Heilpflanzenkunde für Tierärzte

Heilpflanzenkunde für Tierärzte

von: Jürgen Reichling, Rosa Gachnian-Mirtscheva, Marijke Frater-Schröder, Reinhard Saller, Assunta Di Car

Springer-Verlag, 2005

ISBN: 9783540264798

Sprache: Deutsch

284 Seiten, Download: 5916 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Heilpflanzenkunde für Tierärzte



2 Geschichte und heutige Bedeutung der Heilpflanzen in der Veterinärmedizin (S. 7-8)

2.1 Historischer Rückblick

Die Kunst mit Pflanzen zu heilen zählt zweifellos zu den ältesten kulturellen Errungenschaften der Menschheit. Archäologische Funde aus prähistorischer Zeit deuten darauf hin, dass der Mensch Pflanzen nicht nur als Nahrungsmittel, Bau- und Bekleidungsmaterial zu nutzen wusste, sondern auch zu Heilzwecken. Schon sehr früh wurde erkannt, dass Heilpflanzen auch für die Erhaltung der Tiergesundheit von großer Bedeutung sind. Unter den Siedlungsspuren von Neandertalern und Menschen der Altsteinzeit fanden sich bereits Pflanzenteile von Tausendgüldenkraut und Schafgarbe.

Auch in den frühesten schriftlichen Aufzeichnungen, wie in den sumerischen und babylonischen Keilschrift en, finden Heilpflanzen Erwähnung. Die wichtigste praktische Quelle für die Anwendung von Heilpflanzen war sicherlich die Erfahrungsheilkunde, die Empirie. So waren für den Urzeitmenschen empirische Kenntnisse vollständig ausreichend, um eine bestimmte Pflanze z. B. als kühlend, wärmend oder wundheilend zu erkennen. Die durch Beobachtung und Anwendung gewonnenen Erfahrungen wurden dann über Generationen in Familien, durch besondere, heilkundige Personen oder Priesterärzte weitergegeben. So gehört das Auflegen von Blättern zur Heilung von Wunden oder zur Linderung von Schmerzen bei Mensch und Tier auch heute noch zum therapeutischen Wissen der Schamanen und Heiler von Indianervölkern und Eingeborenenstämmen aller Kontinente.

Die zweite wesentliche Quelle für die Entwicklung der Heilpflanzenkunde war der magisch- kultische Bereich. Insbesondere die in kultischen Handlungen benutzten Rauschdrogen und Rauchwerke fanden schon früh auch als Medizin Eingang in die Therapie. Bei den Kelten galt z. B. die Mistel, eine magisch-religiöse Pflanze, als eine Art Allheilmittel [Schadewaldt 1966,1986; Harnischfeger und Stolze 1983; Hänsel 1996; Mayer 1999].

Der Ursprung der europäischen Heilpflanzenkunde liegt in der griechischen und römischen Antike. Dioskurides (1. Jh. n. Chr.) aus Anazarba in Kleinasien hat mit „De Materia Medica" wohl das bekannteste und bedeutendste „Kräuterbuch" der griechischen Antike geschrieben. Als Militärarzt in der Armee Kaiser Neros machte er ausgedehnte Reisen ins Mittelmeergebiet und lernte dort zahlreiche Pflanzen sowie die Heilkunde der Mittelmeerländer kennen. Dadurch flossen sowohl die Heilpflanzen als auch die Heilkunde der Mittelmeerländer in die Materia medica des Dioskurides ein. Darin werden insgesamt 600 Pflanzen nach Herkunft , Aussehen und Vorkommen beschrieben und detaillierte Angaben zum Sammeln und Trocknen sowie über arzneilich wirksame Zubereitungen gemacht. Er war außerdem der erste, der vor Verfälschungen und Verwechslungen von Heilpflanzen warnte und Methoden beschrieb, um solche zu erkennen. Dioskurides ordnete die Pflanzen bereits nach Indikationsgebieten entsprechend der antiken Viersäft elehre und Humoralpathologie.

In späterer Zeit bemühte sich der römische kaiserliche Leibarzt Galenus (2 Jh. n. Chr.) besonders um eine Systematisierung der therapeutischen Anwendung und um genaue Zubereitungs- und Lagerungsvorschrift en. Bei ihm finden sich viele Heilpflanzen, die auch heute noch medizinisch von Interesse sind, wie z. B. Adonis, Meerzwiebel, Schafgarbe, Süßholzwurzel, Weidenrinde [Schadewaldt 1966; Hänsel 1996]. Seit der Antike waren es die verschiedensten Kräuterbücher oder die im Mittelalter aufkommenden Rezeptsammlungen von Mönchen und Nonnen, die das Wissen um die Heilpflanzenkunde weitergaben [Schadewaldt 1966; Ostheeren 1991; Hänsel 1996; Martin et al. 2001].

Im 16. Jahrhundert erlebte die Heilpflanzenkunde mit dem Erscheinen der großen klassischen Kräuterbücher von Otto Brunfels (1488–1534), Hieronymus Bock (1489–1554), Pietro Andrea Matthioli (1500–1577), Leonhard Fuchs (1501–1566), Andrea Cesalpino (1519–1603) und Adam Lonitzer (1528–1586) einen nachhaltigen Aufschwung. Die als „Väter der europäischen Heilpflanzenkunde" angesehenen Autoren sichteten erstmals kritisch den antiken pflanzlichen Arzneischatz, rekonstruierten die antiken Texte, vor allem des Dioskurides, identifizierten die darin enthaltenen Heilpflanzen, bildeten sie im Holzschnitt ab und machten Angaben zu ihrer medizinischen Verwendung.

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