Wenn die Seele nein sagt - Unfruchtbarkeit - Deutung, Hoffnung, Hilfe.

Wenn die Seele nein sagt - Unfruchtbarkeit - Deutung, Hoffnung, Hilfe.

von: Ute Auhagen-Stephanos

Kösel-Verlag, 2002

ISBN: 9783466344550

Sprache: Deutsch

241 Seiten, Download: 1419 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Wenn die Seele nein sagt - Unfruchtbarkeit - Deutung, Hoffnung, Hilfe.



Kinderlosigkeit ist kein Schicksal (S. 205-207)

Anregungen aus der therapeutischen Praxis

»Nichts Organisches hat keinen Sinn, nichts Psychisches hat keinen Leib.« VICTOR VON WEIZSÄCKER

Kommen wir von der vaterlosen zur kinderlosen Gesellschaft? Immer mehr Frauen bekommen immer weniger Kinder, immer weniger Frauen werden Mütter. Für die steigende Kinderlosigkeit gibt es unterschiedliche Ursachen. Medizinische, biologische, soziale, ökonomische und seelische Faktoren können eine Rolle spielen.

Germaine Greer*, die englische Soziologin, weist warnend auf zwei Fehleinschätzungen in unserer heutigen Zeit hin. Trotz Aufsehen erregender Erfolge bei der extrakorporalen Befruchtung werde man sich unserer Generation nicht als einer erinnern, der es gelungen sei, die Unfruchtbarkeit aufzuheben, sondern als einer Generation der Massensterilisationen in aller Welt – also gewollter Unfruchtbarkeit. Des Weiteren zeigt sie auf, dass die ungewollte Unfruchtbarkeit keineswegs nur ein Problem der Industrienationen ist – im Gegenteil. Einige Teile der Eingeborenenbevölkerung von Afrika,Amerika oder Asien haben eine um ein Mehrfaches höhere Unfruchtbarkeitsrate als die westlichen Industrienationen. Greers Statistiken belegen das zum Teil unaufhaltsame Aussterben etlicher Völkerstämme. Als Ursache hierfür nennt sie Faktoren in der frühen Kindheit, wie etwa Unterernährung, Schwerarbeit und Krankheit, und dort vor allem eitrige Beckenentzündungen oder Geschlechtskrankheiten. Hinzu kommen die schlechte Gesundheit der Mutter und die hohe Säuglingssterblichkeit.

Bei den westlichen Industrienationen beschreibt sie folgende Ursachen für die Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit: »Diverse begründete Eingriffe in den Bauchregionen einschließlich Blinddarmoperation in der Kindheit, eine oder mehrere induzierte oder spontane, legale oder illegale Schwangerschaftsunterbrechungen, ein oder zwei Kürettagen (Ausschabungen), ein paar Infektionskrankheiten und die Einführung, Ausstoßung oder Entfernung eines IUP (Spirale). Zu den Folgen dieser eher weniger bemerkenswerten Vorkommnisse müßte man die des Alkoholkonsums, Rauchens, der radioaktiven Strahlung und Arzneimitteleinnahme sowie des Stresses und der psychologischen Verkraftung des Älterwerdens auf die Fruchtbarkeit der Frauen – die, eingebettet in ihre kulturelle Umwelt, die Zeit, zu der sie schwanger werden, hinausschieben möchten – hinzuzählen. Erst dann würde man ein vollständiges Bild der am häufigsten anzutreffenden Art der Unfruchtbarkeitmachung gewinnen, aufgrund der die enttäuschten Frauen sich veranlaßt sähen, ihre Ärzte in der industrialisierten Welt zu bedrängen. Das Fortpflanzungspotenzial liegt bei den Frauen in den hochentwickelten Industrienationen weit höher als bei ihren Schwestern in den ärmeren Ländern. Aufgrund der besseren Ernährung und Hygiene werden sie früher fortpflanzungsfähig und bleiben – wenn die oben erwähnten Syndrome nicht zum Zuge kommen – auch länger fruchtbar.«

Während in den unterentwickelten Ländern die Kinderlosigkeit das Leben einer Frau oft in unerträglicher Weise beeinflusst, erniedrigt, oft genug sogar zerstört, haben in unserer westlichen Welt Kinder nicht mehr die sozio-ökonomische Funktion als Erben, und auch die Elternschaft genießt keine besonderen Privilegien.Angesichts dieses Elends in der Dritten Welt bezeichnet Greer die Menschen aus den Industrienationen, die sich trotz sozialer Sicherheit und Anerkennung sowie des immensen Therapieangebots nicht mit ihrer Kinderlosigkeit abfinden können, als neurotisch.

Diese Aussage von Greer bedeutet natürlich nicht, dass man ihnen nicht adäquat helfen könnte. Allerdings wäre es sinnvoll, von vornherein die Ursachen angemessen zu behandeln und nicht zuerst die Folgeerscheinungen. Die medizinischen Fruchtbarkeitstechniken, die in weniger als zehn Prozent zum Erfolg führen, sind natürlich eine unzureichende Antwort auf das seelische Leid der ungewollt kinderlosen Frauen. (...)

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