Bier ist ein ganz besonderer Saft

Bier ist ein ganz besonderer Saft

von: Friedrich G. Hoepfner

ePodium, 2002

ISBN: 9783980823104

Sprache: Deutsch

71 Seiten, Download: 2498 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Bier ist ein ganz besonderer Saft



Vielfalt des Geschmacks (S. 34-35)

Für den deutschen Brauer ist klar, was man mit dem Wort Bier meint. Doch schon seine Stammkunden haben einen viel weiteren Begriff davon und können sich z.B. durchaus vorstellen, einmal ein Kirschbier zu sich zu nehmen - und sei es auch nur aus Neugier. Da wird dem Fachmann der Segen des Reinheitsgebotes plötzlich zum Fluch: Seine Wahrnehmungsfähigkeit ist eingeengt. Er kann sich kaum mehr vorstellen, einmal etwas ganz anderes zu brauen und zu verkaufen. Auf Dauer bedeutet das, bestimmten Konkurrenten eine Marktnische freizuhalten. Warum schaffen wir dieser Konkurrenz einen Naturschutzpark?

Man könnte es meinen, wenn man z.B. unsere Untätigkeit angesichts des Erfolges belgischer Fruchtbiere beobachtet. Kirschen, Pfirsich, Avocado und Nüsse - alle können ein Bier aromatisieren. Ist schon bewiesen, daß das nicht schmeckt? Wenn es nur danach ginge, müßte mancher Softdrink schon längst vom Markt verschwunden sein, der den Brauern noch nie geschmeckt hat, und alkoholfreies Bier hätte es noch nie gegeben. Wenn wir die Vielfalt geschmacklicher Möglichkeiten akzeptieren, dann verstehen wir auch die Neugierde unserer Kunden. Ich kenne keinen, der nur noch Kirschbier trinken will, aber viele, die einen Schluck ganz amüsant finden.

Warum lassen wir sie alleine auf Entdeckungsreise gehen? Ist das Reinheitsgebot nicht zu schade, um als Ausrede für Tatenlosigkeit zu dienen? Nichts hindert uns daran, weiter Bier nach dem Reinheitsgebot zu brauen, und zusätzlich bierähnliche Getränke anderer Zusammensetzung. Logisch: Die Kunden bewegen sich. Wer nicht mitgeht, wird von ihnen verlassen. An dieser Stelle möchte ich eine Grafik einfügen. Sie zeigt die Entwicklung der Bierproduktion in Baden-Württemberg, die in den letzten 12 Jahren um knapp 30 % gesunken ist.

Um die Dramatik deutlich zu machen, habe ich die Null-Linie bei 8.000.000 Hektoliter angesetzt. Wie der Brauerbund auf Befragen versichern würde, halten sich die hiesigen Brauereien alle fest an das Reinheitsgebot. Also alles in Ordnung? Wo sitzt die Null-Linie morgen? Spaß beiseite. Sicher wäre es ein Irrweg, wollten nun plötzlich alle Brauereien über ihren kleiner werdenden Schatten springen und Kräutersude verkaufen. Aber ein wenig mehr Experimente wären auch ohne Identitätsverluste möglich. Warum nicht einmal andere Hefen einsetzen, vom Mälzer ein paar kreative Körner für das Hamsterbier (Korenwolf - Hamster wird von der G.V. Gulpener Bierbrouwerij in Holland gebraut) bestellen -aus reinem Vierfruchtschrot, natürlich-, warum nicht das jetzt schon mögliche Geschmacksspektrum ganz ausschöpfen? Und dann, welches Kind fällt denn wirklich in den Brunnen, wenn’s im Taubertal auch einmal ein Schlehenbier zum Versuchen gibt, oder der Eisvogel uns aus dem Herzen der Natur ein Weißbier mit hessischem Äpfelzusatz liefert? Für deutsche Brauer ist das eine Grundsatzfrage, aber für die Kunden ein Riesenspaß. Diese werden sich an Silvester in jedem Fall amüsieren - ob mit oder ohne Bier, das sieht man dann. In den USA gibt es jetzt Clubs, die quasi im Abonnement monatlich neue Biere ins Haus zum Test schicken. Schon findet sich die erste Kopie dieser Idee in Europa, nämlich beim Haus der 111 Biere in Hamburg. Ist das nicht eine hervorragende Werbung für Bier an sich?

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