Timaios - (Timaios)

Timaios - (Timaios)

von: Platon

Henricus - Edition Deutsche Klassik, 2012

ISBN: 9783847813521

Sprache: Deutsch

101 Seiten, Download: 493 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Timaios - (Timaios)



Von diesen vieren nun hat das Weltgebäude ein jedes ganz erhalten. Denn aus allem Feuer und Wasser und aus aller Luft und Erde fügte es der Bildner zusammen und ließ von keinem derselben irgend einen Teil oder eine Kraft außerhalb zurück, indem er dies dabei bezweckte: zunächst, daß es als organisches Wesen zu einem möglichst vollkommenen Ganzen durch sein Bestehen aus möglichst vollkommenen Teilen werde; sodann, daß es ein einziges sei, sofern nichts übriggeblieben, woraus ein anderes von derselben Art entstehen könnte; ferner auch dem Alter und der Krankheit nicht ausgesetzt, indem er erwog, daß, wenn einen zusammengesetzten Körper Hitze und Kalte und alles, was sonst starke Wirkungen ausübt, von außen her umgeben und zur Unzeit mit ihm zusammentreffen, sie ihn in Auflösung versetzen und ihm durch Herbeiführung von Krankheit und Alter seinen allmählichen Untergang bereiten. Aus diesem Grunde und in dieser Erwägung erbaute er denn diese Welt als ein einziges Ganzes, welches selbst wieder aus lauter Ganzen besteht und eben deshalb frei ist von Alter und Krankheit. Sodann gab er ihr auch eine Gestalt, wie sie ihr angemessen und ihrer Natur verwandt ist. Demjenigen lebendigen Wesen, welches alles andere Lebendige in sich fassen soll, dürfte nun wohl auch eine Gestalt angemessen sein, welche alle anderen Gestalten in sich faßt. Deshalb drehte er sie denn auch kugelförmig, so daß sie von der Mitte aus überall gleich weit von ihren Endpunkten entfernt war, nach Maßgabe der Kreisform, welche von allen Gestalten die vollkommenste und am meisten sich selber gleiche ist, indem er das Gleiche für tausendmal schöner als das Ungleiche hielt; auswendig aber machte er sie ringsherum auf das genaueste vollständig glatt, und zwar aus vielerlei Gründen. Bedurfte sie doch der Augen nicht, denn es war nichts Sichtbares, noch auch der Ohren, denn es war nichts Hörbares außerhalb ihrer zurückgelassen; ebenso bestand keine Luft, welche sie noch umgeben und der Einatmung bedurft hätte; auch war sie keines Werkzeuges bedürftig, um vermittelst desselben Nahrung zu sich zu nehmen und die früher zu sich genommene, nachdem sie den eigentlichen Nahrungssaft von ihr ausgesogen, wieder von sich zu geben; denn nichts sonderte sich von ihr aus, und nichts trat irgendwoher zu ihr hinzu, denn es gab nichts außer ihr; vielmehr ist sie kunstvoll dergestalt gebildet, daß ihre Aussonderungen ihr auch zugleich wieder zur Nahrung dienen, und daß sie alles innerhalb ihrer selbst erleidet und alles durch sich selber tut; denn es hielt der, welcher sie zusammenfügte, sie für vollkommener und besser, wenn sie sich selbst genügte, als wenn sie eines anderen bedürfte. Hände aber, die ihr weder um irgend etwas anzugreifen noch auch abzuwehren erforderlich waren, glaubte er nutzloserweise ihr nicht anfügen zu dürfen, und ebenso wenig Füße sowie überhaupt die zum Gehen dienenden Glieder. Denn er teilte ihr eine Bewegung zu, die einem Körper von der Gestalt des ihrigen eigentümlich und von allen sieben Bewegungen diejenige ist, die am meisten der der Vernunft und Erkenntnis nahe kommt. Nämlich gleichmäßig in demselben Räume und in sich selber führte er sie herum und ließ sie so sich umschwingend im Kreise bewegen; alle sechs andern Bewegungen aber nahm er ihr ab und machte sie von deren Irrwandel frei, und da sie zu jenem Umlauf um sich selbst der Beine nicht bedurfte, so ersehnter sie ohne Schenkel und Füße.

Diese ganze Erwägung nun also desjenigen Gottes, welcher von Ewigkeit ist, wie dieser sie über denjenigen Gott anstellte, welcher erst ins Dasein eintreten sollte, bewirkte, daß der Körper der Welt glatt und eben und überall gleich weit vom Mittelpunkte abstehend und in sich geschlossen und vollständig aus Körpern, die schon selber vollständig waren, gebildet wurde. Die Seele aber pflanzte er in die Mitte desselben ein und spannte sie nicht bloß durch das ganze Weltall aus, sondern umkleidete den Weltkörper auch noch von außen mit ihr. Und so richtete er denn das Weltganze her als einen im Kreise sich drehenden Umkreis, der, einzig und einsam, durch seine Vortrefflichkeit mit sich selber des Umgangs zu pflegen vermag und keines anderen dazu bedarf, sondern hinlänglich bekannt und befreundet ist allein mit sich selber, und durch alle diese Veranstaltungen schuf er es zu einem seligen Gotte.

