Der verwaltungsrechtliche Vertrag

Der verwaltungsrechtliche Vertrag

von: Harald Eberhard

Springer-Verlag, 2005

ISBN: 9783211272107

Sprache: Deutsch

516 Seiten, Download: 3323 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Der verwaltungsrechtliche Vertrag



6. Die UVS-Kompetenzen als Impuls für ein vertragsbezogenes Rechtsschutzinstrumentarium (S. 356-358)

a) Die Reformbedürftigkeit des öffentlichen Rechtsschutzsystems

Die vorstehenden Ausführungen haben die Hindernisse aufgezeigt, die dem an sich zulässigen Instrument des verwaltungsrechtlichen Vertra ges aus dem Titel des Rechtsschutzes entgegenstehen: Es existiert kein (eindeutig) vertragsbezogenes Rechtsschutzsystem im öffentlichen Recht. Mehrmals im Rahmen dieser Arbeit wurde angedeutet, dass es gewisse Änderungen im Rechtsschutzsystem erfordern würde, um die Praktikabilität des verwaltungsrechtlichen Vertrages sicherzustellen.

Dieses Desiderat ist freilich nicht singulär auf den verwaltungsrechtlichen Vertrag beschränkt: Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte hat gezeigt, dass das öffentlich-rechtliche Rechtsschutzsystem verschiedentlich reformbedürftig ist. So sei zunächst an das Erfordernis erinnert, im weiten Schutzbereich des Art 6 EMRK die Zuständigkeit von „Tribunalen" vorzusehen, ebenso wie das erst mit der Einführung der UVS zumindest teilweise bewältigte Problem, dass Rechtsschutz auch dann zu gewährleisten ist, wenn ohne Erlassung eines formellen Bescheides in Rechte einer Person eingegriffen wird (Stichwort: AuvBZ).

Die ehedem vorgenommene Deutung solcher Befehls- und Zwangsakte („Maßnahmen") als mündlich verkündete Bescheide, nur um überhaupt Rechtsschutz gewährleisten zu können, legt beredtes Zeugnis dafür ab, dass die Konzeption des Rechtsschutzes der Verfassung keinesfalls starr sein kann, wenn sie rechtsstaatlichen Postulaten entsprechen soll. Als Marksteine einer deutlichen Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rechtsschutzsystems können die B-VG-Novelle 1975 , mit der zum einen der strikt aktbezogene Rechtsschutzkatalog um die „Maßnahmenbeschwerde" direkt beim VwGH erweitert wurde und zum anderen die Möglichkeit eines Individualantrages gegen Gesetze und Verordnungen neu eingeführt wurde, und die B-VG-Novelle 1988  gewertet werden, mit der auf verfassungsrechtlicher Ebene die Unabhängigen Verwaltungssenate (UVS) geschaffen wurden, deren Kompetenzabgrenzung als Berufungs- und Beschwerdeinstanz eine partielle Abkehr von einer strikt formbezogenen Rechtsschutzkonzeption mit sich gebracht hat (vgl dazu sogleich VIII.6.b.).

Das rechtsstaatliche Grundprinzip erfordert auch die Effizienz des Rechtsschutzinstrumentariums: Zumal aus diesem Grund erscheint eine flexible Rechtsschutzgewährleistung geboten und notwendig. Das hat aber – gerade auch für den verwaltungsrechtlichen Vertrag – zur Konsequenz, dass sich der Rechtsschutz mittelfristig auch neuen Rechtsformen anzupassen hat, die sich prima facie nur mit viel Mühe institutionell einem Bescheid zurechnen lassen können138 oder gegen die der Rechtsschutz nur über fragwürdige wie problematische Umwege (vgl nur die unter VI.3. geschilderte Problematik) ist.139


b) Die UVS-Kompetenzen und der verwaltungsrechtliche Vertrag

Die jüngere Entwicklung illustriert dabei auch eine punktuelle Abkehr von einem strikt formbezogenen Rechtsschutzsystem: Ausgehend von der bisher überwiegend festgestellten Divergenz der allgemeinen Programmbestimmung des Art 129 B-VG und den den Gehalt dieser Vorschrift einengenden Kompetenzbestimmungen des VwGH, die auf den Bescheid abstellen, rückt diesbezüglich die Zuständigkeitsabgrenzung der UVS in den Mittelpunkt, die gerade durch Art 129 B-VG neben dem VwGH zur „Sicherung der Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung" berufen werden. Die UVS werden dabei nach der Systematik des Art 129a Abs 1 B-VG zunächst zur Entscheidung in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen (ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes, Z 1) berufen, Art 129a Abs 1 Z 2 leg cit konstituiert die Möglichkeit einer Beschwerde gegen AuvBZ („Maßnahmenbeschwerde"), die Z 4 sieht eine Beschwerde gegen die Verletzung einer Entscheidungspflicht vor, also in jenen Konstellationen, in denen ein Bescheid zu ergehen hätte, aber ein solcher nicht erlassen wird. Die Z 3 enthält schließlich eine Ermächtigung des einfachen Gesetzgebers, auch „in sonstigen Angelegenheiten" die UVS in zweiter Instanz140 zuständig zu machen.

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