Warum Jungen nicht mehr lesen und wie wir das ändern können

Warum Jungen nicht mehr lesen und wie wir das ändern können

von: Katrin Müller-Walde

Campus Verlag, 2005

ISBN: 9783593401201

Sprache: Deutsch

240 Seiten, Download: 933 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Warum Jungen nicht mehr lesen und wie wir das ändern können



Kapitel 5 Das Gehirn sieht Lesen nicht vor, oder: Wenn sich das Lesefenster schließt (S. 56-57)

Warum Jungen nicht oder anders lesen, dafür liefern Wissenschaftler unterschiedliche Erklärungsansätze. Wir erinnern uns: historisch gewachsene Vorurteile gegenüber Literatur, soziologische Zwänge, mediale Einflüsse, psychologische Gegebenheiten. All dies sind äußere Faktoren, die im Mix für versiegende Leselust verantwortlich sind. Gleiches gilt für Lehrmethoden, auf die ich im nächsten Kapitel noch eingehen werde. Da die Leselust bei Jungen jedoch stärker nachlässt als bei Mädchen, muss es noch andere Gründe geben, innere sozusagen. Werfen wir also einen Blick auf die biologische Konstitution des potenziellen Lesers. Wie bei einer Reise zum Mittelpunkt der Erde nähern wir uns damit dem Kern der Erklärungen – der Schaltzentrale Gehirn.

Bei vergleichenden Untersuchungen von männlichen und weiblichen Gehirnen haben Neurowissenschaftler deutlich unterschiedliche Funktionsweisen festgestellt. Seit 1962 ist bekannt: Jede der beiden Hemisphären der Großhirnrinde ist für unterschiedliche intellektuelle Funktionen zuständig ist. Roger Sperry hat für diese Erkenntnis den Nobelpreis erhalten. Ein Forscherteam der Yale University in den USA entdeckte 1995, »dass bei Männern vor allem die linke Gehirnhälfte für die Sprache zuständig ist, während bei Frauen dafür beide Gehirnhälften eingesetzt werden.« Männer besitzen im Gegensatz zu Frauen auch nur ein Sprachzentrum. Es befindet sich in der linken Hirnhälfte. Frauen nutzen dagegen vier verschiedene Bereiche im Gehirn, die für die Funktionen Wörter erzeugen, Wörter sprechen, Wörter hören und Wörter sehen zuständig sind. Untersuchungen haben ferner ergeben, dass sich die linke Gehirnhälfte eines Jungen langsamer entwickelt als die eines Mädchens. Das bedeutet in der Tendenz, dass Mädchen eher und besser als Jungen sprechen und Fremdsprachen schneller erlernen können.

Bei Jungen wiederum entwickelt sich die rechte Gehirnhälfte schneller als bei Mädchen, wodurch sich ihre räumlich-visuelle und logische Wahrnehmung besser entfalten kann. Das erklärt auch, warum Jungen und Männer sich einfacher an Himmelsrichtungen orientieren, während Frauen im Auto die Straßenkarten auch schon mal auf den Kopf stellen müssen, um den Weg zu finden. Das männliche Gehirn sieht dreidimensional, das weibliche zweidimensional. Die Jahrtausende alte Entwicklungsgeschichte lehrt warum: Um jagen zu können, brauchten Männer die Fähigkeit, Wild über weite Strecken verfolgen zu können, um danach problemlos den Weg zurück zur Familie zu finden. Frauen mussten sich im direkten Umfeld der Höhle um die Belange der Kinder kümmern. Dazu waren ganz andere Kompetenzen vonnöten; zum Beispiel soziale, kommunikative, sinnliche, nicht aber räumlich-visuelle oder logische.

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