Medizinische Mikrobiologie für Dummies

Medizinische Mikrobiologie für Dummies

von: Ralf-Peter Vonberg, Christina Haese

Wiley-VCH, 2019

ISBN: 9783527822416

Sprache: Deutsch

384 Seiten, Download: 21236 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Medizinische Mikrobiologie für Dummies



Kapitel 1

Infektionslehre, Epidemiologie und Hygiene – ein paar Grundlagen


IN DIESEM KAPITEL

  1. Infektionslehre
  2. Standardhygiene
  3. Desinfektion und Sterilisation
  4. Epidemiologie und Impfungen

In diesem Kapitel erfahren Sie etwas über die Infektionslehre und lernen wichtige epidemiologische Begriffe kennen. Dazu werden Sie mit den Themen Hygiene, Sterilisation und Desinfektion vertraut gemacht und im Anschluss noch über Impfungen informiert. Also, viel zu tun – packen Sie es an!

Infektionslehre


Mit guten mikrobiologischen Kenntnissen können Sie viel Gutes tun und Schlimmes verhindern. Als Einstieg in das Thema gibt es dafür eine Auswahl der wichtigsten epidemiologischen Begriffe, quasi medizinische Mikrobiologie häppchenweise! Danach lernen Sie den diagnostischen Weg mit all seinen Fallstricken kennen. Sie werden sehen, wie man mit kleinen Fehlern die mikrobiologische Diagnostik noch vor ihrem Beginn bereits scheitern lassen kann und welche wichtigen Grundregeln der Sicherheit im Labor Sie nie aus den Augen verlieren sollten. Das ist quasi das »Rüstzeug«, das Sie für den Rest des Buches begleiten wird.

Leben retten und wirtschaftlich denken?


Besuchen Sie den Unterricht von Ärzten aus verschiedenen Fachrichtungen, erscheint es häufig so, als würden diese Fachärzte das jeweils vertretene Fach für das Wichtigste von allen halten. Das ist offensichtlich Unsinn (es sei denn, Sie haben gerade einen Mikrobiologen vor sich, dann stimmt es natürlich). Warum aber finden wir, dass die Mikrobiologie die spannendste und wichtigste Disziplin überhaupt ist? Sehen Sie selbst:

  • Infektionen ereignen sich überall. In jeder medizinischen Teildisziplin spielen Mikroorganismen eine wichtige Rolle, sei es die eitrige Wunde beim Chirurgen, die Borreliose beim Neurologen oder Scharlach beim Kinderarzt. Was noch vor 100 Jahren oft zum Tod führte, lässt sich heute schnell und einfach behandeln.
  • Sie können mit Antibiotika kausal therapieren, unterdrücken also nicht nur Symptome oder betreiben Schadensbegrenzung. Nein, Sie sind meistens wirklich kurativ tätig. Wenn Sie nur schnell genug die Zeichen erkennen und zuordnen können, wird der Patient tatsächlich vollständig geheilt. Erreger erkannt – Erreger behandelt – Infektion beendet – Problem gelöst. Spätschäden gibt es meist erst nach länger andauernden Infektionen.
  • Wenn Sie Infektionen verhüten, erkennen und behandeln, lindern Sie Leid und retten Sie Leben. Sie schützen Angehörige, vom neugeborenen Töchterchen bis hin zum Großvater mit Leukämie. In Ihrer Dienststelle tragen Sie Verantwortung für die Gesundheit Ihrer Mitarbeiter. Auch im privaten Umfeld sind Grundkenntnisse zu Erkältung, Brechdurchfall und Geschlechtskrankheiten von Vorteil.
  • Sie finden es manchmal anstrengend, das Erregerspektrum der vielen Substanzen zu lernen? Wozu gibt es denn die bequemen Breitspektrum-Antibiotika mit Wirksamkeit »gegen alles«? Denken Sie daran: Die gezielte Therapie mit kluger Auswahl einer Substanz mit schmalem Erregerspektrum ist nicht nur billiger und besser wirksam, sondern vermindert darüber hinaus noch den Selektionsdruck für multiresistente Erreger. Eine sinnvolle Antibiotikatherapie ist eine Investition in die Zukunft.

Investieren Sie Zeit und Mühe in Ihre Kenntnisse über Prävention, Diagnostik und Behandlung von Infektionen. Egal, was Sie später einmal tun werden, seien Sie versichert: Es lohnt sich in jedem Fall!

Fachbegriffe – Ihr epidemiologisches Rüstzeug


Es gibt in der Infektiologie und Epidemiologie viele (mitunter synonyme) Fachbegriffe. Manchmal hat sich auch hierzulande die englische Bezeichnung für einige Begriffe durchgesetzt. Einen kleinen Überblick gibt Tabelle 1.1.

Begriff und Synonym

Bedeutung und Beispiel

Endemie

Durchseuchung

Durchschnittliche Häufigkeit, mit der eine bestimmte Infektion auftritt. Hängt ab von geographischen Gegebenheiten und vom untersuchten Kollektiv.

Beispiel: Malaria ist in Kenia endemisch, im Bayerischen Wald nicht.

