Chefs - Aufzucht, Haltung und Pflege
von: Achim Neumair, Renato Frees
Redline Verlag, 2012
ISBN: 9783864142901
Sprache: Deutsch
140 Seiten, Download: 420 KB
Format: EPUB, auch als Online-Lesen
IST DER CHEF/DIE CHEFIN IHRE KRAGENWEITE?
Ob Kleider nun Leute machen oder nicht, sei im Büroalltag mal dahingestellt. Fest steht allerdings, dass jede noch so schlampig zusammengestellte Garderobe etwas über ihren Träger aussagen soll, was durchaus nicht immer gelingt. Besonders in den Chefetagen. Hier tummeln sich die verschiedensten Kostümierungen, denn längst ist es nicht mehr der dunkelblaue Zweiteiler mit Oberhemd und dezent gemusterter Krawatte, der die obersten Hierarchieebenen prägt. Der Boss ist heute rein optisch manchmal kaum mehr vom Facility Management zu unterscheiden, und selbst der Pförtner ist bisweilen förmlicher und somit angemessener gekleidet als der Kopf des Unternehmens. Wollten Chefs früher einmal durch besonders anspruchsvolle oder teure Kleidung Welterfahrenheit, Stilsicherheit und Status betonen, wird heute mehr Wert auf »Nähe zur Belegschaft», Kreativität und Individualität gelegt. Zumindest soll es so aussehen, wenn Chef oder Chefin betont »casual» durch den Laden schreiten. Was Sie anhand der Kragenform über die Führungsbeauftragten Ihres Arbeitgebers ganz einfach ablesen und verstehen können, erklärt Ihnen die kleine Typologie der Kragenformen – für Damen und Herren.
Abteilung: Herrenoberbekleidung
Der Machthaber
Business-Hemd mit Krawatte
Vorbilder:
- Gerhard Schröder
- Wolfgang Krupp (Trigema-Chef)
- Franz Josef Strauß
Will sagen:
- »Wo ich bin, ist oben.«
Sagt aber eigentlich:
- »Ich habe keine Ahnung von Klamotten, darum mach ich’s einfach so wie andere mächtige Männer.«
- »Die Krawatte hat mein Schneider ausgesucht, der kennt sich aus mit so was. Im Gegensatz zu meiner Frau.«
Erwartet von Ihnen:
- Kadavergehorsam
- eine lückenlose Einserkarriere
- keine Bedrohnung
Hat schlechte Laune, wenn:
- der Ölpreis steigt
- Blumen wachsen
- Sie seinen Geburtstag vergessen
Hat gute Laune, wenn:
- Konkurrenten sterben
- viel Fleisch auf dem Tisch steht
- er jemandem den Urlaub streichen kann
Tipp für den guten Umgang:
Dieser Typ sehnt sich nach Anbetung. Tragen Sie ein T-Shirt mit seinem Portrait und komponieren Sie eine Hymne, die seinen Namen trägt.
Der Macher
Business-Hemd ohne Krawatte
Vorbilder:
- Kai Dieckmann
- Roman Abramowitsch
- Uli Hoeneß
Will sagen:
- »So, jetz lass Papa mal ran, sonst wird das nix.«
Sagt aber eigentlich:
- »Ich bin vor allem deswegen der Chef von irgendwas, weil ich von operativen Details viel zu wenig Ahnung habe. Manchmal wundere ich mich selbst, wie ich hier gelandet bin. Gottseidank weiß das aber niemand.«
Erwartet von Ihnen:
- dass Sie die Klappe halten.
Hat schlechte Laune, wenn:
- jemand seine Kompetenz infrage stellt
- Frauen Fußball spielen
- er von einem Kleinwagen überholt wird
Hat gute Laune, wenn:
- sein Team gewinnt (das ist natürlich sein Verdienst)
- ihn Leute »Boss« nennen (oder »Chief«)
- er sich an seine Jugend erinnert (da war er nämlich schon der Größte überhaupt)
Tipp für den guten Umgang:
Dieser Typ krempelt gerne die Ärmel hoch, damit alle seine gut gebräunten, relativ stark behaarten Unterarme sehen können. Kreieren Sie Anlässe zum Ärmelhochkrempeln, sagen Sie dann: »Tolle Unterarme, Chef.«
Der Kronprinz
Oberhemd, Button-down-Kragen und Krawatte
Vorbilder:
- KT zu Guttenberg
- Ernst August von Hannover
- Friedrich der Große
Will sagen:
- »Mit gutem Stil kenn ich mich aus.«
Sagt aber eigentlich:
- »Papa hat gesagt, ich soll das anziehen.«
Erwartet von Ihnen:
- Diskretion, Loyalität und Unterwürfigkeit. Und zwar von Ihnen, Ihren Kindern und Kindeskindern. Schließlich bezahlt er sie fürstlich.
