Brandwashed - Was du kaufst, bestimmen die anderen

Brandwashed - Was du kaufst, bestimmen die anderen

von: Martin Lindstrom

Campus Verlag, 2012

ISBN: 9783593416755

Sprache: Deutsch

352 Seiten, Download: 2745 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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Brandwashed - Was du kaufst, bestimmen die anderen



Einleitung - Auf Markenentzug

In Großbritannien gibt es eine Bewegung gegen das Konsumdenken namens Enough. Ihre Anhänger glauben, dass wir alle einfach viel zu viel konsumieren und unsere von übersteigertem Konsum geprägte Gesellschaft mitverantwortlich ist für viele der sozialen Missstände, die unseren Planeten belasten - von der globalen Armut über die Umweltzerstörung bis hin zur sozialen Entfremdung. Enough drängt die Menschen, sich zu fragen: 'Wie viel ist genug?', 'Wie lässt es sich leichter leben - mit weniger?' und 'Wie machen wir unser Wohlbefinden unabhängig vom Kaufverhalten?'

Das spricht mir aus dem Herzen. Marketing ist zwar mein Beruf, doch gleichzeitig bin ich auch Verbraucher. Ich habe über 20 Jahre lang im Markenkrieg an der Front gestanden, in den größten Unternehmen der Welt unzählige Stunden hinter verschlossenen Türen mit CEOs, Werbemanagern, Marketing-Experten zugebracht und ihnen bei der Entwicklung mancher der erfolgreichsten Kampagnen der letzten zwei Jahrzehnte geholfen. Ich kenne daher all die psychologischen Tricks und Kniffe, die Unternehmen und ihre cleveren Marketing- und Werbefachleute ersonnen haben, um uns bei unseren tiefsten Ängsten, Träumen und Wünschen zu packen - nur damit wir ihre Marken und Produkte kaufen. Und mitunter war ich darüber wirklich erschüttert.

Ja, ich war einer von ihnen. Nein, ich bin nicht immer stolz darauf. Ich habe Kampagnen mitentwickelt, auf die ich äußerst stolz bin. Aber ich habe auch gesehen, wie weit Marketing gehen kann. Und aus diesem Grund habe ich, als ich anfing, an diesem Buch zu arbeiten - das, wie ich hoffe, dort weiter macht, wo Vance Packards Klassiker von 1957, Die geheimen Verführer, aufhört - als Verbraucher beschlossen, dass ich schlicht und einfach genug hatte.

Deshalb entschied ich mich letztes Jahr für einen Markenentzug - eine Art Konsumfastenkur. Konkret nahm ich mir vor, ein ganzes Jahr lang keine neuen Marken zu kaufen. Was mir bereits gehörte - meine Kleidung, mein Handy und dergleichen -, würde ich weiter benutzen. Doch ich würde nicht eine neue Marke kaufen. Was ich unter 'Marke' verstehe? Nun, in meiner Branche betrachte ich das Leben durch eine ganz bestimmte Linse: eine, die praktisch alles auf Erden - von Mobiltelefonen und Computern über Armbanduhren und Kleidungsstücken bis zu Filmen, Büchern und Nahrungsmitteln, ja, sogar Prominente und Sportmannschaften, als Marke wahrnimmt. Als eine Art von Identität. Als Mitteilung an die Welt darüber, wer wir sind oder wer wir gerne wären. Kurz, in der modernen, marketing- und werbegesättigten Welt können wir den Marken nicht entkommen.

Dessen ungeachtet war ich fest entschlossen, zu beweisen, dass es trotzdem möglich war, allen Versuchungen zu widerstehen, in die uns unsere verbrauchsorientierte Kultur führt.

Dass das nicht einfach werden würde, war mir klar - vor allem für jemanden, der 300 Tage im Jahr unterwegs ist. Es würde bedeuten: kein Pepsi mehr, kein Fiji Water, kein Gläschen guten französischen Weins. Das neue Album, über das ich schon so viel Gutes gehört hatte? Vergiss es. Die amerikanische Kaugummimarke, die mir so schmeckt? Keine Chance.

