Der Zweite Weltkrieg

Der Zweite Weltkrieg

von: Gerhard Schreiber

C.H.Beck, 2002

ISBN: 9783406447648

Sprache: Deutsch

130 Seiten, Download: 617 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Der Zweite Weltkrieg



VII. Das Erbe des Zweiten Weltkriegs

Als die Waffen schwiegen, endete ein globaler Systemkonflikt, der in Europa ebenso wie in Asien über weite Strecken Vernichtungscharakter besaß, und in dem von 1939 bis 1945 etwa 110 Millionen Soldaten unter Waffen standen. Mehr als 60 Millionen Menschen starben bei Kampfhandlungen regulärer Truppen im Land-, Luft- und Seekrieg, als Opfer des Genozids, im Partisanenkampf, durch Repressalien sowie Kriegs- und Vertreibungsverbrechen. Die dazu existenten Zahlen sind bekanntlich nicht absolut zuverlässig und oft widersprüchlich. Unstrittig ist jedoch, dass die Sowjetunion mit 25, China 15, Deutschland 7, Polen 6 und Japan 2,5 Millionen Toten die größten Verluste verzeichneten. Außerdem kam es in Europa und Asien durch Flucht sowie zwangsweise Aussiedlung zu Bevölkerungsverschiebungen, die viele Millionen Menschen betrafen. Zu erinnern ist ferner an das Los der Zwangsarbeit verrichtenden Frauen und Männer. Im Dritten Reich handelte es sich um nicht weniger als 7,8 und in Japan 2,1 Millionen Personen.

    Hinzu traten die materiellen Schäden, die insbesondere in Osteuropa, in China und, was die Städte sowie das Verkehrswesen anbelangt, in Japan und Deutschland ein riesiges Ausmaß erreichten. Zerstört wurden zum Beispiel in der Sowjetunion 1710 Städte und 70 000 Dörfer, im Ganzen 6 Millionen Gebäude; in Deutschland 1,63 Millionen Gebäude mit 5 Millionen Wohnungen; und in Japan 3,7 Millionen Wohnungen. Schätzungen für die gesamte materielle Kapitalvernichtung variieren deutlich. Das gilt auch für die Verluste, welche die nationalen Volkswirtschaften als indirekte Folgen des Kriegs erlitten.

    Andererseits zählen viele technische und wissenschaftliche Neuerungen zum Erbe des Zweiten Weltkriegs. Die Vereinigten Staaten bauten die Atombombe und ebneten den Weg zur Nutzung der problembeladenen Atomkraft. Mit dem Düsenflugzeug bahnte sich, von seiner militärischen Bedeutung ganz abgesehen, eine Revolutionierung des zivilen Luftverkehrs an; und der Krieg legte die Fundamente für die Raumfahrt. Zu erwähnen sind darüber hinaus das Radar, die Computertechnologie, die Informatik, Produktionstechniken für die Massenfertigung, neue Medikamente und medizinische Verfahren.

    Zu den wesentlichen Implikationen des Kriegs gehörten gesellschaftliche und sittliche Phänomene, die freilich nicht alle für jedes Land gleichermaßen erheblich gewesen sind, etwa: Die Ermordung der europäischen Juden, bei der die Schuldfrage unter kriminellen, politischen, moralischen und metaphysischen Gesichtspunkten zu beantworten wäre; der Krankenmord der Nazis; die Kriegsverbrechen in Asien und Europa sowie deren in Deutschland, Italien und Japan höchst unbefriedigende Ahndung; die Behandlung der Kriegsgefangenen, von denen in japanischer Gefangenschaft 27% der angloamerikanischen, in deutscher 58% der sowjetischen und in sowjetischer 12% der deutschen starben; die Auseinandersetzung mit Kollaborateuren; die Konsequenzen der Bürgerkriege in Griechenland und Italien; die sozialen Auswirkungen von Bombardierung, Umsiedlung und Zusammenbruch; die Erweiterung des Demokratisierungsprozesses; das Bemühen, in einer offener gewordenen Welt allgemeine Chancengleichheit zu schaffen; der Versuch, die Klassengesellschaft abzubauen; die Emanzipation der Frauen. Ihr millionenfacher Einsatz als Arbeiterinnen in allen Wirtschaftszweigen, als Hilfskräfte im militärischen Bereich, als Flakwaffenhelferinnen, Sanitätspersonal, reguläre Soldatinnen sowie Partisaninnen zeitigte Folgen, die das traditionelle Frauenbild und das bis zum Kriegsbeginn anerzogene weibliche Selbstverständnis radikal in Frage stellten.

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