Einführung in die Wirtschaftsgeschichte

Einführung in die Wirtschaftsgeschichte

von: Christoph Buchheim

C.H.Beck, 1997

ISBN: 9783406419010

Sprache: Deutsch

177 Seiten, Download: 893 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Einführung in die Wirtschaftsgeschichte



I. Die Industrielle Revolution (S. 17-18)

Die Industrielle Revolution in Europa war ein weltgeschichtlicher Vorgang. Seit Jahrtausenden ist das Leben der Menschen nicht so stark verändert worden wie durch sie. Gemeinhin wird die Bedeutung der Industriellen Revolution allenfalls mit derjenigen der Seßhaftwerdung der Menschen und der Entwicklung des Ackerbaus verglichen. Genau wie letzterer Vorgang nicht die ganze Menschheit auf einmal erfaßte, sondern sich sehr lange hingezogen hat, so hat die Industrielle Revolution, ausgehend von Großbritannien, sich über Europa und die Welt verbreitet, ohne daß man heute schon alle Gesellschaften als industrialisiert bezeichnen könnte. Die Industrielle Revolution ist bereits ein historisches Phänomen. Sie ereignete sich im 18. und 19. Jahrhundert in Großbritannien und Europa. Aber auch heute gibt es noch industrielle Revolutionen, d. h. Prozesse rascher nachholender wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklung hin auf ein Niveau, das mit dem der Industrieländer20 vergleichbar ist. Spektakuläre Fälle der letzten Zeit sind Südkorea und Taiwan. Und es wird auch in Zukunft noch eine ganze Reihe von industriellen Revolutionen geben, bei denen sich einzelne Länder aus der sogenannten "Dritten Welt" herauslösen und zu den Industrieländern aufschließen.

Wir sprachen von der Industriellen Revolution in Europa. Dabei muß man jedoch differenzieren. Erstens nahm nicht ganz Europa an der Industriellen Revolution teil. Weite Teile Ost- und Südeuropas fielen zurück, machten im 19. Jahrhundert gar einen Prozeß der De- Industrialisierung durch und konzentrierten sich auf die Erzeugung von Agrargütern und Rohstoffen, nicht zuletzt für den Export in die bereits industrialisierten Gebiete. Das aber heißt, Ost- und Südeuropa blieben nicht einfach unentwickelt, sondern wurden unterentwikkelt, weil sie durch die Integration in den einen Weltmarkt zusammen mit den Industrieländern ebenfalls neue Strukturen herausbildeten, die der Entwicklung jedoch nicht förderlich waren. Genau das gleiche Schicksal erlitten große Teile des Restes der Welt. Es wurde geschätzt, daß die Dritte Welt zu Beginn des 20. Jahrhunderts pro Kopf der Bevölkerung nur etwa ein Drittel des gewerblichen Outputs erzeugte wie in der Mitte des 18. Jahrhunderts.21 Die Industrielle Revolution hat also die Bedingungen des Wirtschaftens in der ganzen Welt verändert, auch dort, wo noch keine breite Industrialisierung stattgefunden hat.

Zweitens verlief die Industrielle Revolution in Kerneuropa, worunter wir die Länder verstehen, die sich im Lauf des 19. Jahrhunderts industrialisiert haben, nicht einheitlich. Vorreiter war, wie erwähnt, Großbritannien. Ihm folgten Belgien und die Schweiz, dann Frankreich und Deutschland und schließlich die skandinavischen Länder Dänemark, Norwegen und Schweden. Schaut man noch ein wenig genauer hin, so erkennt man, daß es innerhalb dieser Länder große Industrialisierungsunterschiede gegeben hat. Selbst in England wiesen längst nicht alle Regionen eine so hohe Gewerbedichte auf wie Lancashire oder das Clyde Valley. Ja, es gab Gebiete, beispielsweise East Anglia, deren Gewerbebesatz sogar schrumpfte. Genauso war es diesseits des Ärmelkanals. Durch das kontinentale Kerneuropa zogen sich um die Mitte des 19. Jahrhunderts im großen und ganzen zwei Bänder relativ stark mit Gewerbe durchsetzter Regionen. Das eine erstreckte sich von Belgien über das Rheinland und das Ruhrgebiet nach Sachsen und Oberschlesien. Das andere umfaßte Nordfrankreich, Luxemburg, das Saarrevier, das Elsaß und die Schweiz.

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