Freakonomics - Überraschende Antworten auf alltägliche Lebensfragen - Warum wohnen Drogenhändler bei ihren Müttern? * Führt mehr Polizei zu weniger Kriminalität? * Sind Swimmingpools gefährlicher als Revolver? * Macht gute Erziehung glücklich?

Freakonomics - Überraschende Antworten auf alltägliche Lebensfragen - Warum wohnen Drogenhändler bei ihren Müttern? * Führt mehr Polizei zu weniger Kriminalität? * Sind Swimmingpools gefährlicher als Revolver? * Macht gute Erziehung glücklich?

von: Steven D. Levitt, Stephen J. Dubner

Riemann, 2014

ISBN: 9783641039981

Sprache: Deutsch

416 Seiten, Download: 1011 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Freakonomics - Überraschende Antworten auf alltägliche Lebensfragen - Warum wohnen Drogenhändler bei ihren Müttern? * Führt mehr Polizei zu weniger Kriminalität? * Sind Swimmingpools gefährlicher als Revolver? * Macht gute Erziehung glücklich?



EINLEITUNG


Überraschende Antworten auf alltägliche Lebensfragen


Jeder, der Anfang der neunziger Jahre in den Vereinigten Staaten lebte und den Abendnachrichten oder der Tageszeitung auch nur die geringste Aufmerksamkeit schenkte, fand dort gute Gründe, sich zu Tode zu ängstigen.

Schuld daran war die Kriminalität. Sie war permanent angestiegen  – eine grafische Darstellung der Kriminalitätsrate in einer beliebigen amerikanischen Stadt während der letzten Jahrzehnte sah aus wie das Profil eines steilen Felsens –, und nun schien sie das Ende der uns bekannten Welt anzukündigen. Der Tod durch Erschießen, ob mit oder ohne Absicht, war alltäglich geworden. Dasselbe galt für Autodiebstahl, Rauschgifthandel, Raub und Vergewaltigung. Die Gewaltkriminalität war ein entsetzlicher ständiger Begleiter. Und sie würde sogar noch schlimmer werden. Viel schlimmer. Das behaupteten sämtliche Experten.

Die Ursache war der so genannte Superkriminelle.2 Eine Weile existierte er überall. Finster blickte er einem als Titelbild von den Wochenzeitschriften entgegen. Angeberisch stolzierte er durch dicke Stapel von Regierungsberichten. Er war ein dürrer Großstadt-Teenager mit einem billigen Revolver in der Hand und nichts als Gewissenlosigkeit im Herzen. Und dort draußen gab es Tausende wie ihn, so sagte man uns, eine Generation von Killern, die dabei waren, das Land in tiefstes Chaos zu stürzen.

Im Jahr 1995 schrieb der Kriminologe James Alan Fox einen Bericht für den amerikanischen Justizminister, in dem grausige Details über den kommenden Gipfel von Morden, die durch Teenager verübt wurden, nachzulesen waren. Fox hatte optimistische und pessimistische Szenarios entworfen. In seinem optimistischen Szenario ging er von der Annahme aus, die Rate der durch Teenager verübten Morde würde im nächsten Jahrzehnt um weitere 15 Prozent steigen; im pessimistischen Szenario verdoppelte sich die Rate. »Die nächste Kriminalitätswelle wird so schlimm sein«, warnte er, »dass uns die Situation von 1995 wie die gute alte Zeit vorkommen wird.«3

Andere Kriminologen, Politikwissenschaftler und ähnliche gelehrte Propheten malten dieselbe entsetzliche Zukunft an die Wand. Präsident Clinton schloss sich ihrer Meinung an: »Wir wissen, dass uns noch ungefähr sechs Jahre bleiben, um den Trend in der Jugendkriminalität umzukehren«, erklärte Clinton, »oder unser Land wird mit dem Chaos leben müssen. Und meine Nachfolger werden keine Reden über die wunderbaren Möglichkeiten der Globalisierung halten; sie werden ihre gesamte Kraft und Energie für die Menschen auf den Straßen dieser Städte einsetzen müssen.«4 Die Hautevolee hatte ihren Blick starr auf die Kriminellen gerichtet.

