Taschenbuch der Zuverlässigkeits- und Sicherheitstechnik

Taschenbuch der Zuverlässigkeits- und Sicherheitstechnik

von: Arno Meyna, Bernhard Pauli

Carl Hanser Fachbuchverlag, 2003

ISBN: 9783446224742

Sprache: Deutsch

502 Seiten, Download: 4208 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Taschenbuch der Zuverlässigkeits- und Sicherheitstechnik



Einführung (S. 13-14)

Das Fachgebiet technische Zuverlässigkeit - auch Zuverlässigkeitssystemtheorie genannt - entstand in den 40er Jahren bei der Entwicklung des Flugkörpers F 103 in Peenemünde. Aufgrund des häufigen, unvorhersehbaren Versagens jeweils anderer Komponenten und Baugruppen wurden erstmalig wahrscheinlichkeitstheoretische und statistische Überlegungen zur Zuverlässigkeitsbewertung im ingenieurwissenschaftlichen Bereich - als Systemdenken - eingeführt.

Ausgehend aus dem Bereich der Luft- und Raumfahrt entwickelte sich die neue Disziplin technische Zuverlässigkeit mit ihrer probabilistischen Denkweise zu einer selbstständigen ingenieurwissenschaftlichen Fachdisziplin, d.h. die Methoden und Verfahren sind allgemeingültig, und werden heute in fast allen technischen Fachsparten u.a. zur probabilistisch orientierten und sicherheitstechnischen Bewertung komplexer Systeme einschließlich Produkte und Produktionsmittel genutzt. Was ist Zuverlässigkeit?

Stellt man dem Käufer eines technischen Produktes diese Frage, so wird er wahrscheinlich antworten, daß das Produkt eine gewisse Zeit entsprechend dem Verwendungszweck und Anforderungen einwandfrei funktionieren soll. Die Nutzungszeit soll möglichst groß und ungefähr vorausbestimmbar sein. Der Kunde weis auch, daß ein hochwertiges Produkt in der Regel teurer ist als ein vergleichbares weniger zuverlässiges, und daß die Reparaturanfälligkeit entsprechend geringer sein wird. Auch der Hersteller eines Produktes möchte prinzipiell mit einem vertretbaren wirtschaftlichem Aufwand ein zuverlässiges Produkt auf den Markt bringen; bedeutet hohe Zuverlässigkeit doch einen Wettbewerbsvorteil. Er ist sich auch bewusst, daß ein unzuverlässiges Produkt erhebliche zusätzliche Kosten verursachen und zu einem Imageverlust oder gar zu Haftungsansprüchen führen kann.

Da die Zuverlässigkeit nicht in ein Produkt hineingeprüft, sondern hineinentwickelt und gefertigt werden muß, setzt hohe Zuverlässigkeit eine systematische Planung in Form eines Zuverlässigkeitsprogrammplans („reliability program plan") unter Berücksichtigung der Lebenszykluskosten (Life Cycle Cost, LCC) voraus (⇒Kap. 11). Neben den technischen kommen somit auch verstärkt wirtschaftswissenschaftliche, organisatorische u.a. Methoden zur Sicherstellung einer hohen Produktzuverlässigkeit zur Anwendung. Die wesentlichen Schritte und die Grundlagen eines Zuverlässigkeitsprogramms sind in „US MIL-STD-785 Reliability Programs for Systems and Equipments- Development and Production", „British Standard BS 5760 Reliability of System, Equipments and Components", „Technical IEC Commitee 56 Reliability and Maintainability Management" (identisch mit „DIN IEC 300"), „VDI-Handbuch Technische Zuverlässigkeit" u.a. aufgeführt. Leider berücksichtigen die „DIN / ISO 9000-9004" die Aspekte eines modernen Qualitäts- und Zuverlässigkeitssystems nur ungenügend.

Die Begriffe und Kenngrößen der Zuverlässigkeit sind in „DIN 40041" genormt (siehe hierzu auch „VDI-Handbuch Technische Zuverlässigkeit, Richtlinien Nr. 4001 bis 4010") und insbesondere „EDIN IEC 50-191-01" und „IEV Kapitel 191". Hiernach versteht man unter Zuverlässigkeit („dependability") die Beschaffenheit einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, während oder nach vorgegebener Zeitspanne bei vorgegebenen Anwendungsbedingungen die Zuverlässigkeitsforderungen zu erfüllen, bzw. einen Teil der Qualität im Hinblick auf das Verhalten der Einheit während oder nach vorgegebenen Zeitspannen bei vorgegebenen Anwendungsbedingungen; verkürzt spricht man auch von „Zuverlässigkeit ist Qualität auf Zeit". Dabei kann anstelle einer Zeitspanne, z.B. Stunden, auch eine vorgegebene Anzahl von Betriebszyklen oder ähnliches benutzt werden. Der Begriff Zuverlässigkeit ist hier umfassend zu verstehen. Der Begriff „reliability" ist dagegen teils in der Bedeutung Funktionsfähigkeit, teils in der Bedeutung Überlebenswahrscheinlichkeit definiert und daher als Übersetzung für Zuverlässigkeit mißverständlich. Als Teil der Qualität eines Produktes hat die Zuverlässigkeit einen großen Einfluß auf dessen Akzeptanz.

Aufgabe der Zuverlässigkeitsplanung und Berechnung ist es, schon in der Planungs- und Entwicklungsphase die zu erwartende Zuverlässigkeit des Produktes den Forderungen der Verwendung anzupassen, während der Zuverlässigkeitsprüfung die laufende Überwachung der Einhaltung der Zuverlässigkeitsforderungen obliegt. Die Zuverlässigkeit einer Einheit ist nur im Hinblick auf vorgegebene Anwendungsbedingungen definiert; Erhöhungen der Umwelt- oder Funktionsbeanspruchungen gegenüber den vorgegebenen Anwendungsbedingungen bewirken regelmäßig eine Abnahme der Zuverlässigkeit. Die Einflußnahme auf die Anwendungsbedingungen durch den Hersteller sind allerdings in der Regel sehr begrenzt; um dennoch den Zuverlässigkeitsanforderungen der Verwender zu genügen, bietet sich die Entwicklung robuster Systeme (Versuchsplanung) an (Meyna, 1997).

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