Demenz

Demenz

von: Tom Kitwood

Hogrefe AG, 2004

ISBN: 9783456840383

Sprache: Deutsch

223 Seiten, Download: 3743 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Demenz



8. Die für- und versorgende Organisation (S. 151-152)

Wann immer sich Menschen zusammenfinden, um eine komplexe Aufgabe wahrzunehmen, tritt unausweichlich eine Reihe von Fragen auf: Wie muß diese Aufgabe unterteilt werden? Läßt sich auf irgendeine Weise sicherstellen, daß die Menschen ihre Arbeit richtig machen? Wer ist wem und für was verantwortlich? Welcher Spielraum soll individueller Kreativität und Initiative in jeder Rolle gegeben werden? Wer hat das Sagen, und in welchen Bereichen? Fragen wie diese gelten für jede Art von Kontext (Produktion, Kommunikation, Dienste am Menschen etc.) und für jede Art der Organisation, von der kleinen und informellen, wie der Familie, bis zur großen und bürokratischen, wie etwa einer internationalen Bank oder der gesamten Zivilverwaltung. Viele der älteren Management- Theoretiker waren der Ansicht, es gäbe eine beste Art des Funktionierens für alle Organisationen.

Heute hat sich indessen allgemein durchgesetzt, daß es für viele Organisationsformen einen passenden Raum gibt, und daß es notwendig ist, die am besten zur Aufgabe passende Form zu finden. Demenzpflege bringt ihre eigenen organisatorischen Themen mit sich, obwohl diese im allgemeinen noch nicht mit der ihnen gebührenden Tiefe und Gründlichkeit angegangen wurden. Die Crux liegt dabei in folgendem: Fürsorgen in seiner besten Form entspringt aus den spontanen Handlungen von Menschen, die über große Ressourcen verfügen und sehr bewußt sind, die einander zu vertrauen vermögen und leicht als ein Team arbeiten. Angestellte unterscheiden sich jedoch sehr hinsichtlich ihrer Erfahrung und Fertigkeit sowie in ihren Motiven für diese Art von Arbeit. Die Organisation muß demnach einen Weg finden, jeder Person den Freiraum zu geben, beste Arbeit zu leisten, während sie sich gleichzeitig gegen Schlamperei und Unzulänglichkeit schützt; Standards sind zu wahren. Es muß eine optimale Lösung gefunden werden, und dies in einem allgemeinen Kontext begrenzter Ressourcen.

In jeder Organisation, die einen Dienst am Menschen leistet, besteht eine enge Parallele zwischen der Art, in der Angestellte von ihren Vorgesetzten behandelt werden, und der Art, in der die Klienten selbst behandelt werden.Werden Angestellte alleingelassen und mißbraucht, so werden es die Klienten vielleicht auch. Werden Angestellte unterstützt und ermutigt, so werden sie ihr eigenes Gefühl des Wohlbefindens in ihren Arbeitsalltag mit einbringen. Wenn also eine Organisation dem Angebot einer ausgezeichneten Pflege für ihre Klienten wahrhaft hingegeben, wenn sie ihrem Personsein verpflichtet ist, so muß sie notwendigerweise auch dem Personsein des gesamten Personals, und zwar auf allen Ebenen verpflichtet sein. Jedes der Themen, die wir bislang in Bezug auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz untersucht haben, läßt sich auch auf diejenigen anwenden, die zu ihrer Pflege angestellt sind. In diesem Kapitel betrachten wir hauptsächlich die Merkmale einer einzelnen, an der Demenzpflege beteiligten Einheit: ein Wohnheim, ein Pflegeheim, eine Station im Krankenhaus, ein Tageszentrum. Diese Einheiten funktionieren gewöhnlich als Ableger einer übergeordneten Organisationseinheit und werden auf viele Weisen durch Politik, Verfahrensweisen und Finanzpläne eingeschränkt, über die sie wenig oder gar keine Kontrolle haben. Wenn wir jedoch einige der Faktoren erkennen können, die eine einzelne Einheit in die Lage versetzen, gut zu funktionieren, so sagt dies unter Umständen etwas darüber aus, wie die größere Organisation auf sachdienlichere und effizientere Art operieren könnte.

8.1 Organisationsstil und -struktur

Diejenigen, die Organisationen im Detail untersucht haben, legen oft dar, daß es mehrere häufig vorkommende Stil- und Strukturarten gibt, von denen eine jede für einen anderen Zweck geeignet ist. Einer Art beispielsweise konzentriert sich auf persönliche Macht und Einfluß und arbeitet mit sehr formellen Verfahren, eine andere hat sehr strikte Rollendefinitionen und greift in hohem Maße auf bürokratische Praktiken zurück, wieder eine andere funktioniert, indem sie Erfahrung bei einem spezifischen Problem zum Tragen bringt und einen hohen Grad an Flexibilität aufrecht erhält usw. [Handy, 1976, 1988]. Die meisten Organisationen tragen die Elemente von mehr als einem Idealtypus, und manche sehr große Organisationen haben verschiedene Formen auf ihren verschiedenen Ebenen bzw. in verschiedenen Sektoren.

Kategorien

Service

Info/Kontakt