Frühe Neuzeit

Frühe Neuzeit

von: Anette Völker-Rasor (Hrsg.)

De Gruyter Oldenbourg, 2010

ISBN: 9783486592160

Sprache: Deutsch

509 Seiten, Download: 13681 KB

 
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Frühe Neuzeit



Kunstgeschichte: Bilder als Quellen gesehen (S. 237-238)

Das Fach und sein Gegenstand. Die Kunstgeschichte hat sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem selbständigen universitären Fach ausgebildet. Sie hat sich in dieser Zeit eines allgemeinen Ausdifferenzierungsprozesses der Wissenschaften von der Archäologie und der Geschichtswissenschaft getrennt. Anschließend bestimmte sie in mehreren Entwicklungsphasen ihre eigenen methodischen Zugänge sowie unterschiedliche Vorstellungen von ihrem Gegenstandsfeld. Nach heutigem Verständnis bearbeitet das Fach europäische und von Europa beeinflußte Kunst vom Ausgang der Spätantike bis zur Gegenwart. Die Konzentration auf Europa hat ihren Grund zum einen in der auf Europa fixierten Kulturvorstellung zur Entstehungszeit des Fachs, zum anderen im Kunst-Begriff selbst, der so in anderen Kulturen kaum anzutreffen ist. Beide Einschränkungen werden heute kritisch reflektiert.

In den letzten Jahren ist unter dem Stichwort Ethnozentrismus an einem ausschließlich aus dem westlichen Selbstverständnis heraus entwickelten Blick auf andere Kulturen Kritik geübt worden. Die Folgen dieser Kritik für die Arbeitsweisen der Kunstgeschichte sind noch nicht absehbar. Es muß zunächst festgehalten werden, daß sich die „Kunstgeschichten“ der außereuropäischen Kulturen meistens in den diesbezüglichenLänderkundenoderaberderEthnologie etabliert haben.Dagegenhatdie besonders seit den frühen 70er Jahren formulierte Kritik an einem engen Kunst-Begriff innerhalb des FachesWirkung gezeigt: DieVorstellung von der künstlerischen Einzelleistung in den Gattungen Architektur, Skulptur und Malerei wurde zunehmend als eine Konstruktion begriffen, die wichtige Bereiche ästhetischer Produktion ausschließt. Als allgemeinste Umschreibung kann heute festgehalten werden, daß sich das Fach mit ästhetisch gestalteten Gegenständen befaßt.

Parallel zu dieser Entwicklung veränderten sich auch die Fragestellungen: Es wurde nicht mehr nur nach dem Künstler in bezug auf sein Werk gefragt, sondern ebenso nach der Funktion des Werks oder nach dessen Rezeption, d.h. nach seiner Wahrnehmung durch zeitgenössische Betrachter und Betrachterinnen. Hinzu kam das Interesse an der Rolle der Werke in einem gesamtgesellschaftlichen Verständigungsprozeß, der auch die Produktion und Reproduktion geschlechtergebundener Stereotypen einschließt. Es ist aus dieser vielgestaltigen offenen Anlage des Fachs leicht zu erkennen, daß die Kunstgeschichte heute viele Berührungspunkte mit anderen Fächern hat. In bezug auf die Werke der Frühen Neuzeit bedeutet dies, daß Architektur, Skulptur, Tafelgeschirr, Buchillustrationen etc. ebenso zum Arbeitsbereich der Kunstgeschichte gehören wie die Bilder, die im Folgenden im Zentrum stehen.

Es ist aber zu bedenken, daß diese Gegenstände teilweise unter anderen Fragestellungen auch in weiteren Fächern untersucht werden. Die Einführungen in die Kunstgeschichte können hier eine Orientierung über die Grundfragen des Fachs geben[ Halbertsma/Zijlmans,Belting,Baumgartner], einen funktionsorientierten Zugriff präsentiert das Funkkolleg Kunst [Busch]. Der Begriff „Frühe Neuzeit“ ist keine Epochenbezeichnung der Kunstgeschichte, die statt dessen mit Bezeichnungen wie Renaissance, Manierismus, Barock und Rokoko arbeitet, welche den angesprochenen Zeitraum in etwa ausfüllen. Diese Bezeichnungen sind zugleich Stil- und Epochenbegriffe, d.h. die in einerbestimmtenZeitspannewahrnehmbaren Formcharakteristika der Kunstwerke – die Stile – sind im Laufe der kunsthistorischen Forschung zu Epochenbezeichnungen geprägt worden.

Die Grenzen einer solchen, aus ästhetischen Kriterien gewonnenen Periodisierung der Geschichte der Kunst sind unscharf, dadie Stile sich nicht abrupt verändern, sondern in zeitlichen Abläufen. In der Kunstgeschichte wird trotz mehrfacher kritischer Überprüfung weiterhin mit den genannten Begriffen gearbeitet, da sie eine schnelle Verständigung über bestimmte Zeitabschnitte ermöglichen. Für den gesamten Zeitraum der Frühen Neuzeit ist auf dem Gebiet der Kunstproduktioneine überwältigendeAusweitungdes Themen- und Gestaltungsrepertoires festzustellen. Seit der Renaissance trat das auch im späten Mittelalter schon spürbare Interesse an der Antike und an den Lebensäußerungen des einzelnen Individuumsin eine neue Phase. Die Antike wurde in ihrer literarischen Überlieferung und ihren materiellen Kulturzeugnissen intensiv erforscht.

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