Wie hat sich mein Lebensstil dadurch sonst noch verändert? Da ich keine Markenlebensmittel wie Cheerios oder englische Muffins mehr kaufen durfte, aß ich von nun an einen Apfel zum Frühstück. Zum Rasieren benutze ich einen batteriebetriebenen Gillette-Power-Rasierer namens Fusion. Zum Glück besaß ich ihn schon, doch da ich keine Rasiercreme mehr kaufen konnte, gewöhnte ich mir an, mich in der Dusche zu rasieren. Meine elektrische Zahnbürste und die Tube Colgate tauschte ich gegen die kleinen Reisezahnbürsten, die man im Flugzeug umsonst bekommt - und ich verwendete auch alle anderen Gratisprodukte, die Fluggesellschaften und Hotels anboten.

Manches musste ich mir ganz abgewöhnen. In Länder, in denen die einheimische Küche mit Vorsicht zu genießen ist, nehme ich immer ein paar Päckchen Ramen-Fertignudeln mit. Tja, damit war es vorbei. Ich musste wohl oder übel mein Glück mit dem Essen vor Ort versuchen. Wie jeder Reisende weiß, ist die Luft auf Langstreckenflügen und in Hotelzimmern oft trocken. Deshalb benutze ich für mein Gesicht gern eine Feuchtigkeitscreme für Männer von Clarins. Wenn eine Erkältung im Anzug ist, werfe ich normalerweise Vitamin C ein. Jetzt musste ein Glas Orangensaft reichen (echter Orangensaft, natürlich). Vor Fernsehauftritten greife ich mitunter zu einem Haargel namens Dax, wenn sich meine Frisur nicht bändigen lässt. Ein Jahr lang fuhr ich mir mit dem Kamm durchs Haar und hoffte das Beste. Würde ich anders leben, wäre ich vielleicht ganz ohne Markenprodukte ausgekommen. Doch angesichts meines Nomadendaseins war mir klar, dass ich Ausnahmen zulassen musste. Bevor ich auf Entzug ging, legte ich daher ein paar Grundregeln fest. Wie schon gesagt, würde ich alles weiterbenutzen, was ich bereits besaß. Ich durfte auch Flugtickets, Hotelzimmer, Beförderungsdienstleistungen und natürlich nicht-markengeschützte Lebensmittel einkaufen (damit ich nicht verhungern musste). Nur neue Marken durfte ich nicht erwerben - und auch nicht darum bitten. Wenn im Flugzeug der Getränkewagen kam, konnte ich nicht sagen: 'Ein San Pellegrino mit Limette, bitte', sondern bat schlicht um 'ein Wasser'. Ich ging weiter in Restaurants, bestellte aber nur noch den 'Hauswein'. Und wenn die Beilage zu einem Gericht Kartoffeln 'Provençal' oder 'Adirondack-Tomaten' hieß, dann musste ich mir eben etwas anderes aussuchen.

