Die Ordnung des Himmels - Eine Geschichte der Religionen von der Steinzeit bis heute

Die Ordnung des Himmels - Eine Geschichte der Religionen von der Steinzeit bis heute

von: Bernhard Maier

Verlag C.H.Beck, 2018

ISBN: 9783406720130

Sprache: Deutsch

577 Seiten, Download: 7782 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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Die Ordnung des Himmels - Eine Geschichte der Religionen von der Steinzeit bis heute



Einleitung


Wer eine geschichtliche Darstellung verfasst, weiß im Allgemeinen nicht, aus welchem speziellen Interesse und mit welcher Motivation der Leser sein Buch zur Hand nimmt. Auch die Vorkenntnisse des Lesers und sein weltanschaulicher Standpunkt sind dem Verfasser in der Regel unbekannt. Was jedoch Leser und Autor in den meisten Fällen miteinander verbinden dürfte, ist die Überzeugung, dass die Beschäftigung mit der Vergangenheit den eigenen geistigen Horizont erweitern und neue Perspektiven auch auf die Gegenwart eröffnen kann. Eine Geschichte der Religionen stellt in diesem Rahmen insofern einen Sonderfall dar, als sich die Darstellung zwangsläufig über viele Epochen und geographische Regionen erstreckt, viele verschiedene Bereiche menschlicher Kultur berührt und aus eben diesen Gründen auf die Ergebnisse einer Vielzahl unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen zurückgreifen muss. So erscheint es sinnvoll, diesem Buch einige einleitende Bemerkungen zur Konzeption und ihrer Durchführung voranzustellen.

Es liegt auf der Hand, dass ein Buch von weniger als 600 Seiten angesichts der Fülle des Stoffs und der Komplexität des Themas entweder nur eine erste Einführung in den Gegenstand bieten kann oder aber diese Fülle und Komplexität einem ganz bestimmten Leitgedanken unterordnen muss. Die zuletzt genannte Möglichkeit hat zwar durchaus ihren Reiz und ihre Berechtigung, doch wird ein Buch dieser Art vor allem denen nützen, die bereits mit den Quellen und den unterschiedlichen Möglichkeiten ihrer Deutung vertraut sind und so die Plausibilität der vorliegenden Darstellung im Vergleich zu anderen Entwürfen abschätzen können. Der Verfasser wendet sich demgegenüber in erster Linie an Leserinnen und Leser, die sich dem Gegenstand gleichsam von außen nähern, nicht schon viele andere Bücher zu diesem Thema gelesen haben und von einer einbändigen Darstellung der gesamten Religionsgeschichte nicht so sehr geistreiche Zuspitzung und gewagte Originalität als vielmehr Ausgewogenheit und Zuverlässigkeit erwarten.

Das Buch nimmt seinen Ausgangspunkt bei einem im Alltag weithin üblichen, doch nur selten kritisch reflektierten Sprachgebrauch, demzufolge man von «Religion» (in der Einzahl) und «Religionen» (in der Mehrzahl) reden kann. Dieser Sprachgebrauch beruht auf der zumeist stillschweigend vorausgesetzten Annahme, dass das, was bei uns heute «Religion» heißt, unter anderen Bezeichnungen auch in anderen Zeiten und Räumen zu finden sei, dass man also bestimmte gesellschaftliche Einrichtungen, Lebensformen, ethische Normen, Kulturschöpfungen sowie individuelle und kollektive Handlungen deshalb «religiös» nennen könne, weil wir es gewohnt sind, vergleichbare – oder besser: uns vergleichbar erscheinende – Phänomene unserer eigenen Kultur so zu bezeichnen. Die Plausibilität oder Tragfähigkeit dieser Auffassung soll hier nicht grundsätzlich in Abrede gestellt werden. Ein wesentliches Anliegen des Buchs besteht gleichwohl darin, diesen landläufigen Sprachgebrauch und die ihm zugrunde liegenden Vorstellungen anhand ausgewählter Beispiele immer wieder zu erörtern, zu präzisieren und mitunter kritisch in Frage zu stellen. Zum einen soll der Leser dadurch eine Vorstellung davon bekommen, welche häufig wiederkehrenden und also mutmaßlich grundlegenden Funktionen «der» Religion (Einzahl) – und das heißt eben in der Regel: der einzelnen von uns so genannten «Religionen» (Mehrzahl) – in Vergangenheit und Gegenwart nachweisbar sind. Zum anderen soll das Buch aber auch deutlich machen, dass «Religion» ganz unterschiedliche Formen annehmen kann, dass also die historisch greifbaren Religionen längst nicht immer und überall viele oder gar sämtliche Züge aufweisen, die dem Leser aus den ihm bereits bekannten Religionen vertraut sind.

Im Unterschied zu vergleichbaren Darstellungen steht in vorliegendem Buch nicht jeweils eine Religion im Mittelpunkt der einzelnen Kapitel. Vielmehr geht es in den 25 Kapiteln jeweils um bestimmte Phänomene und religionsgeschichtliche Entwicklungen, die für die betreffende Epoche charakteristisch sind und die vielfach über ihre eigene Zeit hinaus weitreichende Folgen gehabt haben. Sie werden anhand einiger charakteristischer Beispiele aus verschiedenen Religionen veranschaulicht, wobei immer wieder auch kurze Ausblicke auf die weitere Geschichte dieser Phänomene und Entwicklungen gegeben werden.

