Mobbing
von: Hans-Jürgen Kratz
Redline, 2003
ISBN: 9783864140334
Sprache: Deutsch
135 Seiten, Download: 767 KB
Format: PDF, auch als Online-Lesen
Teil 2 (S: 35-36)
Was kann der Betrieb gegen Mobbing tun?
Werden Führungskräfte nach Mobbing in ihrer Firma befragt, sind häufig Statements wie auf Seite 6 zu hören. Entweder gibt es tatsächlich in dem jeweiligen Unternehmen in einem guten zwischenmenschlichen Klima kein Mobbing, oder es wird blauäugig nicht zur Kenntnis genommen, oder es fehlen dem Management schlichtweg Informationen zu diesem »heißen Eisen«. Letzterem kann die Unternehmensleitung begegnen durch die Erfassung aller Fälle, in denen Mitarbeiter den Betrieb – aus welchen Gründen auch immer – verlassen.
Ist die Abgangsrate in einem Bereich besonders hoch, werden die Alarmglocken sogleich schrillen und die Motive in einem Abgangsinterview ermittelt. Hiermit werden möglichst neutrale Stellen wie die Personalleitung oder der Betriebspsychologe beauftragt. Da der direkte Vorgesetzte häufig Scheinargumente aufgetischt erhält, ist er mit der Ermittlung der Fluktuationsmotive möglichst nicht zu betrauen. Hat der Ausscheidende bereits sein Arbeitszeugnis erhalten, wird er eher den Mut haben, offen über innerbetriebliche Probleme sowie Lösungsansätze aus seiner Sicht zu sprechen. Andernfalls wird er Zurückhaltung üben, um nicht abgeschwächt positive Zeugnisaussagen zu provozieren.
Die Auswertung der Abgangsinterviews wird verwertbare Hinweise zur Mobbingsituation geben. Sind in Ihrem Unternehmen tatsächlich keine Mobbingfälle bekannt, gilt Ihnen unser besonders herzlicher Glückwunsch. Werden Kündigungen jedoch als Flucht aus einem unerträglichen sozialen Betriebsnetz dargestellt, erkennen wir Fälle von Psychoterror, die seitens des Betriebes Vermeidungsaktivitäten unabdingbar machen. Unabhängig von der abzulehnenden Missachtung der Menschenwürde muss jedes Unternehmen aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen Mobbingaktivitäten entgegentreten.
Denn wo gemobbt wird, wird nicht gearbeitet. Mindestens zwei Menschen entziehen sich – teilweise – dem Arbeitsprozess: der Mobber und der Gemobbte. Der Mobber sinnt darüber nach, wie er einen anderen Betriebsangehörigen »zur Strecke bringen« kann, und der Gemobbte überlegt unentwegt, wie er sich seiner Haut wehren und überleben kann.
Dem Betrieb entstehen immense, zum Teil nicht bilanzierbare Kosten, die im Wettbewerb mit Konkurrenten negativ zu Buche schlagen:
- Die Produktivität fällt ab.
- Die Produktqualität sinkt.
- Die Innovationsbereitschaft ist vermindert.
- Die Abteilung muss mehr leisten, um das verringerte Leistungsvermögen des gemobbten Mitarbeiters auszugleichen.
- Mobbinghandlungen gegen einen Mitarbeiter können die gesamte Abteilung verunsichern. Mancher wird fürchten, bald selbst betroffen zu sein.