Aber dann stieg die Kriminalität plötzlich nicht mehr weiter an, sondern begann zu sinken. Und sank und sank und sank immer weiter. Diese Trendwende war unter verschiedenen Aspekten verblüffend. Die Mordrate bei Teenagern verdoppelte sich nicht, sie stieg nicht einmal um die von James Alan Fox vorhergesagten 15 Prozent, sondern sank innerhalb von fünf Jahren um mehr als 50 Prozent. Im Jahr 2000 war die Gesamtrate aller Morde in den Vereinigten Staaten auf dem niedrigsten Niveau der letzten 35 Jahre angekommen. Dasselbe galt für fast jede andere Art von Kriminalität, von der Körperverletzung bis zum Autodiebstahl.

Obwohl die Experten dieses Absinken der Kriminalität nicht vorhergesagt hatten – eine Entwicklung, die in Wirklichkeit schon einsetzte, als sie ihre schreckenerregenden Prognosen abgaben –, boten sie nun eilfertig Erklärungen dafür an. Die meisten ihrer Theorien klangen vollkommen logisch. Der wirtschaftliche Aufschwung der neunziger Jahre habe dazu beigetragen, die Kriminalität zu senken. Außerdem seien Gesetze zur Kontrolle des Waffenbesitzes erlassen worden. Und in New York City seien neue Strategien für den Einsatz der Polizei eingeführt worden, in deren Folge die Zahl der Morde von 2262 im Jahr 1990 auf 540 im Jahr 2005 gesunken war.

Diese Theorien waren nicht nur logisch, sondern auch ermutigend, denn sie führten das Sinken der Kriminalität auf bestimmte menschliche Initiativen zurück, die man kürzlich in Angriff genommen hatte. Wenn Waffenkontrolle, ein geschickter Einsatz der Polizei und besser bezahlte Jobs die Kriminalität bezwungen hatten – nun denn, die Macht, Kriminelle aufzuhalten, hatte sich stets in unserer Reichweite befunden. Und genauso würde es beim nächsten Mal sein, wenn es, Gott behüte, mit der Kriminalität wieder schlimmer werden sollte.

Anscheinend ohne irgendwelche Zweifel verbreiteten sich diese Theorien aus dem Mund der Experten über die Ohren der Journalisten in die Köpfe der Bürgerinnen und Bürger. Binnen kurzer Zeit wurde daraus Allgemeinwissen.

Es gab nur ein Problem damit: Sie stimmten nicht.5

Tatsächlich hatte ein ganz anderer Faktor dazu geführt, dass die Kriminalität in den neunziger Jahren massiv gesunken war. Die Weichen dafür waren vor über zwanzig Jahren gestellt worden und hatten mit einer jungen Frau in Dallas zu tun, die Norma McCorvey6 hieß.

Wie der sprichwörtliche Schmetterling, der auf einem Kontinent mit den Flügeln schlägt und damit auf einem anderen einen Wirbelsturm auslöst, hatte Norma McCorvey ganz unbeabsichtigt den Lauf der Ereignisse dramatisch verändert. Eigentlich hatte sie nur eine Abtreibung gewollt. Sie war arm, ungebildet, ohne Beruf, Alkoholikerin, drogensüchtig – eine junge Frau von 21 Jahren, die schon zwei Kinder zur Adoption freigegeben hatte und nun, 1970, erneut schwanger war. Aber in Texas, wie damals in den meisten Staaten der USA, war Abtreibung illegal. McCorveys Fall wurde von Leuten aufgegriffen, die sehr viel mächtiger waren als sie. Sie machten sie zur Hauptklägerin bei einer Gruppenklage, deren Ziel die Legalisierung der Abtreibung war. Die Gegenseite wurde durch den Staatsanwalt von Dallas County, Henry Wade, vertreten. Der Fall gelangte schließlich bis vor den Obersten Gerichtshof der USA. Zu diesem Zeitpunkt hatte McCorvey das Pseudonym Jane Roe erhalten. Am 22. Januar 1973 entschied der Gerichtshof zugunsten von Jane Roe und ließ in den gesamten USA legale Abtreibungen zu. Für McCorvey/Roe kam dieser Sieg natürlich zu spät; sie hatte ihr Kind zur Welt gebracht und wieder zur Adoption freigegeben (Jahre später wandte sie sich gegen die Legalisierung der Abtreibung und schloss sich den Lebensschützern an).

