Die Bronzehändler - Eine verborgene Hochkultur im Herzen Europas

Die Bronzehändler - Eine verborgene Hochkultur im Herzen Europas

von: Klaus-Rüdiger Mai

Campus Verlag, 2006

ISBN: 9783593379128

Sprache: Deutsch

225 Seiten, Download: 3360 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Die Bronzehändler - Eine verborgene Hochkultur im Herzen Europas



7. Die Metallzeit beginnt (S. 85-86)

»Da, wo die Menschen geschaffen wurden, an diesem Ort ist Nidaba (Göttin des Getreides, der Schriftstellerei und der Weisheit) fest eingesetzt. Der Eingeweihte lehre den Uneingeweihten das Geheimnis.«
Babylonischer Schöpfungsmythos

Hathui gibt sich seinem Bruder zu erkennen. Erst will Pharu es nicht glauben, dann wird er von Freude erfüllt. Schon vor langer Zeit gab er den Glauben daran auf, dass er seinen Bruder je wiedersehen würde. Pharu zeigt auf die zehn Leute, Schwager, Vettern, Onkel und Kusinen von Hathui. Was ist aus der einst so stolzen Sippe Gmrs geworden? Ein Haufen zerlumpter und furchtsamer Gestalten. Welch schreckliches Schicksal hat sie geschlagen? Wo ist Pharus Frau, die mit einem Kind schwanger ging, wo sein Bruder Belur und seine Schwester Rhedaru? Pharu zeigt ihm das Gräberfeld hinter dem Haus. Eng aneinander schmiegen sich zwölf Gräber. Vierzig Leute liegen hier begraben, zwei Drittel der Menschen, die in der Siedlung lebten, als Hathui sie verließ. Hathui verspricht seinem Bruder, am Abend zurück zu sein. Er soll inzwischen die Herdstelle im großen Haus wieder in Ordnung bringen. In einer Nachbarsiedlung, in der neue Leute leben, tauscht er zwei Vollgriffdolche gegen ein Rind ein. Das Rind treibt er zurück zu seiner Siedlung. Pharu hat Wort gehalten und die Feuerstelle mit den anderen gereinigt, ausgebessert und Holz herbeigeschleppt. Hathui entfacht im Herd ein Feuer und schlachtet das Rind, das anschließend gebraten wird.

Nun sitzen sie alle um den Herd verteilt, und die Nacht bricht an, durch das schadhafte Dach kann man die Sterne sehen. Der Widerschein des Feuers liegt auf ihren leidgezeichneten Gesichtern. Zum ersten Mal seit langem essen diese halbverhungerten und bereits dem Tod geweihten Gestalten wieder Fleisch, zum ersten Mal kehrt Hoffnung in ihre toten Herzen zurück. Und Pharu erzählt von der Katastrophe, die über sie hereingebrochen war. Im Grunde ereilte sie das Unglück doppelt, denn die Götter hatten sie gründlich verlassen oder zürnten ihnen für eine Missetat, die Pharu sich aber nicht erklären konnte. Angefangen hatte alles mit dem Tod Hanus, ihres Vaters. Pharu folgte seinem Vater als Ältester. Mehr schlecht als recht erfüllte er die rituel len Pflichten, denn sein Vater hatte ihn nur notdürftig in das geheime Wissen eingeweiht, weil er immer verzweifelter auf Hathuis Rückkehr hoffte, denn Hathui hatten, so sah es Hanu, die Götter ausgewählt, das geheime Wissen zu empfangen. Pharu gab sich alle Mühe. Er war zwar ein geschickter Bauer, aber zum Ältesten fehlte ihm jedes Talent und zum Priester erst recht. Eines Tages schließlich fielen die unreinen Geister, die Krankheitsdämonen, über sie her. Innerhalb von wenigen Tagen starb seine ganze Familie, seine Frau und seine beiden Kinder. Ihn selbst verschonten die Dämonen. Seine Strafe bestand darin, hilfloser Zeuge der Katastrophe zu werden. Die Bibel hat diese Erfahrung in eindringlicher Weise in der Figur Hiobs dargestellt.

»Ausgelöscht sei der Tag, an dem ich geboren bin, die Nacht, die sprach: Ein Mann ist empfangen. Jener Tag werde Finsternis, nie frage Gott von oben nach ihm, nicht leuchte über ihm des Tages Licht. Einfordern sollen ihn Dunkel und Finsternis, Gewölk über ihn sich lagern, Verfinsterung am Tag mache ihn schrecklich. « (Hiob 3,3–5)

Pharus zwölfjähriger Sohn Kanur, mit dem Pharus Frau schwanger ging, als Hathui über Nacht die Siedlung mit den Hirten verließ, starb zuerst, dann seine Schwester, die noch ein Kleinkind war, schließlich Pharus Frau. Pharu gab dem Sohn seine Streitaxt mit, auf dass er auf seine Frau und auf seine zweijährige Tochter aufpasse im Jenseits, dass er ihn so lange vertrete, bis er endlich folgen dürfte und sie wieder in jener anderen Welt vereint wären. Von der Stunde, in der sie sich wieder begegnen würden, träumt Pharu jede Nacht und jeden Tag. Auch andere aus der Siedlung starben zur gleichen Zeit. Die Überlebenden hatten sich von dem Schlag noch nicht erholt, da kamen fremde Menschen auf Pferden und stahlen das Vieh, das Handwerkszeug, raubten alles, was wertvoll war, und töteten, wer ihnen in die Hände fiel.

»Die Chaldäer stellten drei Rotten auf, fielen über die Kamele her, nahmen sie weg und erschlugen die Knechte mit scharfem Schwert. Ich ganz allein bin entronnen, um es dir zu berichten.« (Hiob 1,17)

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