Die ersten Monate schlug ich mich wacker, wenn ich das so sagen darf. In mancher Hinsicht erleichterte es mich sogar, dass ich nichts Neues kaufen musste. Trotzdem war es nicht einfach. Haben Sie jemals versucht, in einem Supermarkt einzukaufen, ohne auch nur eine einzige Marke in den Einkaufswagen zu legen? Wenn ich am Flughafen Zeit totschlagen muss, bummle ich zum Beispiel gern durch die Duty-Free-Shops. Es macht mir Spaß, Geschenke für Freunde auszusuchen, oder meine Schokoladenvorräte aufzustocken. Prompt fiel mir ein: Aber Martin, du bist doch auf Markenentzug. Ich musste kehrt machen und unverrichteter Dinge weitergehen. Während meiner Fastenkur kämpfte die Welt mit der schlimmsten Rezession seit der Weltwirtschaftskrise, die zumindest zum Teil auf unkontrollierten Konsum zurückzuführen war. Wie die meisten Menschen beschlich auch mich das Gefühl, dass ich nur kaufen sollte, was ich wirklich brauchte. Weil Unternehmen und Werbeagenturen genau wussten, dass viele Menschen so dachten, taten sie alles, um uns dazu zu bringen, unsere Brieftasche zu öffnen. Von London über Singapur und Dubai bis nach New York lockten überall fantastische Angebotsaktionen und Schnäppchen. Allem Anschein nach gab es kaum ein Schaufenster ohne Schilder, die 50 Prozent Nachlass oder zwei Artikel zum Preis von einem versprachen. Auf der Straße erschlugen mich förmlich die Plakate und Anzeigetafeln mit Werbung für einen verführerischen neuen Duft oder eine tolle neue Uhrenmarke - zum Sonderpreis, versteht sich. Wenn ich den Fernseher einschaltete, lief offenbar nur Werbung: schicke Mittzwanziger versammelten sich am Pool, um eine bestimmte Biersorte zu genießen. Kinder mit rosigen Wangen fanden sich an einem sonnigen Morgen am Frühstückstisch ein, um schüsselweise bestimmte Frühstücksflocken zu mampfen.

Goldmedaillengewinner vollbrachten athletische Höchstleistungen in Kleidung und Turnschuhen eines bestimmten Sportartikelherstellers. Selbst Flaschen mit Mundwasser oder Fruchtsaft, Kartoffelsnacks und Schokoriegel, die mir zuvor nie aufgefallen waren, sprangen mich von den Regalen der Supermärkte und Drogerieketten förmlich an und wirkten seltsam unwiderstehlich.

Doch ich stand über den Dingen. Im Rahmen meiner Entziehungskur war es mir noch nicht einmal erlaubt, mir ein Buch, eine Zeitschrift oder eine Zeitung zu kaufen (ja, für mich sind das alles Marken, mit der Sie der Welt mitteilen, wer Sie sind - oder manchmal auch, wie Sie gerne wahrgenommen werden möchten). Ich kann Ihnen sagen, so ein 14-stündiger Transatlantikflug zieht sich ganz schön in die Länge, wenn man nichts zu lesen hat. Dann kamen die frustrierenden Momente, wenn mir Freunde von einem interessanten Artikel oder einem gerade erschienenen Roman erzählten, den ich mir normalerweise umgehend besorgt hätte. Das konnte ich aber in dieser Zeit nicht. Stattdessen stand ich verschämt am Kiosk oder im Buchladen und überflog die betreffende Zeitung, Zeitschrift oder das jeweilige Buch, bis mir ein Verkäufer diesen unmissverständlichen Blick zuwarf, der besagte: 'Verzieh dich, wenn du nichts kaufen willst.'

Noch schwieriger gestaltete sich der Umgang mit Freunden. Ich konnte an der Bar kein Bier ausgeben und keine Geburtstagsgeschenke kaufen - ausgerechnet ich, der ich andere sonst so gern beschenkte. Stattdessen ließ ich mir faule Ausreden einfallen. Ich fürchte, der eine oder andere hielt mich insgeheim für einen Geizkragen, der seinen Markenentzug nur vorschob, um Geld zu sparen. Doch ich machte weiter. Ich wollte unbedingt beweisen, dass ich mit etwas Disziplin und Willenskraft immun werden könnte gegen die Überredungskünste der Marketing- und Werbestrategien und der Marken, die mich umgaben.

Sechs Monate ging das gut. Dann war es vorbei. Dass mein Markenentzug nur sechs Monate währte und dass ein Mensch, der es eigentlich besser wissen sollte, von seiner eigenen Branche aufs Glatteis geführt wird, sagt viel darüber aus, wie raffiniert Unternehmen Wünsche hervorrufen. Nicht minder aufschlussreich ist, was mir passierte, sobald ich abgesprungen war.

