Wien abseits der Pfade I - Eine etwas andere Reise durch die Stadt an der blauen Donau

Wien abseits der Pfade I - Eine etwas andere Reise durch die Stadt an der blauen Donau

von: Wolfgang Salomon

Braumüller Verlag, 2014

ISBN: 9783991001171

Sprache: Deutsch

200 Seiten, Download: 3916 KB

 
Format:  EPUB

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Mehr zum Inhalt

Wien abseits der Pfade I - Eine etwas andere Reise durch die Stadt an der blauen Donau



Das „Dörfel“am Rande
der Stadt und doch
noch in der Stadt


Von närrischen Pfaffen,
Türkenbelagerungen und einem
wortgewaltigen Friulaner
als Retter Wiens


Das Kahlenbergerdorf am Rande Wiens


Verlässt man Wien in Richtung Klosterneuburg über die Heiligenstädter Straße, passiert man kurz vor der Stadtgrenze das Kahlenbergerdörfel, das vielen Wienbesuchern, aber auch etlichen Wienern traurigerweise nur von der Durchfahrt her bekannt ist. Trennen doch die wichtige, seit 1971 in dieser Form bestehende Verkehrsader sowie die parallel verlaufende Bahnlinie der ehemaligen Franz-Josefs-Bahn (heute verkehren hier die Schnellbahn und Züge nach Klosterneuburg und Tulln) den unteren Teil der Ortschaft mit dem Kuchelauer Bootshafen von dem kleinen „Dörfel“, das sich am nördlichsten Zipfel von Wien (am rechten Ufer der Donau) in die Mulde zweier zusammenlaufender kleiner Täler einschmiegt. Gleich zwei Bäche, der Schablerbach und der Waldbach, fließen durch die Ortschaft und münden in die Donau. An diesem geologisch sehr außergewöhnlichen Standort mit seinem vor allem den Weinbau begünstigenden, ganz eigenen Mikroklima sind die letzten Ausläufer der Ostalpen zu finden.

Steile Hänge, schmale Täler und die üppige, zu den verschiedenen Jahreszeiten immer wieder in anderen prächtigen Farben strahlende Vegetation wecken die Erinnerung an die pittoresken Dörfer der Wachau, die sich etwa 80 km stromaufwärts von hier befindet. Durch die natürlichen Gegebenheiten, die aufgrund der Steilheit der Hänge eine Ausweitung der Ansiedlung fast unmöglich machen, konnte sich das nicht nur malerische, sondern auch ebenso geschichtsträchtige Kahlenbergerdorf in seinem Ursprung noch sehr gut erhalten und eine bauliche Einflechtung in den Wiener Stadtbereich ist bis heute (Gott sei dank!) ausgeblieben.

Am Fuß des heutigen Leopoldsberges gelegen, der ursprünglich wegen seiner reichlichen Wildschweinpopulation Sau- oder Schweinsberg, später dann Kalenberg (sic!) genannt wurde, und erst seit dem Bau der Leopoldskirche Leopoldsberg heißt, lädt dieser idyllische Flecken mit seinen steilen Gässchen, den Weinbergen und dem zur Spitze des Leopoldsberges führenden, steilen Nasenweg zu einem romantischen Spaziergang ein. Vor allem Weinliebhaber kommen dabei auf ihre Kosten, denn auf den hier befindlichen mikroskopisch kleinen, exponierten Lagen werden vom Terroir stark beeinflusste Tropfen gekeltert, die sich stark von den Weinen der Umgebung unterscheiden und in den letzten Jahren einen qualitativen Riesensprung nach vorne machen konnten, nachdem man sich weinbautechnisch wieder auf den Ursprung dieser Landschaft besonnen hat. Noch vor dreißig Jahren waren viele Rieden verwildert und die meisten Weine, die hier angebaut wurden, waren nicht gerade berauschend, zumindest nicht im qualitativen Sinn. Erst im Zuge der erfolgreichen Vermarktung des Wiener Weines wurden die einzelnen Lagen des Kahlenbergerdorfes wiederentdeckt und so kommt es, dass einige ausgezeichnete Tropfen im Sortiment des seit Jahrhunderten überwiegend hier tätigen Weinguts des Stiftes Klosterneuburg zu finden sind.

Ein Rundgang durch das
malerische „Dörfel“


In den malerischen Gässchen lässt sich einiges an alter Bausubstanz entdecken, hinter der sich die zum Teil außergewöhnlich steilen Wege zu den Weingärten an den Hängen von Leopoldsberg und Kahlenberg, und, zur Stadt gewandt, des Hundsrückens hinaufstrecken. Seit 1892 zählt das Kahlenbergerdorf verwaltungstechnisch zur Stadt Wien (19. Bezirk, Döbling), wobei seine letzten Teile erst 1954 eingemeindet wurden. Erst vor ein paar Wochen wurde wieder ein politischer Vorstoß gewagt, das benachbarte Klosterneuburg als 24. Bezirk wieder in Wien einzugliedern.

Die Dorfkirche war ursprünglich Johannes dem Täufer geweiht, der später durch den heiligen Georg als Patron abgelöst wurde. In der Kirche wird seit Jahrhunderten eine sogenannte Johannesschüssel aufbewahrt, mit deren Hilfe man in früheren Zeiten glaubte, die in der Donau Ertrunkenen auffinden zu können.

