Eichmanns Memoiren - Ein kritisches Essay

Eichmanns Memoiren - Ein kritisches Essay

von: Irmtrud Wojak

Campus Verlag, 2001

ISBN: 9783593363813

Sprache: Deutsch

279 Seiten, Download: 1378 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Eichmanns Memoiren - Ein kritisches Essay



Pläne für ein »Judenreservat« (S. 103-104)

Mit dem Beginn des Krieges fanden im Herbst 1939 die ersten Deportationen von Juden aus dem nationalsozialistischen Herrschaftsbereich statt. Pläne dazu hatte es schon früher gegeben, und Eichmann war darüber informiert, doch erst im Krieg setzten ernsthafte Planungen zur Schaffung eines »Judenreservats« ein. Die Idee, die Juden nach der Zerschlagung Polens in ein »Reservat« in Restpolen abzuschieben, stammte jedoch nicht von Eichmann.

Ziel der Polenpolitik war unter der ideologischen Vorgabe der kulturellen Überlegenheit der »arischen Rasse« die Errichtung eines auf rassistischen Prinzipien fußenden Besatzungsregimes, ausgerichtet auf die »Reinhaltung« des »deutschen Volkskörpers« und, wie es Ende August in den Richtlinien für den auswärtigen Einsatz der Sicherheitspolizei und des SD hieß, auf die »Bekämpfung aller reichs- und deutschfeindlichen Elemente«. Polen wurde zum Experimentierfeld einer vielfältigen rassistischen Vertreibungs- und Vernichtungspolitik, wobei die zwei Millionen Juden, die von den deutschen Besatzern nun noch zusätzlich unter ihre Kontrolle gebracht waren, auf der untersten Stufe des von den Volkstumsideologen propagierten »Untermenschentums « rangierten. Bis Ende 1939 sind vermutlich 7 000 polnische Juden ermordet worden. Die Verfolgung der polnischen Juden bildete ein zentrales Element der deutschen Schreckensherrschaft, deren erste Opfer nicht-jüdische polnische Zivilisten waren. Das Ende der Spirale der Gewalt, in der die Politik allgemeiner Entrechtung und Terrorisierung bereits in Polen eskalierte, war im Herbst 1939 nicht mehr absehbar, und die nationalsozialistischen Volkstumsideologen, die sie in Gang gesetzt hatten, machten sich auch keine Vorstellung davon. Damit war eine Schwelle überschritten, wie Dieter Pohl ausdrücklich festgehalten hat, hinter die man nicht wieder zurücktrat.

Bereits Mitte September zeichnete sich ab, daß Himmler und Heydrich auf ein gigantisches »Umsiedlungsprogramm« zusteuerten. Die Pläne für ein »Judenreservat« verbanden sich mit dem Ausbau der anfänglich noch unklaren Besatzungspolitik und einer geplanten völkischen »Flurbereinigung«, die sich gegen die polnische Bevölkerung und in Sonderheit die polnischen Juden richtete. In diesem Punkt hatte auch das Oberkommando des Heeres (OKH) trotz zuvor geäußerter Bedenken gegenüber der »amtlichen« Judenpolitik bereits bedenkliche Konzessionen gemacht.

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