Weit verbreitet ist das Interesse an Ähnlichkeiten zwischen räumlich wie zeitlich weit voneinander entfernten Religionen. Solche Übereinstimmungen gelten mitunter als Ausdruck «richtiger» oder doch allgemein menschlicher und darum besonders wertvoller Einsichten. Im Hinblick darauf besteht ein wesentliches Anliegen dieses Buches darin, durch eine möglichst präzise Darstellung der betreffenden Sachverhalte in ihren geschichtlichen Zusammenhängen reale von nur scheinbaren Ähnlichkeiten zu unterscheiden. Wichtig sind dafür zum einen Vorsicht und Zurückhaltung bei der Übertragung vertrauter Begriffe auf fremde oder vergangene Kulturen, zum anderen eine angemessene Berücksichtigung der Eigenbegrifflichkeit fremder Religionen. Letztere konnte im Hinblick auf den geringen Umfang des Buches und den Anspruch der Allgemeinverständlichkeit zwar nicht in jedem Fall dargestellt und erläutert werden, kommt aber zumindest in ausgewählten Beispielen immer wieder zur Sprache.

Die Darstellung der religionsgeschichtlichen Fakten soll in möglichst allen Teilen den gegenwärtigen Stand der Forschung widerspiegeln. Dass ein einzelner Verfasser aber weder alle Quellen noch die wissenschaftliche Literatur auf diesem weiten Feld beherrschen oder auch nur vollständig überblicken kann, wird wohl niemanden überraschen. Immerhin hofft der Verfasser, dass er sich durch die wissenschaftliche Beschäftigung mit einzelnen Teilgebieten der Religionsgeschichte sowohl die erforderliche Vorsicht im Umgang mit den Quellen und der Sekundärliteratur als auch die Fähigkeit zu einer kritischen Beurteilung der Rezeptions- und Forschungsgeschichte anderer, ihm weniger vertrauter Bereiche erworben hat. Diese – oft faszinierende – Rezeptions- und Forschungsgeschichte wird in diesem Buch zwar nicht um ihrer selbst willen thematisiert, doch kommt sie in ausgewählten Beispielen wenigstens kurz zur Sprache, damit der Leser einen Einblick in die historische Bedingtheit – und das heißt auch: die Relativität und Vorläufigkeit – jedes und damit auch des gegenwärtigen Erkenntnisstandes erhält.

Die wichtigste Grundlage der Darstellung bilden naturgemäß Texte, die wie keine andere Quelle der historischen Erkenntnis den unmittelbaren Zugang zu religiösen Vorstellungen eröffnen. Gleichwohl soll die Darstellung keine «Geschichte der religiösen Ideen» sein, sondern die gesamte Lebenswirklichkeit der Religionen in all ihren kulturellen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Verflechtungen im Auge behalten. Dass die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Religion, Politik, Ökonomie, Sozialstruktur, Literatur, Musik und Kunst immer nur in Ausschnitten erfasst werden konnten, liegt auf der Hand, doch sollen wechselnde Schwerpunkte zumindest einen Eindruck von der Bandbreite dieser Verflechtungen vermitteln. In geographischer und chronologischer Hinsicht liegt ein gewisser Schwerpunkt auf der Religionsgeschichte Europas und des Vorderen Orients, ferner auf den mitunter so genannten Hoch- oder Weltreligionen Asiens. Daneben sollten jedoch auch die indigenen Religionen Afrikas, Amerikas und Eurasiens Berücksichtigung finden und über der Betrachtung der noch heute lebendigen Traditionen auch weniger bekannte untergegangene Religionen nicht vergessen werden.

Die Anmerkungen und das Literaturverzeichnis dienen in erster Linie dazu, wissenschaftlich interessierten Benutzern die Quellen der Darstellung offenzulegen und gleichzeitig Hinweise auf Möglichkeiten einer weiterführenden und vertiefenden Beschäftigung mit dem Thema bereitzustellen. Dabei bringt es die Weite des Gegenstands mit sich, dass hier nur eine kleine Auswahl aus der Überfülle gedruckter oder online verfügbarer Texte geboten werden kann. Grundsätzlich beschränken sich die Literaturhinweise auf selbständig erschienene Publikationen in deutscher, englischer und französischer Sprache. Bevorzugt angegeben werden – im Hinblick auf den einführenden Charakter des Buches – Handbücher sowie Überblicks- und Gesamtdarstellungen, während Spezialuntersuchungen zu Einzelfragen nur in einer kleinen exemplarischen Auswahl berücksichtigt sind. Um die Anmerkungen und das Literaturverzeichnis überschaubar zu halten, beziehen sich die Hinweise zumeist auf die jeweils neuesten mir bekannten Monographien, die ihrerseits weiterführende Quellen- und Literaturhinweise bieten. Auf die oft überaus nützlichen ...

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