Beispiel: Blutspender sind seltener HIV-positiv als i.v.-Drogenabhängige.

Epidemie

Ausbruch; Outbreak

Örtlich und zeitlich begrenzte Häufung von Infektionen, also oberhalb des sonst üblichen endemischen Niveaus. Oft gibt es dafür eine gemeinsame Quelle oder eine Infektionskette. Wenn das im Krankenhaus passiert, die Meldepflicht für Ausbrüche von nosokomialen Infektionen nicht vergessen!

Beispiel: Bei einem Restaurantbesuch erwerben alle Gäste eine Salmonellose.

Beispiel: Kontaminiertes Kontrastmittel wird bei mehreren Patienten angewendet.

Epidemiologie

Vorkommen, Verbreitung und Verteilung von (Infektions-)Krankheiten in Gruppen oder in der Gesamtbevölkerung. Gibt es deskriptiv (rein beschreibend), analytisch (auf Ursachenforschung angelegt) und experimentell (sehr spannend).

Beispiel: Bestimmung der Häufigkeit einer Pneumokokken-Meningitis mit einem bestimmten Serotyp vor und nach Einführung eines entsprechenden Impfstoffes.

Fall-Kontroll-Studie

Ermittlung von Risikofaktoren für ein bestimmtes Ereignis/eine bestimmte Infektion. Zur Ursachenforschung wird nun jedem »Fall« eine, besser noch zwei oder drei »Kontrollen« zugeordnet (matching), also ein Patient, der mutmaßlich die gleiche Chance für eine Infektion hatte, aber dann doch keine bekam (siehe Abbildung 1.1). Häufig werden zur Kontrolle Personen mit gleicher Aufenthaltsdauer und Erkrankungsschwere ausgewählt. Dann vergleichen Sie, wie häufig die Gruppen einzelnen Risikofaktoren ausgesetzt waren und ermitteln das Quotenverhältnis (Odds-Ratio oder OR). Denken Sie daran: Jede Eigenschaft, die Sie »matchen«, ist per Definition in beiden Gruppen gleich und fällt als Risikofaktor aus.

Beispiel: Kontakt zu Schwester Stefanie hatten 11 der 12 Patienten mit Sepsis, aber keiner der 24 Kontrollpatienten … vermutlich ist es eine gute Idee, sich die Arbeitsweise von Schwester Stefanie einmal genauer anzusehen.

Fehler der ersten Art

ɑ-Fehler

Eine bestimmte Irrtumswahrscheinlichkeit (oft werden dafür 5 % angesetzt). Es wird akzeptiert, dass in Studien zufällig ein »Unterschied« ermittelt wird, den es in Wirklichkeit gar nicht gibt.

Beispiel: Beim ersten Münzwurf liegt eine Seite oben (100 %). Zweiter Wurf: gleiche Seite (Chancen waren 50 %, oha!). Dritter Wurf: Wieder die gleiche Seite (25 %, nanu?). Vierter Wurf … (12,5 %, Moment mal!). Fünfter Wurf … (6,25 %, nee, das glaub ich jetzt nicht mehr). Fällt die Münze auch beim sechsten Mal hintereinander auf die gleiche Seite, wäre dies mit 3,125 % (< 5 %) »statistisch signifikant«. Beweist uns das jedoch, dass Betrug im Spiel ist und die Münze leichter auf die eine Seite fällt als auf die andere? Nein, tut es nicht! Es kann noch immer Zufall sein – es ist nur eben sehr unwahrscheinlich.

Fehler der zweiten Art

β-Fehler

Eine Studie kommt nicht zu einem signifikanten Ergebnis, obwohl in Wahrheit ein Unterschied besteht, doch der wird versehentlich übersehen (betrifft insbesondere kleine Gruppen). Oft werden dafür – ziemlich magere – 80 % veranschlagt.

Beispiel: Überdenken wir für einen Moment unsere Ansprüche als Konsument: Ein Feuermelder erkennt 20 % der Brände nicht oder jeder fünfte Schwangerschaftstest bleibt negativ, obwohl der Bauch der Mama schon wächst. Wären Sie mit so einer Produktqualität zufrieden? Viele Studien begnügen sich damit …

Hygiene

Lehre der Verhütung von (Infektions-)Krankheiten und der Festigung der Gesundheit. Gar nicht erst krank werden – was für ein prima Ansatz!

Beispiel: Skalpelle erst sterilisieren, dann damit operieren.

Infektion

Eindringen eines Erregers in einen Wirt mit anschließender Vermehrung. Oft merkt man das (symptomatisch), aber nicht immer (asymptomatisch).

Beispiel: Eiter läuft aus der schmerzhaften Wunde, das ist wohl kaum zu übersehen.

Beispiel: Dauerausscheider enteritischer Salmonellen merken davon nichts.

Infektiösität

Fähigkeit eines Erregers, in einem Wirt eine Infektion hervorzurufen. Dazu ist eine minimale Anzahl an Erregern erforderlich: die Infektionsdosis. Das sagt noch nichts darüber aus, ob es sich dabei um eine gefährliche Infektion handelt.

Beispiel: Für Durchfall sind 102 (= 100) –...

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