Wie hat nun der Fall »Roe vs. Wade« dazu beigetragen, dass eine Generation später die Kriminalitätsrate so dramatisch sank?

Im Hinblick auf die Kriminalität zeigt sich, dass nicht alle Menschen von Geburt an gleich sind. Nicht einmal annähernd. Über Jahrzehnte angelegte Untersuchungen haben gezeigt, dass Kinder, die in widrige familiäre Umstände hineingeboren werden, mit sehr viel größerer Wahrscheinlichkeit als andere kriminell werden. Und die Millionen von Frauen, die höchstwahrscheinlich im Kielwasser von »Roe vs. Wade« Abtreibungen vornehmen ließen – arm, unverheiratet und selbst noch halbe Kinder, für die illegale Abtreibungen zu teuer und schwierig zu bekommen waren –, passten oft nur allzu gut in das Muster widriger familiärer Umstände. Wären ihre Kinder geboren worden, hätten sie mit überdurchschnittlich hoher Wahrscheinlichkeit eine kriminelle Karriere vor sich gehabt. Aber wegen des Urteils im Fall »Roe vs. Wade« wurden diese Kinder nicht geboren. Diese mächtige Ursache führte zu einer drastischen Wirkung in weiter Ferne: Jahre später, genau zu dem Zeitpunkt, wo diese ungeborenen Kinder erstmals als Kriminelle auffällig geworden wären, begann die Kriminalitätsrate dramatisch zu sinken.7

Es war nicht die Waffenkontrolle, nicht der Wirtschaftsaufschwung, und es waren auch nicht die neuen Strategien der Polizei, die die Welle der Kriminalität in Amerika abschwächten. Es war, neben anderen Faktoren, die Tatsache, dass der Pool potenzieller Krimineller sich dramatisch verringert hatte.

Und wie oft haben die Experten der sinkenden Kriminalität (die ehemaligen Schwarzmaler steigender Kriminalität) bei ihren über die Medien verbreiteten Theorien die Legalisierung der Abtreibung als Ursache genannt?

Kein einziges Mal.

 

Es ist die unerlässliche Mischung aus Kommerz und Kameradschaftsgeist: Wenn Sie Ihr Haus verkaufen wollen, engagieren Sie einen Immobilienmakler.

Er (oder sie) rückt die Reize des Objekts ins rechte Licht, macht Fotos, setzt den Preis fest, verfasst eine verlockende Anzeige, drängt jeden Interessenten zur Besichtigung, verhandelt über die Angebote und führt den Handel zu einem guten Ende. Sicher, das ist eine Menge Arbeit, aber er macht auch einen guten Schnitt dabei. Bei einem Kaufpreis von 300 000 Euro beträgt die übliche Maklercourtage von 6 Prozent immerhin 18 000 Euro. Das ist eine Menge Geld, sagen Sie sich. Aber Sie sagen sich auch, dass Sie selbst das Haus nie und nimmer für 300 000 Euro verkauft hätten. Der Makler wusste, wie er – wie hat er das doch gleich genannt? – »den Wert des Hauses maximieren« konnte. Er hat Ihnen zu einem Toppreis verholfen, stimmt’s?

Stimmt das wirklich?

Ein Immobilienmakler ist eine andere Art von Experte als ein Kriminologe, aber auch er ist rundherum ein Experte. Das heißt, er kennt sich auf seinem Gebiet sehr viel besser aus als jeder Laie, dessen Interessen er wahrnimmt. Er ist besser informiert über den Wert des Hauses, die Situation auf dem Immobilienmarkt, sogar über die Vorstellungen des Käufers. Deswegen verlassen Sie sich auf ihn. Ebendeswegen haben Sie schließlich einen Experten engagiert.

In dem Maße, wie die Welt immer spezialisierter geworden ist, haben zahllose solcher Experten...

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