Alpsommer - Mein neues Leben als Hirtin

Alpsommer - Mein neues Leben als Hirtin

von: Ute Braun

Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, 2009

ISBN: 9783838700038

Sprache: Deutsch

240 Seiten, Download: 206 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Alpsommer - Mein neues Leben als Hirtin



ALLEIN UND DOCH NICHT EINSAM BEGEGNUNGEN MIT DER NATUR UND DEN MENSCHEN (S. 109-110)

Die Luft ist klar. Der Wind kämmt die hohen Halme der Heumatte, lässt Wellen in rhythmischer Folge von Westen nach Osten laufen: wogendes Grün. Die braune Masse des Misthaufens ist übersät von den feinen Blüten des Holunderbuschs daneben. Erinnerungen an Fronleichnam.Mit diesen Eindrücken den Morgen begrüßt, die Rinder angebunden, den Ziegen Anweisungen mit auf den Weg gegeben, Hühner und Enten in den Tag entlassen, Schwein gefüttert, Hasen gelobt, Katze gestreichelt, mit Rufus gebalgt, den Käse in seine Form gebracht – nun habe ich frei bis zur Abendarbeit, sitze in meinem Sessel auf der Veranda, Rufus zu meinen Füßen.

Wie ich es liebe, nach der Vormittagsarbeit frei zu sein, ohne Pläne, Verpflichtungen. Ich blicke zum Himmel, über die Weiden, in den Garten, rüber zum Hausberg. Ein freundlicher Tag, eine bunte Welt, ein zufriedenes Leben. Zufrieden?Als mir im Winter der alte Herr Emmer von seinem Leben erzählte, mir die Aquarelle zeigte, die er in Südfrankreich gemalt, und die Masken, die er von seinen Reisen mitgebracht hatte, als er mit strahlenden Augen von seinem Praxisalltag berichtete, fragte ich ihn, ob er mit seinem Leben zufrieden sei.

Er antwortete: »Mehr als das.« Ich war beeindruckt. Gilt doch Zufriedenheit den älteren Menschen, die ich bisher danach gefragt habe, als höchstes Gut. Gerade bin ich auch mehr als zufrieden. Kein »Ich müsste ...«, »Es wäre gut ...«. Und wenn es mir gefällt, bleibe ich bis zum Abend hier sitzen.Wenn ich genau hinfühle, täte es mir trotzdem gut, wenn heute mal jemand vorbeikäme, mit dem ich ein paar Worte sprechen könnte. Seit der Ziegensuchaktion letzte Woche war ich nicht mehr »unten«, und kein Mensch war hier.In der Sonne wird es mir zu heiß. Ich stehe auf, gehe zur Misthaufenseite in den Schatten und lege mich dort auf die Bank.

Kissen unter den Kopf, Beine übereinandergeschlagen. Das Nest der Hausrotschwänze direkt über mir an der Unterkante des Daches ist leer. Prima, sonst könnte ich nicht guten Gewissens hier sein. Nachdem die Jungen geschlüpft waren, organisierten die Vogeleltern unermüdlich den ganzen Tag Futter für ihre Kleinen. Sobald ich meinen Platz auf der Bank einnahm, trauten sie sich nicht mehr heran. Sie machten mit vollem Schnabel halt auf der Mistrampe, starteten aufgeregt einige Anflüge auf ihr Nest und drehten kurz vor dem Ziel ab. Ob ich wie versteinert dasaß oder nach dem Vorbild des heiligen Franziskus mit ihnen redete, es gelang mir nicht, ihr Vertrauen zu gewinnen. Schließlich zog ich mich zurück, damit die Vogeleltern ihrer Aufgabe nachgehen konnten.

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