Der Absturz

Mein Rückfall ereignete sich in Griechenland. Auf Zypern, um genau zu sein. An dem betreffenden Abend sollte ich als Hauptredner einen Vortrag halten. Doch als meine Maschine gelandet war, stellte ich fest, dass die Fluggesellschaft meinen Koffer verbummelt hatte. Er war unauffindbar. Das bedeutete, dass ich für die Veranstaltung nichts zum Anziehen hatte. Ich hatte die Hosen, die ich am Leib trug, aber kein Hemd, sondern nur ein verschwitztes, unappetitliches schwarzes T-Shirt und nicht genug Zeit, um es zu waschen. Dabei lautet eine Regel, die Sie an der Harvard Business School nicht lernen: Halten Sie nie eine Rede mit nacktem Oberkörper. Zu allem Überfluss bestand das Publikum nicht aus zufälligen Zuhörern, die ich nie wieder sehen würde. Es war eine hochkarätige Veranstaltung und ich wurde für meinen Vortrag gut bezahlt und erwartete interessante Leute. Ich gebe es zu: Ich geriet in Panik.

Ich bezog mein Hotelzimmer und stand eine halbe Stunde später an der Kasse eines nahegelegenen Touristenneppladens - mit einem weißen T-Shirt in der Hand. Andere Farben waren nicht im Angebot. Auf der Brust prangte fett 'I ª CYPRUS'.

Das war eindeutig ein Rückfall. Und das alles wegen eines lausigen T-Shirts. Ich hatte nicht nur gegen die Fastenregeln verstoßen, sondern zum ersten Mal seit Langem auch gegen meine Gepflogenheit, nur schwarz zu tragen, und hielt meine Rede in einer schwarzen Hose und einem lächerlichen weißen T-Shirt. Trotz meiner fragwürdigen Aufmachung verlief der Abend gut. Doch darum ging es gar nicht. Wie es in gewissen Zwölf-Schritte-Programmen heißt, ist schon das erste Glas zu viel - und tausend sind zu wenig. Anders ausgedrückt, ich hatte mir gestattet, meinen Markenentzug einmal zu missachten, und damit brachen alle Dämme. Ich hatte mich kaum noch unter Kontrolle. 24 Stunden später landete ich in Mailand, der Modehauptstadt der Welt. Ich kann Ihnen sagen: Mailand ist absolut nicht der richtige Ort für einen Markenabstinenzler. Das ist, als würde ein Alkoholiker ausgerechnet ins Bordeaux reisen. Prompt fand natürlich gleich in der Nähe meines Hotels eine große Möbelauktion statt! Und mit ganz tollen handgefertigten Stücken! Verkauft an den kleinen Blonden mit dem 'I ª CYPRUS'-T-Shirt! Von da an kaufte ich San Pellegrino, Wrigley's-Kaugummi und M&Ms aus der Minibar meines Hotelzimmers. Und dann war da noch die schwarze Winterjacke von Cole Haan, die ich in New York erstand, und ... und ... und ... In den folgenden Wochen und Monaten kaufte ich ohne Ende. Sie hätten mir damals alles andrehen können, sogar überfahrene Tierkadaver - solange nur ein Label und ein Logo drauf war. Und das alles wegen eines verlorenen Koffers und eines billigen Ersatz-T-Shirts.

Es stimmt: Ich helfe Unternehmen dabei, ihre Marken aufzubauen und zu stärken und konnte am Ende meinen eigenen Verführungskünsten nicht widerstehen.

Damals merkte ich, was da wirklich mit mir passiert war: eine Gehirnwäsche nämlich. Ich war 'brandwashed'.

