ist noch immer und immer wieder ein heikles Thema für ganz Europa. Und es ist nur fair anzumerken, dass Österreich zu jenen Ländern zählt, die der Entwicklung auf dem Balkan große Aufmerksamkeit widmen und dort auch in ökonomischer Hinsicht stark engagiert sind.

Das Jahr 1918, dem sich der erfahrene Politikwissenschaftler Anton Pelinka widmet, steht im Zentrum des Jubiläums der Republik Österreich.

Es war beziehungsweise ist faszinierend, bei Christopher Clark und anderen Autoren nachzulesen, wie Europa in den Ersten Weltkrieg hineingestolpert und hineingeschlittert ist; aber nicht weniger faszinierend ist es, darüber nachzulesen und nachzudenken, wie unendlich mühsam es war, aus dem Krieg wieder herauszufinden, mit dem Frieden zurechtzukommen und welche gravierende Fehler dabei auf allen Seiten gemacht wurden.

Es muss bei dieser Gelegenheit auch darauf aufmerksam gemacht werden, wie radikal die vorherrschende Grundstimmung zum Zeitpunkt der Republikgründung von unserer heutigen Befindlichkeit abwich. Der Krieg war verloren; die Auflösung der Monarchie in Nationalstaaten im Sinne des sogenannten „Selbstbestimmungsrechtes der Völker“ unvermeidlich und in vollem Gange. Mit überwältigender Mehrheit wurde in den deutschen Siedlungsgebieten daraus die Schlussfolgerung gezogen, dass die Zukunft der deutschsprachigen Teile der Monarchie nur darin liegen kann, als „Deutschösterreich“ dem Deutschen Reich anzugehören. Zum Zeitpunkt der Gründung der Republik Österreich im Herbst 1918 herrschten diesbezüglich große Illusionen. Man verlieh nicht nur der Erwartung Ausdruck, dass die mehrheitlich deutschen Teile von Böhmen und Mähren oder in Italien selbstverständlich zu „Deutschösterreich“ gehören müssten, sondern zerbrach sich sogar über die Eingliederung von Regionen mit teilweise deutschsprachiger Bevölkerung in Polen oder in der Ukraine in ein neues Großdeutschland den Kopf.

Im Oktober 1918 unternahm Kaiser Karl letzte, aber aussichtslose Versuche, den Thron zu retten. In Wirklichkeit war die Monarchie bereits in voller Auflösung begriffen. Die Vertreter der nicht-deutschsprechenden politischen Kräfte hatten schon mit der Bildung neuer Staatswesen auf der Basis des „Selbstbestimmungsrechtes der Völker“ begonnen, aber auch die Exponenten der deutschsprachigen Parteien einigten sich darauf, Schritte zur Gründung eines deutschsprachigen Staatswesens zu unternehmen und zu diesem Zweck die deutschsprachigen Abgeordneten des zuletzt im Jahr 1911 gewählten Abgeordnetenhauses zu einer Konstituierenden Sitzung in das Wiener Landhaus einzuladen. Diese Aufgabe wurde dem Obmann des Verbandes der deutschnationalen Parteien Viktor Waldner übertragen, der aus Kärnten stammte und auch einer der ältesten Abgeordneten des Abgeordnetenhauses (geboren 1852) war. Waldner lud für den 21. Oktober 1918 um 17 Uhr die deutschsprachigen Abgeordneten zur „Konstituierenden Sitzung der Nationalversammlung der deutschen Abgeordneten“ einvernehmlich ein. Das...

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