Die Seele hat nun aber nicht etwa, wie wir jetzt später von ihr zu reden beginnen, so auch Gott erst nach dem Körper gebildet; denn nicht würde er bei der Zusammenfügung beider zugelassen haben, daß das Altere von dem Jüngeren beherrscht werde; sondern wir, wie wir vielfach vom Zufall und Ungefähr abhängig sind, reden nur gerade eben auf dem entsprechende Weise; er dagegen fügte die Seele so, daß sie ihrer Entstehung sowie ihrer Vortrefflichkeit nach dem Körper voranging und ihm gegenüber die dem höheren Alter zustehende Würde empfing, als seine künftige Herrin und Gebieterin aus folgenden Bestandteilen und auf folgende Weise zusammen; Aus beiden, nämlich aus der unteilbaren und immer sich gleich bleibenden Wesenheit und sodann derjenigen, welche an den Körpern teilbar wird, mischte er sie als eine dritte Art von Wesenheit zusammen, welche die Mitte hielt zwischen der Natur des Selbigen und der des Anderen, und stellte sie alle drei demgemäß in einer Reihe vor sich hin, so daß unter ihnen jene die Mitte einnahm zwischen dem Unteilbaren und dem an den Körpern haftenden Geteilten. Darauf nahm er alle drei und mischte sie zu einer einzigen Gestaltung zusammen, indem er die der Mischung widerstrebende Natur des Anderen gewaltsam mit dem Selbigen verträglich machte. Und nachdem er so beide mit der Seelensubstanz gemischt und so aus Dreien Eins gemacht hatte, teilte er wiederum dieses Ganze in so viel Teile, als es sich gehörte, so aber, daß ein jeder aus dem Selbigen, dem Anderen und der Seelensubstanz zusammengesetzt war. Er begann aber diese Teilung folgendermaßen: Zuerst nahm er einen Teil von dem Ganzen weg, darauf das Doppelte desselben, zum dritten sodann das Anderthalbfache des zweiten Teils, zum vierten das Doppelte des zweiten, zum fünften das Dreifache des dritten, zum sechsten das Achtfache des ersten und zum siebten das Siebenundzwanzigfache des ersten. Hierauf füllte er sowohl die zweifachen als dreifachen Zwischenräume aus, indem er noch weitere Teile vom Ganzen abschnitt und sie in die Mitte von ihnen hineinsetzte, so daß in jedem Zwischenraume zwei Mittelglieder waren, von denen das eine um den gleichen Bruchteil der äußeren Glieder das eine der letzteren übertraf und von andern übertroffen wurde, das andere aber um eine gleiche Zahl. Da nun aber Zwischenräume von 1 1/2, 1 1/3 und 1 1/8 durch diese Verbindungsglieder innerhalb der frühem Zwischenräume entstanden waren, so füllte er mit dem Zwischenraume von 1 1/8 alle Zwischenräume von 1 1/3 aus und ließ so von einem jeden der letzteren noch einen Teil übrig, so daß der Zwischenraum dieses Teiles, in Zahlen ausgedrückt, dem Verhältnisse der Glieder 243 zu 256 entsprach. Und damit hatte er denn auch die Mischling, von welcher er alle diese Teile hinwegnahm, ganz und gar verbraucht. Dies ganze so zusammengefügte Gebilde aber spaltete er hierauf der Länge nach in zwei Teile, verband dieselben kreuzweise in ihrer Mitte, so daß sie die Gestalt eines Chi (X) bildeten, und bog dann jeden von beiden in einen Kreis zusammen, so daß er also jeden mit sich selbst und beide mit einander in dem Punkte, welcher ihrer Durchschneidung gegenüberlag, verknüpfte, umschloß beide mit der auf dieselbe Weise und in demselben Räume herumgeführten Bewegung und machte den einen dieser Kreise zum äußeren und den andern zum inneren. Den Umlauf sodann, der im äußeren, und den, der im inneren Kreise vor sich ging, benannte er nach den beiden Wesenheiten, von welchen sie herrührten, jenen den des Selbigen und diesen den des Anderen, und führte den ersteren in der Richtung der Seite nach rechts herum, den letzteren aber in der Richtung der Diagonale nach links. Das Übergewicht aber verlieh er dem des Selbigen und Gleichartigen, denn er beließ ihn in ungeteilter Einheit; den inneren aber spaltete er sechsfach und teilte ihn so in sieben ungleiche Kreise, je nach den Zwischenräumen des Zweifachen und Dreifachen, und setzte fest, daß zwar einander entgegengesetzt die Kreise sich bewegen sollten, drei aber an Geschwindigkeit gleich, vier hingegen unter sich und von den dreien verschieden, jedoch so, daß sie sich nach einem bestimmten Verhältnisse bewegten.

Nachdem nun nach dem Sinne des Meisters die ganze Zusammenfügung der Seele erfolgt war, bildete er hierauf alles, was körperlich ist, innerhalb derselben und fügte es so zusammen, daß es dieselbe mitten durchdrang. Sie selbst aber, die sie nicht bloß das ganze Weltgebäude überall von der Mitte bis zum Umkreise durchflocht, sondern es auch von außen her ringsherum einschloß und die sie rein in sich selber ihren Kreislauf vollbrachte, nahm in dieser Weise den göttlichen Anfang eines unvergänglichen und vernunftbegabten Lebens für alle Zeiten. Und der Körper der Welt ward, wie gesagt, sichtbar, sie selbst aber zwar unsichtbar, aber, was sie eben erst zur Seele macht, der Vernunft und Harmonie der reinen Gedankenwelt und des ewig Seienden teilhaftig und so durch den edelsten Schöpfer das Edelste von allem Geschaffenen. Da sie nämlich aus der Natur des Selbigen und des Anderen und der Seelensubstanz, also aus ihrer drei Teilen, zusammengemischt und nach festen Verhältnissen geteilt und verbunden ist, und da sie in ihrem Kreislaufe in sich selber stets zu sich selber zurückkehrt, so wird sie, wenn sie mit irgend etwas in Berührung tritt, mag nun dasselbe ein teilbares Wesen haben oder ein unteilbares, durch ihr...

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