Hat schlechte Laune, wenn:
- das »Volk« es »mal wieder nicht kapiert«.
- er zu häufig in der Einzahl angesprochen wird
- Papa schlechte Laune hat.
Hat gute Laune, wenn:
- es eine Sportveranstaltung gibt oder irgendwas anderes, was den Pöbel vom Wesentlichen ablenkt,
- die Sonne scheint (Hobbys: Kutsche, Cabrio),
- Papa Geld ausgibt
Tipp für den guten Umgang:
- Knicks und Verbeugung
- gemeinsame Verschwörung gegen Papa
Der Schlurfi
Polohemd (ohne Krawatte)
Vorbilder:
- Joschka Fischer (früher)
- Huckleberry Finn
- sein Sachkundelehrer
Will sagen:
- »Ich bin okay, du bist okay, wir sitzen alle in einem Boot.«
Sagt aber eigentlich:
- »Ich würde viel lieber den ganzen Tag surfen, aber ich darf ja nicht, weil meine superreichen Eltern gesagt haben, ich soll lieber Geld verdienen.«
Erwartet von Ihnen:
- Ach, eigentlich nichts Besonderes. Vielleicht Engagement für eine Minderheit.
Hat schlechte Laune, wenn:
- alle irgendwie so schlechte Vibes verbreiten.
- sein Fahrrad kaputt ist.
- ein Tier stirbt.
Hat gute Laune, wenn:
- eine Firmenfeier ansteht.
- seine Solaraktien im Wert steigen.
- er nicht selber fahren muss.
Tipp für den guten Umgang:
Unbedingt sofort duzen, die CDU für rechtsradikal halten und – ganz wichtig: Autos lieben, aber ihre Fahrer hassen.
Der Professor
Oberhemd + Fliege
Vorbilder:
- Uwe Wesp (ZDF-Wetterfrosch)
- Karl Lauterbach, SPD
- Albert Einstein
Will sagen:
- »Ich bin ein Superhirn, meine Entscheidungen basieren auf den jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnissen.«
Sagt aber eigentlich:
- »Ich bin ein gefühlskalter Fachidiot, und die Welt da draußen ist ein Ort des Schreckens für mich.«
Erwartet von Ihnen:
- Präzision, Effizienz und die Fähigkeit, ohne Nahrung, Licht und Luft Ihren Job zu erledigen.
Hat schlechte Laune, wenn:
- die Rechnung nicht aufgeht.
- die Technik versagt.
- die Gleichung zu viele Variablen hat.
Hat gute Laune, wenn:
- alles rechtwinklig liegt (Sie eingeschlossen).
- niemand seine Excel-Tabellen versteht (lauter Idioten).
- Maschinen Menschen ersetzen.
Tipp für den guten Umgang:
Sprechen Sie oft über Quantenmechanik, lästern Sie lautstark über Religionen und Horoskope.
Der Visionär
Rollkragenpullover
Vorbilder:
- Steve Jobs
- Andy Warhol
- Richard Branson
Will sagen:
- »Ich bin der innovativste Geist unter der Sonne.«
Sagt aber eigentlich:
- »Ich bin ein eitler Egomane und hasse Menschen.«
Erwartet von Ihnen:
- Was auch immer Sie tun, tun Sie’s unauffällig und schnell. Wirklich wichtig kann es sowieso nicht sein.
Hat schlechte Laune, wenn:
- zu viele Dokumente auf seinem Computer-Desktop rumliegen.
- seine Assistentinnen »schlecht drauf« sind (Commitment).
- seinem Genie nicht ausreichend gehuldigt wird.
- es Hühnerfrikassee in der Kantine gibt.
Hat gute Laune, wenn:
- Worte oder Gegenstände, die mit seinem Unternehmen zu tun haben, »sexy« sind.
- es etwas Vegetarisches in der Kantine gibt.
- er öffentliche Auftritte wahrnehmen kann. ...