Physik für Mediziner für Dummies

Physik für Mediziner für Dummies

von: Oliver Klein

Wiley-VCH, 2020

ISBN: 9783527826209

Sprache: Deutsch

414 Seiten, Download: 24681 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Physik für Mediziner für Dummies



Kapitel 1

Physik als messende Wissenschaft


IN DIESEM KAPITEL

  • Was will Physik überhaupt?
  • Theorie und Empirie
  • Physikalische Größen und Einheiten
  • Das SI-System
  • Spezielle Einheiten in der Medizin

Physik ist eine empirische Wissenschaft. Das bedeutet, der Endboss ist die Natur. Sie alleine entscheidet, ob eine Theorie ein nettes Gedankenexperiment bleibt oder korrekt eine physikalische Gesetzmäßigkeit beschreibt. Deshalb müssen wir die Natur nach ihrer Meinung zu unseren Theorien fragen. Diese Fragen nennt man »Experimente« und im Verlauf eines Experiments werden Messungen durchgeführt. Die Natur antwortet dann in Form von Messwerten.

In die Zukunft sehen


Nur zuschauen, was die Natur so treibt, reicht natürlich nicht aus. Physiker wollen mithilfe der Messergebnisse herausfinden, ob es vielleicht Gesetzmäßigkeiten gibt. Findet man diese, kann man zukünftige Messergebnisse vorhersagen. Die Zukunft vorab zu kennen, ist relativ cool und ermöglicht es, gezielt Dinge zu unserem Vorteil zu beeinflussen. Glaubt man, eine Gesetzmäßigkeit gefunden zu haben, wird zunächst mit den Messdaten eine Theorie aufgestellt (Induktion). Mit dieser Theorie versucht man dann, zukünftige Messergebnisse vorherzusagen (Deduktion). Wenn das geklappt hat: super. Wenn nicht, gibt es zwei Möglichkeiten:

  1. Es hat überhaupt nicht geklappt: Die Messergebnisse passen nicht zu unseren Vorhersagen. Dann ist die Theorie leider für die Tonne. Ein schönes Beispiel hierfür ist das Thomsonsche Rosinenkuchenmodell von 1903 (Kapitel 20). Dieses lecker klingende Atommodell besagte, dass Atome aus positiv geladener Masse bestehen (dem Teig), in dem sich die negativ geladenen Elektronen (Rosinen) befinden. 1909 zeigte aber das Rutherfordsche Streuexperiment, dass die Atommasse hauptsächlich in einem Atomkern im Inneren der Atome konzentriert ist, das Rosinenkuchenmodell also falsch sein muss. Weil es den Ausgang des Streuexperiments nicht richtig voraussagen konnte, wurde diese Theorie verworfen und durch das Planetenmodell ersetzt.
  2. Die Vorhersage hat zwar nicht ganz geklappt, aber in weiten Teilen kann man den Ausgang des Experiments anständig vorhersagen. Ein Beispiel dafür ist die Newtonsche Mechanik, die in den folgenden Kapiteln vorgestellt wird. Stimmt die Newtonsche Mechanik exakt? Leider nein! Aber die Vorhersagefehler sind in den allermeisten Fällen vernachlässigbar klein. Wenn man sich der Einschränkungen bewusst ist, kann man diese Theorie durchaus noch weiter verwenden.

Physikalische Größen und Einheiten


In der empirischen Physik geht es zuerst um Experimente, in denen Messungen durchgeführt werden. Messen heißt hierbei einfach vergleichen. Die physikalische Größe wird mit einer vorab festgelegten Einheit verglichen. Wie oft die Einheit in die Größe passt, nennt man Maßzahl:

Die physikalische Größe kürzt man häufig mit kursiven Anfangsbuchstaben des englischen Worts ab (z. B. (force) für Kraft, (area) für Fläche, (velocity) für Geschwindigkeit, …).

Will man nur die Maßzahl einer Größe angeben, schreibt man die Größe in geschweifte Klammern. Um nur die Einheit zu erhalten, nutzt man eckige Klammern:

Eine physikalische Größe besteht also immer aus einer Maßzahl und einer Einheit:

Einheiten sind lebenswichtig!


Die Blutglucosekonzentration wird in einigen Gebieten (Westdeutschland, Österreich, USA, …) üblicherweise in Milligramm pro Deziliter () angegeben, in den neuen Bundesländern und anderen Regionen der Welt aber in Millimol pro Liter ().

