Mit Krankheit leben

Mit Krankheit leben

von: Farideh Akashe-Böhme, Gernot Böhme

C.H.Beck, 2005

ISBN: 9783406527906

Sprache: Deutsch

145 Seiten, Download: 673 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Mit Krankheit leben



5. Kranke Frauen und kranke Manner (S. 93-94)

Sex und Gender

Der terminologische Unterschied von Sex und Gender ist im Zuge der Frauenbewegung eingefuhrt worden, die um die politische und gesellschaftliche Gleichberechtigung der Geschlechter und um die Chancengleichheit im Bildungssektor und im Berufsleben gekampft hat. Es kam dabei darauf an, zu zeigen, dass die Differenz in der Lage, dem Verhalten und dem Erscheinungsbild der Geschlechter sich nicht auf eine Naturbasis, also auf das, was man dann das «biologische Geschlecht» (Sex) nannte, zuruckfuhren lasst. Wenn diese Differenz vielmehr ein gesellschaftliches Produkt ist, dann lasst sie sich auch verandern. Um das gesellschaftlich und kulturell formierte Geschlecht vom biologischen deutlich zu unterscheiden, wurde der Terminus Gender eingefuhrt. Unter Gender versteht man die geschlechtsspezifische Auspragung eines Menschen durch Erziehung und gesellschaftliche Erwartungen. Die unterschiedlichen Verhaltensweisen eines Menschen und das unterschiedliche Erscheinungsbild sind weitgehend kulturellen Faktoren geschuldet. Zugespitzt formuliert gilt, was Simone de Beauvoir seinerzeit schrieb: «Der Abgrund, der zwischen dem jungen Madchen und dem jungen Mann liegt, ist seit der fruhesten Kindheit im allgemeinen Einvernehmen gegraben worden. Spater ist dann nicht mehr zu verhindern, dass die Frau das ist, wozu man sie gemacht hat.» (1992, S. 828) Man konnte sagen, dass die Transvestiten der Beweis fur die objektive Realitat der Unterscheidung von Sex und Gender sind: Sie sind Menschen, die qua gesellschaftliche Rolle ein anderes Geschlecht leben, als sie nach biologischen Kriterien haben.

Fur unser Thema ist allerdings wichtig, dass sich in der Realitat Sex und Gender nicht eindeutig trennen lassen. Einerseits knupft die gesellschaftliche Auspragung der Geschlechtscharaktere an die Gegebenheiten des biologischen Geschlechts an, andererseits dringt die kulturelle Formation des Geschlechts tief in die leibliche Existenz ein, so dass die unterschiedlichen Lebensformen der Geschlechter schlieslich ihre Spuren im naturalen Bereich zeitigen. Dafur sind die unterschiedlichen Krankheitsschicksale der Hauptbeleg. Aber auch die unterschiedliche Auspragung von mannlichen und weiblichen Biographien zeigt die wechselseitige Durchdringung von naturalen und sozialen Faktoren.

Die unterschiedliche Pragung der Einstellung zu Gesundheit und Krankheit, allgemeiner: zum eigenen Korper, beginnt mit der Erziehung im Kindes- und Jugendalter. Wichtig sind bereits hier die Erwartungen der Anderen, vornehmlich der peer-group, aber dann auch die Erwartungen des anderen Geschlechts. Das wirkt sich vor allem im spateren Leben aus, wenn man in Sport und Beruf auf gewisse Rollen hin stilisiert wird und wenn man in erotischen Begegnungen einem bestimmten Charakterbild entsprechen soll.

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