Die H2-Revolution - Wenn es kein Öl mehr gibt ... Mit neuer Energie für eine gerechte Weltwirtschaft
von: Jeremy Rifkin
Campus Verlag, 2002
ISBN: 9783593370972
Sprache: Deutsch
305 Seiten, Download: 849 KB
Format: PDF, auch als Online-Lesen
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Die H2-Revolution - Wenn es kein Öl mehr gibt ... Mit neuer Energie für eine gerechte Weltwirtschaft
Kapitel 4 Das Zeitalter der fossilen Brennstoffe (S. 74-75)
Ohne fossile Brennstoffe wäre die moderne industrielle Zivilisation am Ende. Wir heizen unsere Wohnungen und Büros mit fossilen Brennstoffen, wir betreiben unsere Fabriken mit fossilen Brennstoffen, wir transportieren sämtliche Güter mit fossilen Brennstoffen, wir beleuchten unsere Städte und kommunizieren über weite Distanzen mit elektrischen Geräten, und den Strom dazu erzeugen wir überwiegend mit fossilen Brennstoffen, wir steigern die Erträge unserer intensiven Landwirtschaft mit Düngern und Pestiziden, gewonnen aus fossilen Brennstoffen, wir verbauen in unseren Häuser unzählige Materialien, zu denen fossile Brennstoffe den Rohstoff liefern, unseren Körper hüllen wir immer häufiger in Stoffe, umgeben uns mit Möbeln, die aus dem Basismaterial fossiler Brennstoffe entwickelt werden, und wir behandeln Krankheiten mit Arzneimitteln aus Derivaten fossiler Brennstoffe. Buchstäblich jeder Bereich der modernen Daseinsweise ist hergestellt aus, betrieben mit oder beeinflusst von fossilen Brennstoffen. Wir leben wahrhaftig im Kohlenwasserstoffzeitalter.
Anfang des 20. Jahrhunderts überflügelte Öl die Kohle als wichtigsten Energielieferant im Kohlenwasserstoffmix. Auf Motorfahrzeuge entfällt der Löwenanteil, ungefähr ein Drittel des globalen Jahresverbrauchs. Derzeit fahren ungefähr 520 Millionen Personenkraftwagen durch die Welt, davon 132 Millionen mit amerikanischem Nummernschild. Allein die Vereinigten Staaten können zudem mit 1,9 Millionen Lastwagen, 715 000 Bussen und 21 000 Lokomotiven aufwarten. Weltweit 11 000 Großraumflugzeuge, 28 070 Schiffe und 1,2 Millionen Fischerboote bewegen sich mithilfe von Kerosin oder Diesel durch ihre Elemente.
Nach den Fahrzeugen ist in den USA die Industrie mit einem Anteil von 23 Prozent der größte Ölverbraucher. Über ein Viertel des industriell genutzten Öls wird zu Abertausenden von Produkten verarbeitet, von Bauteilen für Fernsehgeräte bis hin zu pharmazeutischen Wirkstoffen. 4 Prozent werden zu Heizzwecken verfeuert, 4 Prozent in Kraftwerken zur Stromerzeugung eingesetzt.
Öl ist eine ungeheuer vielseitige Substanz. Ein Fass Rohöl ergibt
genug Benzin, um mit einem mittelgroßen Wagen mehr als 300 Kilometer weit, genug Diesel, um einen großen LKW gut 60 Kilometer weit zu fahren ... genug verflüssigtes Gas, um zwölf kleine Kartuschen für Camping und andere Outdoor-Aktivitäten abzufüllen, fast 70 Kilowattstunden Strom im Kraftwerk zu erzeugen ... Asphalt für knapp 5 Liter Teer, ungefähr 2 Kilogramm Holzkohlebriketts, Wachs für 170 kleine Geburtstagskerzen oder 27 Wachsmalkreiden [und] Schmiermittel für circa einen Liter Motoröl.
Der Übergang zum fossilen Treibstoff vollzog sich rascher als jeder andere Wechsel der Energieversorgung in der Geschichte. Noch vor 130 Jahren deckten die USA drei Viertel ihres Energiebedarfs mit Holz. Holz wurde nicht nur zum Heizen verwandt, sondern trieb auch die Schaufelraddampfer und Eisenbahnen an. Ein Großteil des produzierenden Gewerbes arbeitete damals mit Wind- oder Wasserkraft.