Direkt im Anschluss an das „Dörfel“ beginnen die Weinrieden, deren Ursprünge bis ins 14. Jahrhundert zurückreichen (1393 wird der Weingarten der „Junkherren“ erstmals erwähnt). Der Großteil der über fünfzig Hektar wird heute vom Chorherrenstift Klosterneuburg bewirtschaftet (ca. 31 ha), das ebenso malerisch ein paar Kilometer weiter, aber bereits in Niederösterreich gelegen, in seiner ganzen historischen Pracht über der Babenberger-Stadt Klosterneuburg thront und heuer, im Jahr 2014, bereits seinen 900. Geburtstag feiert.

Dörflicher Stadtrand

Hält man sich im Dorf, wenn man von der Donau kommt, rechts, gelangt man zum sogenannten Nasenweg, der direkt hinter dem ehemaligen Linienamtshaus, das als Gendarmerieposten diente und heute, nachdem es jahrelang leer stand, durch einen gewerblichen Betrieb genutzt wird, in mehreren Windungen ziemlich steil über den Rücken des Leopoldsberges bis zur dessen Spitze führt. Das Nutzungsrecht an der seit Jahren für die Öffentlichkeit geschlossenen Burg, die auf der Spitze des Leopoldsberges thront, ist seit 2010 im Besitz eines Architekten, der das Ganze eigentlich wieder auf Vordermann bringen und der Öffentlichkeit zugänglich machen sollte. Getan hat sich in den letzten Jahren allerdings nicht viel. Bis auf die verwachsene und etwas heruntergekommene Aussichtsterrasse am Fuße der Burg ist das Bauwerk leider nicht begehbar.

Einen Rundgang durch das Kahlenbergerdorf sollte man am Kuchelauer Hafen beginnen, wo man am Ufer des Donauarms mit einem Blick auf den Strom, die dort vertäuten Boote und den auf dem anderen Ufer befindlichen Bisamberg noch etwas Kraft tanken kann, bevor man sich auf den Weg über die steilen Gässchen und Pfade macht, um diese Idylle am Rande Wiens zu erkunden. Ein „Achtung Kellner“-Schild, das allzu rasant vorbeiradelnde Sportfreunde auf charmante Art einbremsen soll, ist vor dem an der Straße gelegenen, „radlerfreundlichen“ Imbiss mit uferseitigem Schanigarten angebracht.

Um in das Dorf zu gelangen, nimmt man die an der Decke mit Spinnweben bedeckte Unterführung, die unter der Autostraße und unter der Bahnlinie durchführt, und kommt in die Bloschgasse. Hier stehen Buschenschanken wie Schimankos Winzerhaus (mehr zu Werner Schimanko ab S. 34) in trauter Eintracht neben mittelalterlichen Wohnhäusern. An der Ecke zur Billerstiege kann man auch die Fassade des letzten Lebensmittelgeschäfts des „Dörfels“ bewundern, das bereits 1975 seine Pforten schließen musste. Zwischen den verrosteten Scherengittern des ehemaligen Geschäftsportals und auf dem davor befindlichen Gehsteig wuchert Unkraut, der am rauen Putz angebrachte, knallig gelbe Postkasten dämmert leer vor sich hin. Von den Lettern über dem Eingang, die einst das Wort „Lebensmittel“ formten, ist nur mehr in verwaschenem Rostrot ein Teil des „M“s erhalten. Den einladenden Gegensatz zu der verwitterten Fassade und zu den trutzigen Wänden der links davon befindlichen Nachbarhäuser, die zum Teil bereits mehrere hundert Jahre alt sind, bilden die bunt bepflanzten Blumenkisten, die vom sehr umtriebigen Verein „Freunde des Kahlenbergerdorfes“ (Folder zur Dorfgeschichte liegen in mehreren Lokalen im Ort zur freien Entnahme auf) auf dem Geländer der davor befindlichen Mini-Promenade initiiert wurden und so das Erscheinungsbild des Dorfes mit einfachen, aber umso effektiveren Mitteln aufpeppen. Ein wohlduftender, farbenfroher Blickfang.

Die Hirnbrecherstiege

An der Ecke des Hauses Bloschgasse Nr. 3 befindet sich seit 1981 die sogenannte „Hirnbrecherstiege“, die (Nomen est Omen) im Falle eines Sturzes über dieselbe keine Unklarheit darüber aufkommen lässt, was in der Regel die Konsequenz für das edle Haupt des Gefallenen ist. Der diesem winzigen Gässchen stetig anhaftende Geruch von Feuchtigkeit und Moder verstärkt noch den Wunsch, diesen „Abschneider“ so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, und forciert somit die Gefahr eines Sturzes noch mehr. Also Obacht beim Erklimmen oder Herabsteigen, je nachdem, von wo man gerade kommt. An ebendieser Ecke befindet sich auch eine Wandtafel, die ausführlich über die Historie der Dorfbeleuchtung informiert, die noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts aus Petroleumlampen bestand und erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts an das Gasnetz der „Imperial Continental Gas Association“ angeschlossen wurde. Am Haus Bloschgasse 1 findet der aufmerksame Betrachter übrigens noch eine originale Lampe aus dieser Zeit.

Nimmt man nicht den Weg über die Hirnbrecherstiege, sondern geht die Bloschgasse weiter, kommt man an der Ecke zur Zwillinggasse zu einem spätbarock-klassizistischen „Schlössel“, wo Franz Schubert am 7. August 1828 bei einer Geburtstagsserenade für Karoline von Pernold das Lied Leise flehen meine Lieder im Freundeskreis uraufgeführt hat. Hier befand sich von 1875–1931 auch das erste...

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