Zden?k Adamec - Eine Szene
von: Peter Handke
Suhrkamp, 2020
ISBN: 9783518764633
Sprache: Deutsch
71 Seiten, Download: 2457 KB
Format: EPUB, auch als Online-Lesen
»Eine weitläufige Szene«, ein öffentlicher Ort, »freilich kein freier Platz«; möglicherweise in der spanischen Provinz Avila oder in Humpolec in Böhmen, jetzt oder zu einer anderen Zeit. Ein Erzähler, der einer von »uns« ist, umschreibt Ort und Zeit für das folgende Spiel. Die Spieler, das sind Übriggebliebene einer ursprünglich dicht bevölkerten Szenerie, Einheimische, Zugereiste, Inländer, Ausländer, Junge, Ältere, vielleicht die letzten Gäste eines Festes. Das Drama, das sie in einem abendlichen, dann nächtlichen Gespräch vergegenwärtigen, hat bereits stattgefunden: Im März 2003 verbrannte sich der 18jährige Zden?k Adamec aus Protest gegen den Zustand der Welt vor den Augen der Öffentlichkeit auf dem Wenzelsplatz in Prag.
Eine wahre Begebenheit? »Mit wahren Begebenheiten könnt ihr mich jagen. Und lang genug nun im Leben war ich ein Gefangener all der Aktualitäten«, sagt einer. Ein anderer hat recherchiert und liefert Fakten. (»Recherchen, du? Ganz was Neues!«) Wie erzählen von Adamecs Leben und Sterben angesichts einer über oder falsch informierten Welt, die Zden?k Adamec dennoch vergessen hat? Wie überhaupt leben, wenn der Blick in die Welt Empörung erzeugt, Scham oder den Wunsch, auszusteigen. Handkes Figuren sind Profis im Über- und Umspielen, ihr letztes Gespräch ist ein leichtes, temporeiches einander ins Wort Fallen, Korrigieren, Kalauern, ein Spiel vom Fragen. Nebenschauplätze dieses Welttheaters beschreiben sie, Träume, Anekdoten: Wie Adamec seinem Vater, dem Steinmetz, zur Hand ging, die Werkzeuge aber nie an ihren Ort zurückstellte, ganz so als ließe sich so eine neue, weltverändernde Ordnung herstellen. »Alleinspieler« wird Adamec von ihnen genannt oder auch »mutterseelenallein«. In ihrer Zugewandtheit gegenüber Zden?k Adamec sind diese Spieler mitreißend. Auch darin, wie sie diesen jungen Menschen mit all ihren erzählerischen Mitteln, ins Leben zurückzurufen. Wie Trainer einer Jugendmannschaft am Spielfeldrand, begleiten sie Zden?ks letzten Weg mit einem »Schrei, Zden?k!« und »Augen auf, Zden?k!«. Fast möchte man glauben, dieses Spiel auf Erden sei noch nicht verloren.
<p>Peter Handke wird am 6. Dezember 1942 in Griffen (Kärnten) geboren. Die Familie mütterlicherseits gehört zur slowenischen Minderheit in Österreich; der Vater, ein Deutscher, war in Folge des Zweiten Weltkriegs nach Kärnten gekommen. Zwischen 1954 und 1959 besucht Handke das Gymnasium in Tanzenberg (Kärnten) und das dazugehörige Internat. Nach dem Abitur im Jahr 1961 studiert er in Graz Jura. Im März 1966, Peter Handke hat sein Studium vor der letzten und abschließenden Prüfung abgebrochen, erscheint sein erster Roman <em>Die Hornissen</em>. Im selben Jahr 1966 erfolgt die Inszenierung seines inzwischen legendären Theaterstücks <em>Publikumsbeschimpfung </em>in Frankfurt am Main in der Regie von Claus Peymann.</p> <p>Seitdem hat er mehr als dreißig Erzählungen und Prosawerke verfasst, erinnert sei an: <em>Die Angst des Tormanns beim Elfmeter </em>(1970), <em>Wunschloses Unglück</em> (1972), <em>Der kurze Brief zum langen Abschied </em>(1972), <em>Die linkshändige Frau </em>(1976), <em>Das Gewicht der Welt</em> (1977), <em>Langsame Heimkehr </em>(1979), <em>Die Lehre der Sainte-Victoire </em>(1980), <em>Der Chinese des Schmerzes </em>(1983),<em> Die Wiederholung </em>(1986), <em>Versuch über die Müdigkeit</em> (1989), <em>Versuch über die Jukebox</em> (1990), <em>Versuch über den geglückten Tag</em> (1991), <em>Mein Jahr in der Niemandsbucht </em>(1994), <em>Der Bildverlust </em>(2002), <em>Die Morawische Nacht</em> (2008), <em>Der Große Fall</em> (2011), <em>Versuch über den Stillen Ort</em> (2012), <em>Versuch über den Pilznarren</em> (2013). </p> <p>Auf die <em>Publikumsbeschimpfung </em>1966 folgt 1968, ebenfalls in Frankfurt am Main uraufgeführt, <em>Kaspar. V</em>on hier spannt sich der Bogen weiter über <em>Der Ritt über den Bodensee </em>1971), <em>Die Unvernünftigen sterben aus </em>(1974), <em>Über die Dörfer</em> (1981), <em>Das</em> <em>Spiel vom Fragen oder Die Reise zum sonoren Land </em>(1990), <em>Die Stunde da wir nichts voneinander wußten</em> (1992), über den <em>Untertagblues </em>(2004) und <em>Bis daß der Tag euch scheidet </em>(2009) über das dramatische Epos <em>Immer noch Sturm</em> (2011) bis zum Sommerdialog <em>Die schönen Tage von</em> <em>Aranjuez </em>(2012) zu <em>Die Unschuldigen, ich und die Unbekannte am Rand der Landstraße</em> (...