Die neue Generation der geheimen Verführer

Als ich erstmals darauf angesprochen wurde, ob ich im Anschluss an mein Buch Buyology dieses Buch schreiben wollte, versuchte die Welt noch immer, die Wirtschaft vor dem freien Fall zu bewahren. So fragte ich mich, ob wirklich jemand ein Buch über Marken und Produkte lesen wollte während die breite Masse mit leeren Taschen dastand oder kein Geld ausgeben wollte? Da wurde mir klar: Konnte es denn einen besseren Zeitpunkt dafür geben, ein Buch zu schreiben, das enthüllte, wie Unternehmen uns austricksen, verführen und überreden, noch mehr unnötiges Zeug zu kaufen?

1957 schrieb ein Journalist namens Vance Packard Die geheimen Verführer, ein Buch, das versuchte, all die Psychotricks und Taktiken offenzulegen, die Unternehmen und ihre Marketing- und Werbebeauftragten einsetzten, um die Menschen zu manipulieren und zum Kaufen zu überreden. Ein schockierendes, bahnbrechendes und umstrittenes Buch. Dabei ist das noch gar nichts gegen unsere heutige Marketing- und Werbewelt.

Knapp 60 Jahre später sind die Firmen, Marketing-Spezialisten, Werbeprofis und Einzelhändler noch gewiefter, findiger und fragwürdiger. Dank all der hoch entwickelten Instrumente, die ihnen heute zur Verfügung stehen, und all der neuen Forschungsergebnisse auf Gebieten wie Konsumverhalten, kognitiver Psychologie und Neurowissenschaft wissen die Unternehmen noch genauer, wie wir ticken, als es sich Vance Packard je hätte vorstellen können. Mit fMRI-Geräten bilden sie unser Gehirn ab und spüren unsere tiefsten unterbewussten Ängste, Träume, wunden Punkte und Wünsche auf. Sie analysieren die digitalen Spuren, die wir jedes Mal hinterlassen, wenn wir im Drogeriemarkt unsere Kundenkarte über den Scanner ziehen lassen, mit der Kreditkarte bezahlen oder uns im Internet über ein Produkt informieren. Diese Informationen ziehen sie heran, um gezielt Angebote zu entwerfen, die auf unser einzigartiges psychologisches Profil zugeschnitten sind. Sie beschaffen sich Daten aus unseren Computern, Handys und auch aus unseren Facebook-Profilen und ermitteln anhand hoch entwickelter Algorithmen, was für wir Menschen sind und was wir kaufen könnten.

Sie wissen mehr als je zuvor über alles, was uns antreibt, Angst macht, beruhigt und verführt. Was Schuldgefühle abbaut und bewirkt, dass wir uns weniger allein fühlen - und stärker mit dem verstreuten Stamm der Menschen verbunden. Was dafür sorgt, dass wir uns selbstbewusster, geliebter, sicherer, nostalgischer und spirituell erfüllter fühlen. Und noch viel mehr wissen sie darüber, wie sie all diese Informationen verwenden können, um die Wahrheit zu verschleiern, uns zu manipulieren und zum Kaufen zu verleiten.

Auf den folgenden Seiten erfahren Sie mehr darüber, was diese Leute alles wissen, woher sie es wissen und wie sie es anstellen, uns mit diesem Wissen zu verführen und uns unser Geld aus der Tasche zu ziehen. Wir legen offen, wie ganz bestimmte Unternehmen die erfolgreichsten Anzeigenkampagnen, Viralmarketing-Pläne und Produkteinführungen der jüngeren Vergangenheit entwickelt haben - und auch, wie Axe vor seiner berüchtigten Körperspraykampagne den sexuellen Fantasien tausender männlicher Verbraucher nachspürte, wie Calvin Klein seinen Erfolgsduft Euphoria einführte, wie die Marketing-Kampagne einer beliebten Wodkamarke das Trinkverhalten eines ganzen Landes veränderte und mehr.

