Pubertät - wenn Erziehen nicht mehr geht - Gelassen durch stürmische Zeiten

Pubertät - wenn Erziehen nicht mehr geht - Gelassen durch stürmische Zeiten

von: Jesper Juul

Kösel, 2010

ISBN: 9783641038618

Sprache: Deutsch

224 Seiten, Download: 335 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Pubertät - wenn Erziehen nicht mehr geht - Gelassen durch stürmische Zeiten



Eltern tun immer ihr Bestes! Noch nie habe ich erlebt, dass Eltern ihren Kindern Schaden zufügen wollten. Immer waren diejenigen Handlungen von Eltern, die man vielleicht als unsinnig oder falsch beschreiben könnte, getrieben von Hilflosigkeit, Angst und Verunsicherung. Aber nie wollten Eltern, dass ihre Kinder Schaden nehmen. (Ich spreche hier von den 99,9 Prozent der Familien und nicht von den 0,1 Prozent, über die so spektakulär in den Medien berichtet wird.) Die Liebe, die Kinder und Eltern verbindet, ist viel tiefer, als uns klar ist. Diese Liebe richtet sich auf Wesentliches. Alltägliche Details wie das Einhalten oder Nichteinhalten von vereinbarten Regeln sind davon unberührt. Was wir Eltern tun und sagen, hat Gewicht. Und es führt oft nicht unmittelbar zu den gewünschten Ergebnissen. Aber es macht immer einen Eindruck auf unsere Kinder.
In seiner Arbeit mit Familien ist es dem dänischen Familientherapeuten Jesper Juul ein Anliegen, Eltern zu stärken, die nach neuen Wegen mit ihren Kindern suchen. Wie kann ich als Vater oder Mutter meine eigene Integrität erhalten, ohne die der Kinder zu verletzen? Auf einem solchen Weg werden sich die Eltern darüber klar, was sie wollen und welche Folgen das für die Beteiligten hat. Eine solche Klärung kann zum Beispiel im Gespräch gelingen und indem Eltern bemerken, dass sie nicht allein mit ihren Sorgen sind. Sie bemerken auch, dass es Fachleute oft selbst nicht besser können, aber so leicht besser wissen. Und dass die Kunst darin besteht, sich auf die Wachstumschance »Beziehung« zum Partner und zu den Kindern einzulassen - wobei es genügt, »ausreichend gut« zu sein, nicht »perfekt«.
In diesem Buch geht es um Pubertät und wie Eltern und ihre Kinder gemeinsam gut durch diese stürmische Zeit kommen können. Wir möchten Ihnen möglichst wenig Theorielastiges und möglichst viel Praxisnahes anbieten. Nach Jesper Juuls grundlegenden Hinweisen darüber, was für Eltern und Jugendliche in der Pubertät nützlich sein kann, lesen Sie deshalb mehrere Briefwechsel zwischen Jesper Juul und Eltern bzw. Jugendlichen, die ihm von ihren Nöten geschrieben haben. Häufige Sorgen, die rund um die Pubertät auftauchen (zum Beispiel Schulprobleme, Übernahme von Verantwortung für sich selbst und für die Gemeinschaft, Umgang mit Alkohol, Strafe und Konsequenzen, Kommunikation und Vertrauen), kommen hier zur Sprache. Mögliche Lösungen werden deutlich.
Wie der schrittweise Veränderungsprozess von Erziehung hin zu Beziehung, der für Eltern in der Pubertät ihrer Kinder ansteht, aussehen kann, wird noch genauer sichtbar im dritten Teil des Buches: Im März 2009 nahmen zehn Familien an einem familylab-Workshop teil. Sehr offen sprachen sie über ihre Situation und ihre Schwierigkeiten. Während der intensiven drei Tage skizzierte Jesper Juul zusammen mit Eltern und Jugendlichen die neue Rolle und die neuen Aufgaben der Eltern in dieser Phase. Denn für traditionelle Erziehung ist es zu spät, wenn Kinder in die Pubertät hineinwachsen. Eltern und Familie sind aber nach wie vor für die Teenager von großer Bedeutung, selbst wenn Jugendliche die meiste Zeit mit Gleichaltrigen verbringen. Dieses Buch will anhand konkreter Beispiele neue Perspektiven für ein gelingendes Zusammenleben vermitteln. Dabei möchte ich mich als Leiter von familylab Deutschland und als Herausgeber dieses Buches sehr herzlich für die Offenheit der beteiligten Familien bedanken!
