Europas Wirtschaft wird gewinnen

Europas Wirtschaft wird gewinnen

von: Donald Kalff

Campus Verlag, 2005

ISBN: 9783593401584

Sprache: Deutsch

277 Seiten, Download: 1703 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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Europas Wirtschaft wird gewinnen



Kapitel 2
Der schöne Schein der Neunziger
(S. 44-46)

Amerikanische Politiker, Beamte, Unternehmer und Banker – all jene, die die amerikanische Wirtschaft gestalten – blicken mit Stolz auf die neunziger Jahre zurück. Die ganze Welt soll wissen, dass unter ihrer Leitung ein Wirtschaftswunder stattgefunden hat. Die US-Wirtschaft wuchs mit einer Rate von vier Prozent, Inflation war kein Thema und so konnte die US-Notenbank die Zinsen niedrig halten. Der Arbeitsmarkt belebte sich. Im Laufe des Jahres 2000 sank die Arbeitslosenquote auf vier Prozent. Erstmals hatte die gesamte amerikanische Bevölkerung Anteil an einer Wirtschaftsexpansion, die die längste in der Geschichte werden sollte. Es gab Verbesserungen bei der Einkommensverteilung und der Bekämpfung der Armut. Die Unternehmen florierten, investierten viel und arbeiteten immer rentabler. Der Boom auf den Aktienmärkten spiegelte die strukturellen Verbesserungen der amerikanischen Wirtschaft wider. Das schmeichelte dem Nationalstolz. Die Amerikaner trugen die Köpfe hoch. Die dynamische US-Wirtschaft stellte Europa und Japan deutlich in den Schatten. Alles deutete auf eine Fortsetzung des raschen Wachstums hin. Die starke Zunahme der Direktinvestitionen europäischer Anleger in den USA und in US-Unternehmen war ein eindeutiger Beleg für die Überlegenheit des amerikanischen Unternehmensmodells.

Den beträchtlichen Erfolg der USA in so vielen Bereichen schrieb man vor allem der Kapazität der amerikanischen Unternehmen zur erfolgreichen und nachhaltigen Produktivitätssteigerung zu. Nach geltender Meinung waren es laufende Verbesserungen beim Management und umfangreiche Investitionen in die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT), die den Produktivitätszuwachs strukturell auf ein höheres Niveau befördert hatten. Bis Mitte der neunziger Jahre war die Produktivität im Schnitt um 1,5 Prozent im Jahr gestiegen. Im Jahr 2000 lag der Produktivitätsanstieg bei 3,4 Prozent. Die Beschleunigung der Wachstumsrate auf 4,3 Prozent im letzten Quartal des Jahres 2000 gab dem Glauben Nahrung, dass die Sätze auch weiterhin zwischen drei und vier Prozent liegen würden und dass die New Economy – trotz des Zusammenbruchs des Dot.com-Sektors und der anhaltenden Krise auf dem Aktienmarkt – es schließlich doch geschafft hatte.

Die neunziger Jahre entwickelten sich zum Mythos. Die leichte Rezession von 2001 wurde als unglückliches Zwischenspiel betrachtet und in jedem Quartal kündigten die Auguren aufs Neue den bevorstehenden Aufschwung an. Alle Kräfte wurden mobilisiert, um den Wachstumskurs des vorangegangenen Jahrzehnts wieder aufzunehmen. Die Rezepte der neunziger Jahre wurden noch eifriger umgesetzt als zuvor. Die US-Regierung senkte zweimal die Steuern und verabreichte der US-amerikanischen Wirtschaft auf diese Weise 2003 und 2004 jeweils Kapitalspritzen in Höhe von 117 Milliarden beziehungsweise 200 Milliarden US-Dollar. Die US-Notenbank senkte die Zinsen um unglaubliche 5,5 Prozent auf nun mehr 1 Prozent. Die Unternehmen betrieben verstärkt ihre zweigleisige Politik der Personalreduzierung und des Outsourcing. Dass diese beispiellosen Aktivitäten im Zusammenspiel ab 2002 wieder einen Aufwärtstrend bewirkten, liegt nahe.

Ein näherer Blick auf die Zahlen vermittelt jedoch ein ganz anderes Bild. Der schöne Schein der neunziger Jahre war trügerisch. Die Sicherheit, Gelassenheit und Orientierung, die viele Entscheidungsträger noch heute aus dieser Zeit ableiten, sind nicht gerechtfertigt.

Die neunziger Jahre waren zumindest in viererlei Hinsicht nicht so ruhmreich, wie viele glauben. Die US-Wirtschaft entwickelte sich schlechter, als die Headline-Zahlen damals vermuten ließen – und zwar sowohl im historischen Vergleich als auch im Verhältnis zu Europa. Entgegen der verbreiteten Meinung erwirtschafteten amerikanische Unternehmen enttäuschende Ergebnisse und schnitten deutlich schlechter ab als europäische. Ende der neunziger Jahre wurde offensichtlich, dass der Fortschritt einen Preis gefordert hatte, und zwar in Form immens gestiegener Risiken für die gesamte Wirtschaft. Und letztlich stellte sich sogar heraus, dass der Einsatz der Manager, um die Aktionärsrendite zu steigern, die Aktionäre ebenfalls teuer zu stehen kam.

Die enttäuschende Bilanz der US -Wirtschaft

Das wahre Bild kommt zum Vorschein, wenn man die maßgeblichen makroökonomischen Indikatoren für die USA näher unter die Lupe nimmt: die Wirtschaftsleistung, den persönlichen Wohlstand und dessen Verteilung, die Inflation, den Zuwachs an Arbeitsplätzen und die Arbeitslosenquote.

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