Wir befassen uns mit den subtilen, doch effektiven Methoden, mit denen Unternehmen über Gleichgesinnte Überzeugungsdruck auf uns ausüben. Wir schauen uns an, wie sie insgeheim mit unseren Ängsten, Schuldgefühlen, nostalgischen Anwandlungen und unserer Verehrung für Stars spielen - oft so, dass wir es bewusst gar nicht wahrnehmen können. Wir liefern Beispiele dafür, wie besonders verschlagene Anbieter Wege gefunden haben, uns physisch und psychisch von ihren Produkten abhängig zu machen, und wie bestimmte beliebte Webseiten uns in Wirklichkeit so umpolen, dass wir einfach kaufen müssen. Wir analysieren die neuen Methoden, wie Sex eingesetzt wird, um uns Produkte zu verkaufen. Dazu gehören die schockierenden Ergebnisse einer fMRI-Studie über die wahre Reaktion heterosexueller Männer auf sexuell aufreizende Bilder attraktiver Geschlechtsgenossen und die überraschenden Feststellungen darüber, wen die Marketing-Profis in Wirklichkeit verkaufen, wenn sie den neuesten 16-jährigen Teenieschwarm zur 'Marke' machen.

Wir erkennen, wie Unternehmen unter der Hand und ohne unser Wissen Informationen sammeln - nicht nur über unser Kaufverhalten, sondern über alles, was mit uns zusammenhängt: Rasse, sexuelle Orientierung, Adresse, Telefonnummer, aktueller Aufenthaltsort, Bildungsniveau, ungefähres Einkommen, Familiengröße, Lieblingsfilme und -bücher, Lieblingsfilme und -bücher unserer Freunde, und vieles mehr - und wie sie dann hergehen und diese Informationen verwenden, um uns noch mehr zu verkaufen. Wir finden heraus, wie Werbe- und Marketing-Fachleute immer früher Zugang zu Kindern suchen und diese beeinflussen. Wir lesen von alarmierenden Studien, die besagen, dass diese Methoden nicht nur funktionieren, sondern dass lebenslange Präferenzen für Marken in einem viel früheren Lebensalter geprägt und festgelegt werden können, als wir uns vorstellen können.

Ferner enthülle ich die Ergebnisse eines revolutionären Guerilla-Marketing-Experiments, das ich im Dienste dieses Buches durchgeführt habe. Angeregt wurde ich dazu von dem Film The Joneses - Verraten und verkauft mit David Duchovny und Demi Moore aus dem Jahr 2009. Er handelt von einer Bilderbuchfamilie, die in einen Vorort zieht. Nach und nach stellt sich heraus, dass sie in Wirklichkeit gar keine Familie sind, sondern verdeckte Marketing-Agenten, die versuchen, ihre Nachbarn dazu zu bewegen, sich auf neue Produkte umzustellen. Fasziniert von dem Ansatz beschloss ich, mein eigenes Reality-TV-Projekt auf die Beine zu stellen: The Morgensons. Ich suchte eine Familie aus, drückte ihnen verschiedene Marken und Produkte in die Hand und ließ sie auf ihre Nachbarn in einem bewachten Nobelviertel in Südkalifornien los. Wir traten mit folgenden Fragen an: Wie wirkungsvoll beeinflusst Mundpropaganda unsere Kaufgewohnheiten? Reicht es, wenn wir sehen, wie jemand Bier einer bestimmten Marke trinkt, eine bestimmte Wimperntusche benutzt, eine bestimmte Parfummarke verwendet, auf einem Computer eines bestimmten Herstellers tippt oder das neueste umweltfreundliche Produkt benutzt, um uns dazu zu bringen, dasselbe zu tun? Das erfahren Sie im letzten Kapitel.

Was ich erreichen will, ist Folgendes: Indem wir durchschauen, wie die neuesten geheimen Verführer unserer Zeit sich zum kollektiven 'Brandwashing' zusammenrotten, können wir als Verbraucher zurückschlagen. Das Ziel dieses Buches ist es nicht, Sie vom Kaufen abzuhalten - ich habe ja festgestellt, dass das unmöglich ist. Aber zumindest können wir klügere und fundiertere Entscheidungen darüber treffen, was wir kaufen und warum. Denn genug ist genug.

Martin Lindstrom, New York

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