In der Pubertät haben Eltern und Jugendliche die wunderbare Möglichkeit, ihre Beziehung so zu verändern, dass das, was bisher nicht möglich war, möglich wird. Dabei liegt die Führung bei den Eltern. Führung bedeutet in diesem Fall - wie immer, wenn es um Führung geht -, sich auf den anderen einzulassen, seine Sicht verstehen zu wollen, und nicht Befehl, Kontrolle und Gehorsam. Nicht erziehen oder manipulieren, sondern begleiten, zur Verfügung stehen. Das ist so schwer, weil es so neu ist - für uns alle.
Jesper Juul antwortet im Gespräch mit einer Mutter auf ihre Frage: »Wie soll ich mit meinem 19-jährigen Sohn umgehen?«, so: »Es geht um deine Grenzen. Womit kannst du leben und womit nicht? Eltern bleiben auch in der Pubertät wichtige Modelle, Vorbilder und Sparringspartner für ihre Kinder. Man sollte seine eigenen Werte, Gefühle und Grenzen nicht für seine Kinder opfern. Ich habe wenig Respekt für solche Ideen, die sagen: Jetzt musst du durchgreifen^ Es ist immer eine Art von Manipulation: Ich verhalte mich auf eine bestimmte Weise, weil ich eigentlich will, dass du anders wirst, und das funktioniert nie in Liebesbeziehungen.«
Die Anforderungen, die Eltern heute erleben, sind einzigartig in der Geschichte: Eltern sollen ihre Partnerschaft wie auch ihr Elternsein völlig neu erfinden. Wir sind Zeugen von viel mehr als einem Generationenwechsel. Bis vor einem halben Jahrhundert konnten wir die Beziehungsmodelle, die unsere Eltern vorgelebt haben, einfach wiederholen. Viele Paare und Eltern wollen das heute nicht mehr, was regelmäßig zu einer konstruktiven Verunsicherung führt.
Die Ehe ist keine Notwendigkeit mehr, sondern eine existenzielle und emotionale Wahl; wir sehen neue Formen des Zusammenlebens; die Geschlechterrollen befinden sich in der Auflösung; und mitten in diesem Ganzen sollen wir uns Kindern und Jugendlichen gegenüber verhalten, die sowohl in der Familie als auch in der Gesellschaft einen ganz neuen Status bekommen haben. Kein Wunder, dass wir Eltern immer wieder schwach werden und mit autoritären Befehlen, Strafen und Kontrolle versuchen, der Situation »Herr« zu werden. Das geht regelmäßig schief! Die Kinder und Jugendlichen spüren unsere Unsicherheit und unser schlechtes Gewissen, mit dem wir uns bemühen, eine Richtung vorzugeben. Jesper Juul gibt mit seiner Arbeit und seinen Erfahrungen Eltern die gute Nachricht, dass sie nicht perfekt sein müssen. Dass es nicht so sehr darum geht, mit welchen Manieren mein Kind isst, sondern ob es uns miteinander gut geht und ob es uns schmeckt!
Ich habe den allergrößten Respekt vor den vielen Eltern, die den Mut haben, sich zu diesen vielfältigen Unsicherheiten zu bekennen und sich damit in eine lebenslange Entwicklung mit ihren Kindern begeben. Für sie ist die Familienwerkstatt familylab mit ihren vielen Angeboten für Eltern, Partner, Familien, Schulen und Unternehmen gedacht. Wir Eltern bemerken heute, dass unser Wunsch nach Orientierung leicht in einer starken Anlehnung an enge, harte Wertesysteme endet. Die vermeintliche Sicherheit zu wissen, was »richtig« und »falsch« ist, schlägt schnell um in Abhängigkeit.

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