Bei liegt eine extreme Unterzuckerung (Hypoglykämie) vor, bei jedoch eine Überzuckerung (Hyperglykämie). Im ersten Fall müsste Glukoselösung gegeben werden, im zweiten Fall Insulin. Eine Verwechselung wäre fatal. Immer die Einheiten angeben!

Es gibt natürlich sehr viele physikalische Größen (Geschwindigkeit, Fläche, Volumen, Kraft, Energie, Druck, Konzentration, ). Viele dieser Größen lassen sich aber einfach mit Multiplikation und Division aus anderen Größen ableiten (z. B. Geschwindigkeit = Strecke durch Zeit). Sie sind also nicht eigenständig. Außerdem gab es historisch für eine Größe nicht nur eine, sondern unter Umständen sehr viele verschiedene Einheiten.

Um das ganze verworrene System zu vereinfachen, hat man sich im Système international d'unités (SI) international auf wenige Basisgrößen geeinigt, aus denen dann alle anderen Größen mittels Multiplikation und Division abgeleitet werden können. Für jede dieser Basisgrößen wurde auch eine Basiseinheit verbindlich festgesetzt (Tabelle 1.1).

Tabelle 1.1: Basisgrößen und -einheiten des SI

Basisgröße

Symbol

Basiseinheit

Abk.

Länge

Meter

m

Zeit

Sekunde

s

Masse

Kilogramm

kg

Elektrische Stromstärke

Ampere

A

Temperatur

Kelvin

K

Lichtstärke

Candela

cd

Stoffmenge

Mol

mol

Das ist schon mal ganz gut, diese Basiseinheiten entsprechen jedoch unserer normalen Erfahrungswelt (Meter, Sekunde, Kilogramm). In den Naturwissenschaften und auch in der Medizin können die Größen aber mitunter stark von diesen Einheiten abweichen.

So ist der Durchmesser eines roten Blutkörperchens (Erythrozyt) nur:

Das sieht schon beim Hinschreiben gefährlich aus. Wenn das dreimal abgeschrieben und danach in den Taschenrechner getippt wird, hat man sehr wahrscheinlich ein paar Nullen verloren (oder gewonnen). Weniger fehleranfällig ist die Potenzschreibweise:

Für viele Zehnerpotenzen gibt es zur Vereinfachung noch Abkürzungen (Vorsilben, Tabelle 1.2). Man kann daher letztlich einfach schreiben:

Tabelle 1.2: Vorsilben (Präfixe)

Potenz

Vorsilbe

Symbol

Potenz

Vorsilbe

Symbol

Peta

P

Dezi

d

Tera

T

Zenti

c

Giga

G

Milli

m

Mega

M

Mikro

Kilo

k

Nano

n

Hekto

h

Piko

p

Deka

da

Femto

f

  • Grünes Licht hat eine Wellenlänge von .
  • In Potenzschreibweise folgt daraus .
  • Für existiert allerdings keine Vorsilbe. Man formt daher um auf entweder oder

Alle physikalische Größen, die nicht Basisgrößen sind, kann man durch Multiplikation und Division aus den SI-Basisgrößen erhalten. Damit sind auch deren Einheiten durch Multiplikation und Division der dazugehörigen Basiseinheiten bestimmt. Das kann aber sehr schnell zu unübersichtlich langen Einheiten führen:

Beispielsweise ist die Kraft definiert als Masse mal Strecke durch Zeit durch Zeit. Daraus folgt dann . Das immer sagen zu müssen, ist umständlich und macht keinen Spaß. Deswegen kürzt man hier ab und sagt einfach Newton. Newton ist eine kohärent abgeleitete SI-Einheit (es steckt ja nur kg, m und s drin) und gehört also auch zum SI.

Für viele kohärent abgeleitete SI-Einheiten gibt es solche Abkürzungen (siehe Tabelle 1.3). Mit kohärent abgeleiteten Einheiten kann man genauso rechnen wie mit SI-Basiseinheiten!

Leider gibt es in der Medizin eine Reihe von historischen Einheiten, die immer noch genutzt werden, aber nicht zum SI gehören (Tabelle 1.4). Hier müssen Sie aufpassen! Das Tolle am SI-System ist, dass man in eine Formel SI-Einheiten einsetzt und das Ergebnis dann automatisch ebenfalls in einer SI-Einheit herauskommt. Das stimmt für andere Einheiten nicht! Setzen Sie in die Beschleunigung in Inch/Quadratstunde ein, wird die Einheit der Kraft sein, und das hat einen ganz anderen Zahlenwert als die...

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