Friedrich Schiller

Friedrich Schiller

von: Peter-Andre Alt

C.H.Beck, 2004

ISBN: 9783406508578

Sprache: Deutsch

129 Seiten, Download: 512 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Friedrich Schiller



V Das Drama des Betrugs. Don Karlos (S. 39-40)

Bereits im Mai 1782, während des unerlaubten Mannheimbesuchs, macht der Intendant von Dalberg Schiller auf das dramaturgische Potential der Biographie des spanischen Infanten Don Carlos aufmerksam. Dalberg kannte das Sujet vermutlich durch die 1672 veröffentlichte Histoire de Dom Carlos des Abbé Saint-Réal. Der auf Sensationseffekte setzende Roman erzählt, in vielen Punkten von den objektiven Fakten abweichend, die Geschichte des 1545 geborenen spanischen Infanten als Eifersuchtstragödie, in deren Verlauf Philipp II. seinen Sohn, den er einer Liebesaffaire mit seiner erheblich jüngeren Ehefrau Elisabeth von Valois verdächtigt, von den Schergen der Inquisition beseitigen läßt. Die historische Wahrheit stellte sich vermutlich anders dar: Carlos war, wie neuere historische Studien zeigten, ein zu Wutausbrüchen und Gewaltexzessen neigender Neurotiker, dessen Gemütsverfassung sich nach einem bei einem galanten Abenteuer erlittenen Treppensturz – offenbar aufgrund einer Hirnverletzung – dramatisch verdüsterte. Als man ihn, weil er mehrfach Anschläge gegen seinen Vater geplant hatte, in einem Kellergefängnis einkerkerte, trat er in einen Hungerstreik, an dessen Spätfolgen er am 24. Juli 1568 starb; seine Stiefmutter verschied wenige Monate später aus nicht genau geklärten Ursachen (vermutlich an den Folgen einer Fehlgeburt), was Gerüchte über einen Mord aus Eifersucht aufkommen ließ.

Die mit einer massiv antikatholischen Tendenz verbundene spekulative Dimension des Romans zog Schiller außerordentlich an. Als seine abenteuerliche Flucht aus Stuttgart Ende des Jahres 1782 im winterlich verschneiten Bauerbach zu einem vorläufigen Ende gekommen war, begann er, während die Arbeit an der Louise Millerin langsam voranschritt, eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Stoff. Am 9. Dezember 1782 erbittet er im Rahmen einer Bücherliste vom Meininger Bibliothekar Reinwald die Werke Saint-Réals zur genauen Überprüfung. Ende März ersucht er Reinwald, ihm für das weitere Quellenstudium geeignete Texte zu nennen. Der Bibliothekar sendet ihm darauf Brantômes Les vies des hommes illustres et grands capitaines françois de son temps (1665) (mit einem Abriß zum Schicksal des Don Carlos), den neunten und zehnten Band von Johann von Ferreras Allgemeiner Historie von Spanien sowie Louis-Sébastien Merciers Portrait de Philippe second, Roi d’Espagne (1785) (die deutsche Übersetzung druckte Schiller im Februar 1786 in der Thalia). In Bauerbach entsteht ein vierseitiger Entwurf des Karlos-Dramas, der den Verlauf der geplanten fünf Akte (7/II, 183 f.) bereits überraschend genau umreißt, zugleich aber die Schwierigkeiten dokumentiert, in die Schiller bei der Motivie rung seiner tragischen Katastrophe gerät; die frei erfundene Posa-Figur, die hier schon konzipiert ist, besitzt noch keine sonderlich ausgeprägten Konturen, so daß auch die – später an sie unmittelbar gebundene – Intrigenhandlung unvollständig und uneinheitlich wirkt.

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