Osteuropa zwischen Euphorie, Enttäuschung und Realität - Daten zur Systemtransformation 1990-2003

Osteuropa zwischen Euphorie, Enttäuschung und Realität - Daten zur Systemtransformation 1990-2003

von: Wolfgang Franzen, Hans Peter Haarland, Hans-Joachim Niessen

Campus Verlag, 2005

ISBN: 9783593377001

Sprache: Deutsch

226 Seiten, Download: 2149 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Osteuropa zwischen Euphorie, Enttäuschung und Realität - Daten zur Systemtransformation 1990-2003



4 Der gesellschaftliche Wandel (S. 91-92)

Der Prozess der Systemtransformation in Mittel- und Osteuropa veränderte nicht nur die Wirtschaft der Reformstaaten, sondern auch deren Gesellschaft. Der soziale Wandel wurde zum einen direkt durch den Übergang vom Sozialismus zur Demokratie, zum anderen mehr oder weniger indirekt durch die ökonomischen Veränderungen beeinflusst. Im Laufe des Transformationsprozesses setzte sich der ökonomische Anpassungsprozess im Vergleich zu den gesellschaftlichen Bedürfnissen zunehmend durch; die Gesellschaft konnte – in die Passivität gedrängt – lediglich reagieren.

Während der Übergang zur Demokratie – insbesondere mit der Forderung nach Meinungs- und Reisefreiheit – von der Bevölkerung explizit erwünscht war und von den Führungseliten gezielt umgesetzt wurde, ließen sich die konkreten kurzfristigen sozioökonomischen Auswirkungen des Transformationsprozesses zu Beginn der Reformen nur grob abschätzen. Dabei war die Erwartungshaltung der von Sozialismus und Planwirtschaft enttäuschten Menschen groß: Man erhoffte sich von der Wende nichts weniger als eine rasche Verbesserung der Lebensverhältnisse. Auf die Anfangseuphorie folgte jedoch mit Einsetzen der ersten Auswirkungen konkreter Reformmaßnahmen – nämlich drastische Preissteigerungen oder beginnende Massenarbeitslosigkeit – eine baldige Ernüchterung. Indes konnte an dieser Entwicklung nur wenig verändert werden: Die notwendigen Einschnitte konnten zwar verzögert oder sozial abgefedert, mussten aber früher oder später dennoch durchgeführt und durchlitten werden. Die Gesellschaft hatte sich mit dem Transformationsprozess gewissermaßen der Wirtschaft ausgeliefert und musste dieses ›Tal der Tränen‹ durchwandern. Die Alternative, nämlich das Rad der Geschichte zurückzudrehen, stand allerdings trotz aller Enttäuschungen und Schwierigkeiten für die Mehrheit der Menschen nie zur Debatte.

Während im vorangegangenen Kapitel die wirtschaftliche Systemtransformation beschrieben wurde, widmet sich dieses Kapitel dem gesellschaftlichen Wandel in den Reformstaaten. Nach einer Darstellung der demographischen Entwicklung im Laufe des Transformationsprozesses, die in den Visegrádstaaten zu geringen, in Osteuropa aber zu deutlichen Veränderungen hinsichtlich Lebensbedingungen und Bevölkerungszahl geführt hat, werden die sozioökonomischen Gründe aufgezeigt, die im Wesentlichen durch den Reformprozess geprägt wurden. Des Weiteren wird die Akzeptanz der neuen politischen und wirtschaftlichen Institutionen und schließlich die Bewertung der Reformpolitik durch die betroffene Bevölkerung analysiert.

4.1 Demographische Entwicklung

Die Zahl der Einwohner hat sich im Verlauf des Transformationsprozesses in Mittel- und Osteuropa unterschiedlich entwickelt. In den großen Visegrádstaaten waren in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts nur schwache Tendenzen von Bevölkerungswachstum oder -schwund erkennbar: Während Polen bis 2001 einen leichten Bevölkerungszuwachs um 1,2% auf 38,6 Mill. Einwohner verzeichnete, ging die Population in Tschechien und Ungarn leicht zurück (um 1,3% bzw. um 1,5% auf jeweils 10,2 Mill. Ew.).

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